Schlei-Eis – die Schlei im Spätwinter / Vorfrühling 2022

Last Updated on 26. März 2022

Beim Beproben von Winterwasser fiel die grüne Farbe des Schleieises auf. Das Eis ist auch nährstoffhaltig. Mit eigenem Labor erreichte der Nitratgehalt die Nachweisgrenze von 6mg/l, das Wasser darunter erreichte diese Grenze nicht. Eine genaue Agrolab-Untersuchung und digitale Mikroskopbilder werden beim nächsten Schleieis folgen. Beim Mikroskopieren sieht man sowohl in Dünnschichtmikroskopie des Eises wie auch im getauten Eis zahlreiche grüne „zerrissene“ Zellreste. Wir werden ab April 2022 ein SIEZ Büro in der Hauptstraße (B76) in Fleckeby neben dem Blumenladen haben, mit einem Labor, das auch digitale  Mikroskopbilder zulässt, also in Zukunft mehr…

Abb. 1: Das Foto zeigt Schlei-Eis vor der Mikroskopie (Foto: Karl Walter)

Mit Wissenschaftlern des Vereines diskutierte ich die Vorgänge beim Abkühlen des Schleiwassers im Winter zu Schleieis.

Im Vorweg: Beim Gefrieren dehnt sich Wasser aus, seine Dichte wird geringer. Aber durch die Anomalie im Dichteverlauf nimmt die Dichte bei seiner Erwärmung auf ein Grad, zwei Grad, drei Grad erstmal zu. Es hat seine größte Dichte bei 4°C. Dann nimmt die Dichte kontinuierlich ab und das Volumen zu (s.a. Meerespiegelanstieg). Durch die gelösten Salze im Brackwasser mag die größte Wasserdichte beim Schleiwasser bei vielleicht 2 °C liegen.

Vielleicht ist es auch wert zu wissen, dass das Schleiwasser beim Gefrieren Eiskristalle bildet. Alle Wassermoleküle sind durch Wasserstoffbrückenbindungen miteinander dynamisch verbunden. Bei Energiemangel (Kälte) „erstarren“ diese Molekülbindungen, Eis entsteht. Die anziehenden Wechselwirkungen zwischen den Molekülen sind stärker als die „Aufregung“ durch die Wärmeenergie. Das wissen auch Liebende – Beziehungen erstarren & zum Auftauen eines abgekühlten Partners braucht es sehr viel Energie.

Übrigens braucht es auch Kristallisationskeime („Schiet“). Hochreines Wasser gefriert erst bei nahe minus 40 Grad.

Was also geschieht beim Abkühlen des Schleiwassers, zumeist von den Uferrändern her? Sich abkühlendes Uferwasser sinkt ab und verdrängt tieferes nährstoffreiches Wasser in einem dynamischen hydraulischen Prozeß. Das die Sommeralgenfracht verdauende Tiefenwasser gelangt so an die Ufer, bis sich im Idealfall die Schichtung des Schleiwassers herstellt. Der dynamische Strömungsverlauf „verlädt“ einen Teil der Sommerfracht an die Ufer, wo es dann gefriert = grünes Eis.

Ingeborg Bachmann beschreibt diesen Prozeß  in ihrem Gedicht „Die große Fracht“ so:

            Die große Fracht des Sommers ist verladen
            Der Frost des Winters steht bereit
            Wenn hinter dir die Möve stürzt und schreit
            Die große Fracht des Sommers ist verladen (sie war wohl oft zu Gast bei uns)

Das Schleirandeis ist also grün und nährstoffreich. Leider  sind diese Vorgänge noch komplizierter. Einer der Wissenschaftler machte uns auf das Phänomen der „Reinigungsdestillation“ von gefrierendem Wasser aufmerksam, das seinen „Dreck & seine Salze“ als Kristallisationskeime sowohl braucht als auch ausscheidet. Gründliche Untersuchungen auch der Unterschiede im Mineralgehalt von Eis und Schleiwasser darunter werden im Winter 22/23 erfolgen. Wissen ist sexy auch wenn es zunächst sinnlos scheint.

Dieser Winter war geprägt von Regen & Wind. Mehrfach verließ das Schleiwasser die Furt und tauschte sich mit einströmendem Ostseewasser aus. Allein im Februar dreimal. Es wäre „cool“ gewesen, die damit verbundene „Wasserverbesserung“ mit jedem Sturm zu messen. Das Forschungsfloß „Mumpelkawumpel“ wird dazu die Daten liefern. Momentan steht das Maschinenhaus mit Solardach, das Richtfest hat schon stattgefunden. Die Fertigstellung schreitet voran.

Neue Grünalgenproduktion ist bei 6,6 °C in ein Meter Tiefe in der Fahrrinne im Gang. Die Sauerstoffsättigung liegt bei 130 Prozent. Die Sichttiefe nimmt um 20 cm ab (liegt bei ca. 120cm)

Der Winter hat an Kieholm und an „Heidruns“ genagt.

Ein Wort zu den Kormoranen (s. Abb. 4): Meist fahre ich aus pers. Gründen mit dem Vereinsboot zur Königsburg und fahre dann durch die Kormoranschwärme von vielen Tausend Seeraben. Diese kreisen die Heringsschwärme ein und fressen sich voll. Tausende Heringe werden angepickt und selbst die lauernden Möven werden ihrer nicht Herr. Der Hering in Abb. 7 treibt z.B. beim Lustberg an. Ich habe mir zu meinem 67.ten Geburtstag 17 Stück frisch getötete aufgelesen – für Brathering in Sauer.

Meine Meinung dazu als ehemaliger Fischer: So geht das nicht! Hier wird vermeintlicher Vogelschutz zu einer bestialischen Angelegenheit. Die Fischer haben voll und ganz recht. Man bestraft sie für ihre schonende, handwerkliche Fischerei mit Sanktionen, will den Hering fördern und rottet über den Kormoranschutz den Hering kräftig aus. Ich war mitten drin in solch einem Gemetzel. Siehe Abb. 4 und Abb. 7.

Die Einlassung zu den Kormoranen ist die persönliche Meinung des Vormanns des SIEZ® nicht die des Vereines.

 17. März 2022

Abb. 2: Heidruns kurz vor der Passage Dom & Wikingturm im Hintergrund (Foto: Karl Walter)

Abb. 3: Trotz der Einwände von Jägerschaft & Naturschutz wurde ein Wanderweg durch die Stexwiger Niederung gebaut. Ein Paradies für nicht angeleinte Hunde. Massenhafte Radreifenspuren weisen daraufhin, dass es sich um ein Teilstück der touristischen Vollerschließung der Naturräume handelt. Die bauliche Ausführung verhindert den Radtourismus nicht. Ebenfalls äußerst mangelhafte Beschilderung. Die Schlei als Ware… (Foto: Karl Walter)

Abb. 4: Kormorane auf der Jagd – kein Kommentar (Foto: Karl Walter)

Abb. 5: Aufgesammelt… Diese Heringe haben den Angriff der Kormorane nicht überlebt (Foto: Karl Walter)

Abb. 6: Kormorane – das Wasser nach einem Angriff (Foto: Karl Walter)

Abb. 7: Bissspuren (Foto: Karl Walter)

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