Prolog zum Teilgebiet 6 – Rechenschaftsbericht unserer Arbeit gegenüber LLUR & Unterer Naturschutzbehörde

Prolog zum Teilgebiet 6 – Rechenschaftsbericht unserer Arbeit gegenüber LLUR & Unterer Naturschutzbehörde

Das SIEZ ® hat die Schutzgebietsbetreuung eines großen Stücks des südlichen Schleiufers vom LLUR übernommen. Dieses ca.20 km lange Gebiet begehen wir, sammeln Informationen & Eindrücke und schätzen seine Veränderungen ein. Wir bieten im Rahmen des kommunalen Campus der VHS Wasserexkursionen an, die lebhaftes Interesse finden. Darüber hinaus sind wir ständig zwischen Stexwig und Sundsacker mit Wasserproben, incl. Wassertemp., präsent und vor Ort und erstellen eine Kartierung der gewonnenen Werte auf unserer Homepage www.schleiinfozentrum.de. Ein sehr kleines Uferstück der Schlei, das Horn des Ornumer Noores, pflegt der Verein als „Orchideenwiese“. Hier wird im Herbst mit Maschine und Hand gemäht. Dies Jahr erfreute uns die Wiese mit reichlich Blutweiderich am Wassergraben neben den Orchideen.
Wir sind mit vielen Anliegern „vernetzt“ und werden über wichtige Veränderungen meist zeitnah informiert. Im Bereich Fleckeby sammeln wir mit Anrainern Plastik am Schleiufer. Hier haben wir mit dem Kulturverein zusammen einen künstlerischen Raubfisch in der Dorfmitte geschaffen, der den gesammelten Plastikmüll schluckt.
Eine Infotafel informiert über das Plastikproblem in den Gewässern.

Das Bild zeigt den vom SIEZ® und dem Kulturfleck gebauten Müllfisch vor dem „Valentinerhaus“ in der Dorfmitte. Beim ersten Schleimüllsammeln nahmen 23 Fleckebyer teil. Foto zeigt den Fisch vor der Befüllung.

Wir haben ein Forschungsfloß gebaut, um die Nährstoffrücklösungen aus dem Faulschlamm in den steigenden Temperaturen zu untersuchen und sind im Antragsverfahren der Liegegenehmigung bei der UNB und beim WSA.
Auf der Schlei und seinen Auen nehmen wir ständig Wasserproben auf ihrer Südseite und archivieren diese. Der Wasserkörper 2023 war geprägt von der Phosphatrücklösung der Faulschlammgründe auf den im Klimawandel erwärmten Gewässersohlen. (max. gemessene Wassertemp. Bienebek bei 2m Tiefe 24 Grad) Der Eintrag der Auen war geprägt von der Überschwemmung der Teichkläranlagen durch das Oktoberhochwasser. Hier schnellten die Phosphatwerte, z.B. in der Koseler Au, bis auf 5mg PO4 im November 2023 hoch. Aber auch die Sohlentemperaturen der Auen steigen und da die Auen der Schleiregion nur zur Regenzeit „wild“ sind und während der meisten Zeit ruhig & mit „Entenflott bedeckt“ riechen auch hier die Sedimente oft nach H2S. Hier liegt allerdings auch eine erste und machbare und kostengünstige Ansatzlösung für die Schleiregion: z.B. die Überschwemmungsgefahr der alten Teichkläranlagen, wie in Gammelby & Loose, zu beheben, die Einträge aus den diffusen Quellen zu mindern und die Auen wenigstens einseitig sich begrünen zu lassen um die Sohlentemperaturen der Auen zu mindern. Es besteht ein großer Unterschied zwischen 18 bis 22 °C und einer machbaren Temperatur von 12 °C in den Auenkörpern. (Dies stellten wir bei Begehungen/Befahrungen von Oxbek und Koseler Au in Stichproben fest.) Hohe Auentemperaturen bedeuten viel Phosphat.

Diesen Artikel betrachten wir als jährlichen Bericht unseres Informationsversprechens (Betreuungsauftrag) zum Betreuungsgebiet für LLUR & UNB. Darüber hinaus informieren wir die Öffentlichkeit über unser Büro in Fleckeby und unsere Homepage www.schleiinfozentrum.de. Diesen Rechenschaftsbericht kann man dort auch gegen eine Schutzgebühr von 5 Euro erwerben.

Das Teilgebiet 6. Fleckebyer Bucht bis „Heidruns“

Die „Fleckebyer Bucht“ ist neben dem Teilgebiet 5 Stexwig bis Louisenlund ein großer Teil unseres Betreuungsgebietes der südlichen Großen Breite. Dieses Ufer ist eiszeitlich gesehen wohl ein Teil der vom Eckernförder Gletscher „ausgehobelten“ Bucht, die dann von einer späteren Phase der Eiszeit vom Schnaaper Sander „übersandet“ wurde. So herrscht Sand fast ohne Steine hier als Untergrund vor. Ein Stück Nordgrenze dieser Übersandung und gleichzeitig der Übergang zum lehmigen Moränenboden bildet die Koseler Au. Die Grundwasser des Schnaaper Sanders münden südlich dieser „Lehmgrenze“ in die Große Breite in einigen Metern Tiefe (ca.7m) um Weseby herum. (Eindrucksvolle Tiefensonarbilder zeigt das Gutachten zur Fließrichtung des Grundwassers auf der HP & das Faulschlamm-Inventar von Dres. Höft, Rickleffs, Schwarzer).
Das Teilgebiet 6 ist ein „Hotspot“ der inneren Schlei mit überwältigender Vielfalt & Schönheit. Das Gelände fällt zur Schlei hin sanft bis schroff ab mit tlw. kleinen Niederungsgürteln. Es münden Gräben und Auen in die Schlei, es gibt Strandseen, Sandstrand, sandige Steilküsten im Wandel zum passiven Kliff, eine Binnendüne mit Heidekraut/Ginstervegetation, magere Ackerböden mit einzigartiger Vegetation und Rote Liste Pflanzen und deren Faltern (Schoolbek), wildem Kerbtal mit Ansätzen zum Sumpfbruchwald, mageren Sandböden in Gülleüberdüngung, historische Wanderwege (der Kirchenweg nach Fleckeby) Eine unglaubliche Vielfalt! Ein Stück Schleiparadies.

Dieser historische Kartenausschnitt gibt einen guten Überblick über das Teilgebiet 6 vor der „Umlegung“ der Mündung der Hüttener Au zur Osterbek (Eine Mündungszusammenlegung der in den 70iger Jahren auf Verlangen vom Millionär Schrader forciert wurde und durch die Gemeindevertretung Fleckeby ging) – die Karte ist ein Geschenk an das SIEZ®

Wir unterteilen das Gebiet in fünf Teilabschnitte

6.1 Fleckeby bis zur neuen Mündung der Hüttener Au
6.2 Holmer See/Schoolbek/Binnendüne
6.3 Das Wesebyer Ufer
6.4 Die Missunder Steilküste
6.5 Das Gletschertor und die Niederung Kielfoot

6.1. Vom Eingang der Fleckebyer Bucht (Ecke Louisenlund) bis zur Mündung der Hüttener Au

Das Foto zeigt den Beginn der Fleckebyer Bucht und den Anleger Louisenlund

Im Hintergrund ist der Ziegeleiwald Borgwedels zu sehen. Davor das Gehölz Louisenlund. Bei dem Gebäude handelt es sich um das Bootshaus des Internats Louisenlund. Dann eine in Sukzession gegangene wohldrainierte kleine Niederung, ehemalige Salzwiese. In Louisenlund wurden mehrere Gebäude nicht nachhaltig (nahe der 3 Meter Höhenlinie) bis an den unmittelbaren Rand dieser Niederung erstellt und bereits beim Bau mussten die Pumpen laufen. Steigende Pegel wurden bei der Planung ignoriert. Was wird mit diesen Gebäuden in den kommenden Jahrzehnten? Der Klimawandel ist bei vielen noch nicht wirklich  angekommen. Die schöne Aussicht gilt mehr. Die kommenden Hochwasser im Klimawandel werden allerdings zur Besinnung aufrufen.

Es folgen die beiden Fleckebyer Häfen mit einem Stück Deich zur Sicherung der Hirschholmniederung. Das Foto zeigt Niederung und Totarm der Großen Hüttener Au. Der „Totensee“ befindet sich hier rechts am Schilfrand. Er ist 3000m2 groß, nach Fleckebyer Schnack soll er Tote bergen…im Sommer werden ihn samt seiner unerreichbaren kleinen Toteninsel erkunden…Das Mündungsdelta der Hüttener Au war nach Berichten Älterer Heimat der Europäischen Sumpfschildkröte Emys orbiculara. Finden wir im Totensee letzte Exemplar?
Es folgen also die beiden Häfen Fleckebys mit der umgeleiteten Hüttener Au. Hier ist von der ehemaligen Mündung nur der obige Totarm mit äußerst schlechter Sauerstoffversorgung geblieben. Im Sommer kommt es hier öfter zu kleineren Fischsterben. Der Sauerstoffgehalt sinkt dann unter 1,5 mg.
Wie kam es zum Deichbau beim Dreesbeimdiekehafen (Schraderhafen) und zur Umlegung der Hüttener Au? Wir befragten eine Ü80 Bäuerin: „Der Millionär Schrader wollte seinen Hafen. Hatte einen Hotelbau geplant. (Die Ruine Fellhorst steht vor dem Abriß) Solche Projekte gingen ohne Widerspruch durch die Gremien, man dachte sich derzeit nichts dabei. Keiner war dagegen. Arbeitsplätze lockten. War ja auch eine praktische Zusammenlegung von Osterbek und Hüttener Au. Auch sollte wertvolles Weideland geschützt werden…“ Wir zeigen in diesem Zusammenhang ein Bild der oberen Hüttener Au vom Oktober 2023. Von woher denn wollen wir überschwemmt werden in den Niederungen? Von vorn oder von hinten?
„Junge Leute“ (Umweltschützer) allerdings liefen damals von Tür zu Tür und sammelten Unterschriften dagegen. Aber gegen den übermächtigen B. konnte (und wollte) sich in Fleckeby sowieso niemand durchsetzen. Wenn man etwas bohrt, hört man immer mehr Details der Kritik gegen diese Maßnahmen. Die Zusammenlegung der Auen war also umstritten.
Auf das Gelände der Häfen folgen ein hügeliges kleines Kliff, ein Stück Niederung, dann der Hundespazierweg mit geschätzten Tonnen Hundekot am Wegrand (nitrophiles Weggrün) und die neue Mündung der Hüttener Au. Diese hat ein „eingerostetes“ Sperrwerk. Der Sinn dieser Maßnahme war der Schutz des inzwischen „wertlos“ gewordenen, verbinsten Grünlands unterhalb Fleckebys. Bei jedem Hochwasser läuft die Niederung voll. Das Sperrwerk wird nicht mehr betätigt. Neues „Sperrwerk“ und Hochwasserzeiger ist der Damm der B76.

Das Foto zeigt das Schöpfwerk Hummelfeld in der großen Hüttener Au

Das Oktoberhochwasser staute bis Hütten zurück. Es „pfeift“ auf den letzten Löchern, Ersatzteile für die Pumpen sind nicht mehr erhältlich und es sind nur noch wenige Nutzer, die eine nötige Neuanschaffung nicht finanzieren werden. Die Auen kehren zurück. 
Der Badestrand Fleckeby ist ein großer Magnet für die hundeliebenden Fleckebyer. Im Fleckebyer „Volksmund“ wird er der „Hundestrand“ genannt. Östlich liegt hier der Holmer See. Etwa 500 Meter oberhalb befindet sich die Gemeindegrenze nach Kosel. Es gab etliche Überschreitungen der Coli/Enterokokkenwerte an der „ehemaligen“ Badestelle. Das Wasser kommt aus der kleinen und großen Hüttener Au. Aber die Ursache dieser Fäkalkeimbelastung wurde nicht wirklich gesucht, obwohl das meßtechnisch ein Kinderspiel wäre. So wurde die Badestelle einfach als „Badestelle“ aufgegeben. Die letzte Wintermessung des SIEZ® am Einlauf der Au ergab vor Kurzem die 4 fache Höchstbelastung an Coli/Enterokokkenwerte. (AGROLAB) Wir informierten das Amt Schlei über diese Werte. Man antwortete uns nicht. Eine Verlegung der Badestelle als bemessene Badestelle in Richtung Kosel ist problematisch. Durch eine kombinierte Salinitätsmessung und Strömungsmessungen stellten wir fest: das in die Schlei einlaufende Süßwasser der Hüttener Au mischt sich sehr langsam mit dem Brackwasser der Schlei. Es gibt hier eine küstenparalelle Strömung von Fleckeby nordwärts in Richtung Weseby und Gletschertor. Erst langsam vermischen sich die Wasserkörper verschiedener Schwere & Temperaturen. Wir hatten solch einen großen stehenden Wasserkörper mit 1,5 Grad plus Temperaturunterschied vor Riesboer ausgemacht. Wir wissen so gut wie nichts über die Wasserdynamik in der Schlei. Wohl noch am meisten „wissen“ die Fischer; wir nehmen an, dass Süßwasserkörper der Au bei Strömungsstillstand am Gletschertor vorbeiziehen und bei Riesboer zum Stillstand kommen, weil die Strömung auf der Nordseite der Schlei sie dort ausbremst. Viel Schleiwasser nimmt den nördlichen Weg, Wasser vermischt sich langsam.

6.2. Holmer See, Schoolbek, Binnendüne

Paralell zur B76 laufend, einige hundert Meter nördlich und etwa einen Kilometer lang erstreckt sich ein Niederungstal, teilweise als Kerbtal: die Schoolbeker Niederung. Sie speist die Schoolbek. Diese mündet in den Holmer See. Wie mag wohl der schmale Grat zwischen Schlei und Holmer See entstanden sein? Früher hatte der Holmer See nicht nur den Ablauf in die Osterbek sondern direkt in die Schlei. Siehe alte Karte. Diese Mündung wird wohl beim Wegebau „Götheby- Fleckeby“ verschüttet worden sein. Ein alter pensionierter Fleckebyer Lehrer machte mich drauf aufmerksam. Steht man auf der hohen Binnendüne, Ginsterbewachsen auf magerstem Sand etwa 20 Meter über NN kommt einem die Vorstellung von nacheiszeitlicher Dünenerosion. Von Nehrungsströmung, von abtrennendem Schilfwachstum. Vielleicht alles zusammen. Von hier aus gesehen scheint der Holmer See ein Teil der Schlei zu sein. Der Holmer See hat knapp 7 ha Größe, ist ein Angelgewässer des Fleckebyer Angelvereins, moddriger Grund, ein Meter tief. Er nimmt das Wasser der Schoolbek auf und hat starken Karpfenbesatz mit Dütt & Datt (Sogar, man staune Forellen, was des Anglers Herz sich auf dem Haken wünscht) und eine natürliche Besiedlung von Brassen. Der See entwässert jetzt allein in die Osterbek durch ein „Karpfensperrwerk“.

In Schoolbek liegt feinster Sand des Binnensanders. Selbst kleinste Steine sind kaum zu finden. Die Schoolbek sammelt das Wasser dieser Niederung in magischer Schönheit. Als sumpfiger Bruchwald, extensiv als Weide genutzt. Ein Stück Urwald. Die Aue hier ist ungeräumt, in ständiger Veränderung auf einer Breite von 30 bis 5o Meter. Am Beginn des Schoolbektals ist ihr Wasser klar. Einst wurde sie zum Fischteich aufgestaut. Eine Wasserprobe ergab 12mg Nitrat aber ein Phosphatgehalt doppelt über der Meßgrenze, wohl bei 3mg/ltr. Alle Auen sind grad phosphatkrank.

Zwei Aspekte zu diesem Talsystem.

  1. Hof Schoolbek wird biologisch bewirtschaftet und beheimatet seltene Ackerkräuter, die nur auf magerstem Sand blühen und die auf der Roten Liste stehen. (Ackerbau auf 17 bis 20 Punkte Böden) Letzte Schätze der Biodiversität. Daneben wird versucht, ebenfalls auf diesem magersten Sand durch Biogassubstrate und Gülle und Kunstdünger ertragreich aufzudüngen. Damit Maiserträge und Kartoffelerträge stimmen. Der Kollateralschaden der wasserlöslichen Nährstoffe läuft in die Schlei. Mitten im Eiszeitmuseum von Binnendünen, Binnensander und Kerbtälern ein Stück verzweifelte Landwirtschaft auf Böden, die zu bewirtschaften in freier Konkurrenz viel zu mager sind.
  2. Die Grundwasserkörper hier sind bis Birkensee hydraulisch eng mit einander verbunden. Im Kiesabbaugebiet wird eine Giftmülldeponie der Klasse 1 geplant. Der Widerstand dagegen ist erbittert. Hier soll Brokdorfschotter eingelagert werden. Die Restradioakivität wird niemand genau kontrollieren/gegenkontrolieren und nur eine 2mm dicke PVC Folie schützt diese unvergleichliche Landschaft vor Befüllung & Fehlbefüllung. Allein so etwas hier zu planen garantiert schon die Fehlbefüllung und die Leckagen. Dann aber ist es für Jahrtausende zu spät. Alle Schleiliebe möge sich klar gegen diese Planungen stellen. Vielleicht ist nicht „Overtourism“ die Zukunft der Schlei, sondern die vollkommene touristische Meidung der Schlei in Schleswig-Holstein.

In einem Anflug von Schalk prüften wir vom SIEZ® den Salzgehalt von Holmer See und Schlei dort, wo einst Furt und Mündung waren. Stehen diese Gewässerkörper immer noch im Austausch? Ebenfalls untersuchten wir den Nährstoffgehalt hier:

Das Wasser des Sees ist „sauberer“ als das der Schoolbek. Der Nitratgehalt unterhalb unserer Meßgrenze von 6mg! Der PO4 Gehalt bei 0,36mg/ltr. In etwa ein Zehntel des Bachwassers. Durch den Strandwall kommt keine Salinität in den See! Sein Oberflächenwasser war mit 6,1 °C zur Weihnacht 2023 aber 3 °C kälter als das Schleiwasser, das passt und kehrt sich im Sommer um.

Die alten Bezeichnungen der Hügel um Weseby zeugen von alter, armer Bewirtschaftung: z.B. der „Buchweizenberg“. Später dienten diese sandigen Erhebungen zur Gewinnung reinsten Bau und Füllsandes. Dem geübten Auge erzählt die Topographie viel über die Siedlungsgeschichte.
Auf einem dieser Sandhügel finden wir das Gelände des Kreisjugendverbandes Schleswig mit sanfter Sommernutzung, ein Pilzhotspot mit guten Pfifferlingvorkommen etc. und einen Strandsee mit schmaler Öffnung zur Schlei. Hier haben wir vom SIEZ® einmal ein Höhennivellement zur Sanddüne hin gemacht: die Binnendüne liegt 18,3m über der variablen Seenoberfläche.
Dann kommen wir zum Teilgebiet 6.3. Das Wesebyer Ufer.

Das Bild zeigt den westlichen Rand des Schoolbeker Kerbtales darunter der Bruchwald, die Au, nach einer Bäuerin des Tales die schaale, schoole Bek = Schoolbek. Sie führt geschmacklich vortreffliches, kalkfreies weiches Wasser
Das Foto zeigt Reste eines „Schoolbeksperrwerks“, wohl zur Bildung eines Forellenteiches vor sehr vielen Jahren
Das Bild zeigt die ehemalige „Mündung“ des Holmer Sees in die Schlei, den aufgeschütteten Strandweg bei der alten Mündung des Sees in die Schlei, eines der Sandhügelchen und das Louisenlunder Gehölz im Hintergrund. Der Holmer See war einst ein Stück Schlei!

6.3 Das Wesebyer Ufer

Seit Jahrzehnten ist Weseby eine bevorzugte und teure Siedlungsstelle an der Schlei. Weseby stellt Keitum auf Sylt in den Schatten.

Das Bild zeigt den abgerissenen Kartoffelhof

Auf einen „echten“ Einwohner/Haus kommen gefühlt hunderte von Ferienhütten. Genau ist das Verhältnis ca.30 Häuser bewohnt zu 70 Ferien“hütten“. Ist das nicht ein Ausverkauf der Schleilandschaft? Was aus riesiger Blutbuche und altem Hof geworden ist zeigt das nächste Foto, aufgenommen von identischer Stelle. Aber ohne Blutbuche. Für die durften auf dem Bolzplatz Bohnert Ersatzspargelchen gepflanzt werden. Von denen 2 bereits wieder eingegangen sind. So etwas heißt dann Ausgleichsmaßmahme und ist in Wirklichkeit höhnisches Lachen zur Fällung ortsprägender wunderschöner „Säulen des Himmels“.

Urbanes Wohnen an der Schlei

Die Vorgärten: Robotrasenmäherfähig. Die Schleidörfer verlieren ihren alten Charme. Kein Platz für Selbstversorgungsgärten mit blühenden Obstbäumen & wildem Holunder. Das wird unbezahlbar und unerwünscht. Nachhaltigkeit wird zur Floskel. Die „neuen“ Wesebyer halten in der Freude über den bevorzugten Siedlungsort gut zusammen. Als das SIEZ® im alten Stall von Goos ein kleines Schleimuseum aufbauen wollte, den Stall so belassen wie seit Jahrzehnten mit einem Parkplatz vorm Dorf, hatten wir plötzlich viele gegen uns. Es kommen neue Menschen, Städter. Wir gaben den Plan auf. Das Millionenobjekt „Alter Gooshof“ wird das gleiche Schicksal ereilen wie der Kartoffelhof oder der Pinnhof in Hülsen. Das Schleiufer gehört nun mal fest in die Hand Hamburger Millionäre wie Sylt ja auch. Dann Sand vorspülen, Deiche und Sperrwerke bauen. Die „Allmende“ zahlt. (Diese bissigen Bemerkungen sollen Denk und Fühlanstöße sein, wir werden in einigen Jahren berichten.) Dort am Wesebyer See, vor dem alten Stall, an der Hausecke Holunder, fallen mir Zeilen von Eduard Möricke wieder ein:

Kinderlied für Agnes Hartlaub

Dort an der Kirchenmauer
Da sitz‘ ich auf der Lauer
Das sitz‘ ich gar zu gern
Es regt sich im Holunder
Es regnet mir herunter…Rosin und Mandelkern…

Kleines Steilufer auf dem Weg zum passiven Kliff, mit Ginster bewachsen
Treibselstreifen mit Federn, Plastik, Kammlaichkraut
Strand, wenn er nicht betreten wird, ist Samenbank
Waldgeißblatt erobert das passiv gewordene Kliff
Messung des Salzgehaltes am Strand vor Wiseby
Hier beginnt der Missunder Wald, das passiv werdende Kliff, unser Messgebiet 6.4

6.4. Der Missunder Wald

Das vorhergehende Bild zeigt das Missunder Kliff, eine Steilküste aus Sand. Mit dem Aufkommen von Kammlaichkraut, also der Verbesserung der Wasserqualität der Schlei durch die Nachklärung der Siedlungsabwässer, etablierte sich vor der Steilküste ein Schilfgürtel, der das Kliff schützte, die umgefallenen Bäume dienten als Wellenbrecher. Heute kann man nicht mehr von einem aktiven Kliff sprechen. Der bei Hartwind erodierte Sand allerdings vergrößerte die Bioaktivität der Schleisohle immens. Wir fanden beim Stechen von Faulschlammsedimenten immer mal wieder eine dünne Schicht Sand, etwa 5 mm stark, die dann wieder von Faulschlamm bedeckt wurde. In dieser Sturm-Sand-Schicht befanden sich winzig kleine Sandklaffmuscheln und Herzmuscheln.
Etwa 1898 begann die Gutsverwaltung Ornum die landwirtschaftlichen Flächen des heutigen Missunder Waldes aufzuforsten. Zuerst wurden 40 Hektar aufgeforstet, dann immer mehr. Es ist ein besonderes Erlebnis durch solch einen warmen Sandwald zu gehen. Er duftet harzig. Der Wald ist sehr beliebt bei Spaziergängern, E-Bikern, Geocatchern, Waldäufern, Wildcampern, Hundespaziergängern usw. Ein Spaziergang am Sonntag nach den Feiertagsessen gehört in der Umgebung einfach dazu.
Bei der Begehung der Halbinsel Kielfoot traf ich auf das Försterehepaar, die auch Waldbesitzer hier sind. Sie baten mich (wir hatten zeitversetzt Forstwirtschaft in Göttingen studiert) trotz Begehungsberechtigung durch die Behörden) den alten Steilküstenweg nicht zu benutzen wegen des „Schlechten Beispiels“. Sie fühlen sich gestreßt durch die starke Öffentlichkeit und der zahlreichen Interessen hier. Wir führten ein langes Gespräch. Mir wurde klar, dass wir solche bewahrenden und Aktivitäten bremsenden Kräfte wie diese Waldbesitzer bitter nötig haben. Im Wald wird schwarz gezeltet, es findet sich jede Menge Müll, das sandige Kliff wurde als herrliche Rutschbahn benutzt, ein Abenteuerspielplatz. Hunde laufen unangeleint herum. Wild wird aufgescheucht, Waldläufer treten neue Wege aus. Das stimmt. Die Masse machts. So verzichtete ich auf eine erneute Küstenbegehung hier, obwohl auch ich unzählige Male dort war. (Siehe auch Artikel 2017 in Begehungsberichte)

Wir haben zu lernen, dass wir in der mobilen und digitalen Massengesellschaft nicht alles machen sollten, was wir machen können und dürfen. Dass wir beginnen Eigenverantwortung gegenüber der Schöpfung zu ergreifen. Ein wenig Demut und Bescheidenheit wäre angebracht.
Das Försterehepaar gestaltet den Wald um. Früher bestand er nur aus Nadelwald. Beim Sturm hörte man die Wurzeln knallen, bevor die Stämme fielen. Die Eiche aber wurzelt tiefer und liebt den Sand, auch der Ahorn erobert den Sandwald.
In den 60 iger Jahren schon versuchte die Gutsverwaltung Ornum den Küstenweg zu sperren. (Kirchenweg für die Wesebyer und Missunder Bevölkerung nach Fleckeby) – Ornum kam nicht damit durch. Dann erfolgten in den 90iger Jahren weitere Versuche der neuen Waldbesitzer, den Kirchenweg zu sperren. Wesebyer und Missunder wehrten sich wieder vehement und erfolgreich dagegen.
Die jetzige Wirklichkeit aus Sperrung und Übertretung der Verbotsschilder ist ein Kompromiß. Wir haben nun mal viel zu wenig Wald im Land. Die erhabene Größe von Wäldern, in denen man sich verlaufen kann, lernen unsere Kinder kaum mehr kennen. Wir und unsere Kinder brauchen aber Walderlebnisse. Das ist die eine Seite. Der zunehmende, manchmal brutal werdende Tourismus (Von wegen sanfter Tourismus, oft hat man den Eindruck: das sind auch Ballermanntouristen, tlw. digital ausgerüstete übergewichtige E-Biker, die mit ihren SUV Panzern anrollen und dann vorfahrtberechtigt durch den Wald knallen) läßt mich die Waldbesitzer immer mehr verstehen. Der Waldbesitzer beschwerte sich beim Bürgermeister der Gemeinde Kosel, einem Landwirt: Ihr habt doch Regelungen mit Großvieheinheiten pro Hektar. Warum haben wir im Wald nicht auch so etwas? Da ist ein Konflikt im Gang, von dem wir Wunderbares lernen können. Alle Seiten.

Das Gletschertor

Die Niederung Kielfoot beherbergte ein im Mittelalter „untergegangenes“ Dorf: Kiel. Kielfoot bedeutet Kiels Fuß. Hier ist wohl das 500 Jahre abtauende Eis der Breiten in die mittlere Moor und Seenlandschaft der Schlei durchgebrochen. Die der Breite zugewandte torfige Niederungsseite erodiert mächtig. Der Betonsockel der Scheinwerferstellung aus dem Weltkrieg liegt bereits 100 Meter seewärts.
Die Spitze der Niederung ist seit knapp 10 Jahren abgetrennt. Da konnte man noch rüberspringen. Wir durften die neu entstandene Insel nach der Bürgermeisterin Ulsnis und Gründungsfrau des SIEZ® Heidrun Karaca mit Einverständins des Eigentümers „Heidruns“ nennen. Es wird nicht lange dauern bis auch Folkeboote hier durch segeln können. Jollen können es bereits jetzt. Bei Flachwasser war die Furt bauchnabeltief und maß 30 Meter Breite. Die Niederung wird extensiv beweidet. Die Kiter, die hier ihr Paradies gefunden haben vertreiben allerdings das Federvieh, machen das Vogelparadies vogelleer. Es kommt etwas auf die Schlei zu mit zunehmendem Tourismus, der grad beliebiger Massentourismus wird.

Niederungserosion im auflandigen Wind

Ende des Berichtes

SIEZ® , im Dezember 2023

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Die Kolholmer Au, ehemals ein eiszeitlicher Schmelzwasserstrom?

Die Kolholmer Au, ehemals ein eiszeitlicher Schmelzwasserstrom?

Zwischen Entenflott & Wildwasser

Das Oberflächenwasser Schwansens will zur Schlei. Eine „größere“ Ausnahme gibt es: die Schwastrumer Au oder Bookenau geht in die Ostsee; kleinere Niederungen bei Borby, Hemmelmark, Hohenstein und Langholz entwässern ebenfalls in die nahe Bucht.
Die Kolholmer oder auch Looser oder auch Gammelbyer oder Barkelsbyer oder Koseler Au ist bei weitem die größte der Schwansener Auen. Norbyer Au, Petribek, Kriesebyer Au, Bienebek und Karlsburger Au sind kleinere Schleischwestern. Aber auch der Schatten der Wahrheit gehört zur Wahrheit dazu. Das Oberflächenwasser Schwansens „will“ genauso zur Schlei, wie die Schlei manchmal nach Schwansen „will“. So staute das Ostseehochwasser im Oktober 2023 die Koseler Au bis Barkelsby & Loose & Saxtorf hin zur „Schleiaue“ auf, bis hin ins Saxtorfer Moor.

Die Koseler Au bei Ornum am Sturmfreitagmorgen 2023

Die Bodenübersichtskarte des Landesamtes für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) in Flintbek erklärt die Entstehung der Koseler Heide mit ihrem vorherrschenden Sand & Kiesen als Folge einer „zwischeneiszeitlichen Umlenkung“ am Salzstock Osterby. Die Karte gibt Hinweise auf die Wasserströme nach dem Abschmelzen der Eismassen. Die Kolholmer Au mündet in das Ornumer Noor. Bei überreichlichem Niederschlag füllt sie das Auental noch heute bei Westensturm und Schleiflachwasser eben mit Niederschlagswasser. Eine frühe Karte der Koseler Au stammt aus der Feder des Landvermessers Hansen aus dem Jahre 1799. Eine noch ältere Karte finden wir von 1649. Der Verlag NV (Nautische Veröffentlichungen) hat Hansens alte Karte ins moderne Kartenwerk eingearbeitet. So verrät uns diese wertvolle Arbeit von Jeppe Scheidt, wo überall in der Moderne Mäander durchstochen wurden und das Auenbett um einige Dezimeter zur Nutzlandgewinnung vertieft wurde. Wie der „ursprüngliche“ Verlauf war, was für die WRRL (Wasserrahmenrichtlinien) wichtig ist.
Nachdem ich im September an der Oxbek entlangwanderte, schaute ich mir im November 2023 die Kolholmer Au an. Ich wanderte an ihr entlang wie vordem der Berliner Geologe Dr. Herbert Heck. Dieser Dr. Heck hatte aus Berlin den Auftrag gehabt, eine geologische Karte der Region zu erstellen. Es ist zu vermuten, dass es auch um die Kiesvorräte (Beton und Straßenbau, Bunker und Militärbau) in den Kriegsvorbereitungen ging. Sein Handbohrer war ständig dabei. 1937 waren er und sein Team fertig. Ein wissenschaftlicher Artikel erschien im Nebenbei als Schrift beim Verlag Schwensen in Eckernförde: Die Kolholmer Au, ehemals ein eiszeitlicher Schmelzwasserstrom – mein „Wanderbegleiter“ neben dem Heimatbuch des Kreises Eckernförde von Willers Jessen und Christian Kock von 1916 und 1898 sowie Prof. Dr. Michael Walther.
Ich zitiere Dr. Heck: „Ruhig dahingleitend und in den Mooren wohlreguliert durchfliesst (sie) die Landschaft Schwansen, im ganzen gleichsinnig mit der schmalen Schlei und der breiten Eckernförder Bucht. Ein nur wenige Meter durchmessender Bach: die Kolholmer Au. In streckenweise künstlichem Bett, im Urzustand aber sich verzweigend und mäandrierend zieht sie durch die in Gestaltung und Aufbau wechselreichen Gefilde, ihren Lauf von zahllosen kleinen Zuflüssen ostseits des Großen Moores bei Glasholz nehmend, durch das Kuhmoor, an Loosau, Barkelsby, Gammelby und Kosel vorbei bis sie…nördlich Ornummühle in das dortige Schleinoor träge einmündet.“
Das Heimatbuch von Willers Jessen & Kock (1916) bezeichnet Schwansen als Hochplateau (bis zu 50 Meter hoch) mit Mooren in der Mitte (Klein Irland). Ich zitiere:„In der Mitte Schwansens befinden sich die größten Moore, das Kuhmoor, das Breender Moor und das große Moor. Alle drei zusammen sind zusammen 215 ha groß. Sie entwässern nach zwei Seiten, nach Westen bilden die vereinigten Abwässer einen Nebenfluß der Kollholmer Au, welche in dem Kollholz entspringt. Es ist der größte Wasserlauf Schwansens…treibt die Ornumer Wassermühle und ergießt sich dann in…die Schlei.“

Teilausschnitt der „amtlich geologischen Spezialaufnahme von 1936“ aus der Schrift von Dr. Heck, rechts die Kleinbahn

Niemand kennt seine Ortsbezeichnungen heute mehr. Gespräche mit älteren Landwirten legten nahe, dass es sich beim „Kuhmoor“ (nördlich des Breender Moores) um die Grasmoorflächen des „Kuhhauses“ neben der ehemaligen Landarbeitersiedlung Saxtorfs im Hopfenholz handelt. Diese abgerissene Landarbeitersiedlung kenne ich aus den 60iger Jahren noch durch eigenen Besuch.
Von Moorbrücke hat man einen wunderbar weiten Blick über das Moorgebiet. Man schaut nach Saxtorf, magisch überragt das Kollholz das Moorplateau und der „ehemalige Schmelzwasserstrom“ schrumpft zum kleinsten verkrauteten Graben, ungeräumt, damit das Wasser in ihm stehen bleibe, wie ein Landwirt erzählt, der 50 Jahre hier wirtschaftet. „Solange es geht,“ man hätte viel zu wenig Wasser. Ja, bis Barkelsby ist so viel Entenflott auf der Kolholmer Au, dass ein liegen gebliebener Entenflotttreibselstreifen die Hochwasserlinie dokumentiert. Das Land braucht das Wasser selber. 
Auf den Rat eines ehemaligen Auarbeiters wanderte ich in die kleinbäuerliche Wildnis neben den Flächen des Schwansener Hochadels, von dem Christian Kock in seinem Buch „Schwansen“ 1898 berichtet. „Ab 1000 Hektar werden die Ecken rund“, sagen die Großgrundbesitzer und da gibt es in Hühnerland, Steintal, Vierländer, Wettstein und Poppenhörn, Tingborn usw. kleine runde Ecken und ehemalige Katen und Instenstellen wie die von Gerd Boll (†).
„Da, bei Poppenhörn, am Waldrand Kollholz, unterm Kollhüh, da ist ein Himmelsteichlein, da entspringt die Kolholmer Au, dann läuft sie südlich bei Daniels, Vierländer, vorbei und dann nach Moorbrücke. Aber der ist ja auch schon tot…“

Blick nach Osten, im Rücken Büchenau, das Kollholz ehemaliger „Gutsbezirk Saxtorf, Kirchspiel Rieseby.“ In diesem Gehölz beginnt der 18km lange Lauf des „ehemaligen eiszeitlichen Schmelzwasserstromes“
Hier bei Poppenhörn beginnt der Lauf der Kolholmer Au

Wie können diese kleinen Gehölze Schwansens so magisch wirken? Auf der Karte von Hans Jokisch von 1955 finden wir exakt hier unter der Nummer 135 eine urzeitliche Grabstelle. Keine 10 Kilometer zur Ostsee mit Blick auf das Große Moor und die bewaldeten Hügel Rußlands. Perfekter Ort für ein Grab.
Es geht mir wie bei der Oxbek in Angeln. In diesen kleinen Betten sollen die riesigen Wassermassen der Eiszeit getobt haben? Behaupten Geologen. Hunderte Meter hoch ragten die Eisränder des Zehreises, so hätten vom Gefälle her die Schmelzwässer leicht gleich in die Schleifurt gelangen können, gleich in die Nordsee. Die von Heck festgestellten Ossande im Tal der Au zeugen vom Abfluß. In welcher Höhenschicht aber begannen sie zu fließen bis sie am gefrorenen Landgrund anlangten? Dort liegen geblieben? Der Abfluß des Gletschers tobte auf dem schmelzenden Eis!
Ich zitiere aus „Deutschlands Norden“ von Böse, Ehlers, Lehmkuhl, (Springer 2022“: „Eine Inlandvereisung ist ein hochdynamisches Gebilde, dessen Eisrand abschnittsweise differenzierte Vorstoß- und Abschmelzbedingungen haben kann. Diese hängen von dem präexistierenden Relief und den regional unterschiedlichen Klimabedingungen…ab.“
Dr. Herbert Heck hat einiges im Moor bis Loosau kartiert: Ossande, Kies und Moor. Die kleinen Wasserläufe nehmen im komplizierten Gefällesystem einer vielfach modellierten Landschaft im Hier und im nacheiszeitlichen Jetzt ihren mühsamen Weg bergab. Gefälle suchend oder der Mensch stellt Gefälle her. Kapitulieren vor jedem Hügelchen. Die Vergangenheit bleibt ein Rätsel. Einfache Erklärungen helfen meist nicht.
Auf meine Wanderung entlang des „ehemaligen eiszeitlichen Wasserstroms“ nehme ich nicht den Bohrstock mit sondern den Probenheber des SIEZ®zur Entnahme der Sedimente. Ich entscheide mich gegen Wasserproben entlang des gerade verbrackten Süßwassers. Aber ich messe aus Schalk den Salzgehalt der Überschwemmungspfützen – 2 Wochen nach dem Hochwasser und finde nichts. Es hat ja auch stark geregnet und die „Entenflottau“ (überall finde ich dickes Entenflott als Treibselmarkierung des Hochwassers) fließt ab Moorbrücke in ihrem tiefen Bett munter, unterhalb Looses sogar frisch mit Fließgeschwindigkeiten von 20cm in der Sekunde und mehr.
Überrascht hat mich mich die Tiefe der Au selbst unterhalb Vierländer, dort wo sie kaum fließt. Da hat man einstmals ganze Arbeit geleistet. Sie ist tiefer als breit. Hier beobachtete ich ein Kranichpaar. Standvögel hier? Scheint so. Immer wieder im Großen Moor traf ich die Beiden wieder, scheu.
Querab Kleinmoorbrücke nimmt die Au das Wasser des Grossen Moores auf. Man schaut auf Rußland. Ich nahm zahlreiche Sedimentproben hier aus der Au. Keine moorigen Sedimente! Viel Kies, bindiges Material! Ich gewann den Eindruck eines frisch verlandeten Sees.
Bei Moorbrücke ändert die Kolholmer Au ihren Charakter, verliert ihre Schwansener Wildheit und tritt ihren wahren Job an: die Wasserabführung am Rande des wertvollen Ackerlandes.

Kollholmer Au entlang des Großen Moores, genau an der Grenze des Ackerlandes von Saxtorf
Äußerst aufschlußreich ist diese Drainbaggerung im Großen Moor: das weist hin auf einen frisch verlandeten See. Kleine Moortiefe. Auch mit dem Bodengreifer habe ich nur bindige Siltsedimente gehoben, Muschelschillreste.

Die Au greift tief in die Landschaft ein. Sie ist eine typische „Bauernau“, weg mit dem Wasser. Aber ändert sich das nicht grad? Man sehnt sich nach dem Wasser in den Dürrezeiten. Muß es aber in der Regenzeit los werden. Da beginnen die alten, verschütteten Mäander in neuem Licht zu leuchten. Brauchen wir nicht ein anderes „Auenkonzept“? Zurück zur Aue? Und ist das nicht in allseitigem Interesse?

Tiefer Einschnitt, hier unterhalb von Kasmark
Hier unterhalb von Kasmark lombardische Pappeln, die in dem Alter gern auch kippen. 4 Meter breit, einen Meter tief, fließt und die Au hat erst den halben Weg geschafft.

Die Kolholmer Au durchfließt jetzt die Barkelsbyer Niederung. Ein Teil gehört Graf Moltke aus Waabshof, ein Teil den Barkelsbyer Landwirten. Unterhalb der Stallungen von Kasmark schießt nicht das beste Wasser der Kolholmer Au phosphorschäumend zu.
Bis zum Eingang nach Barkelsby hatte die Au gut zu tun, die Wassermengen des Hochwassers und der Regen los zu werden. Endlich regnet es durchdringend. Sie floß frisch mit bis zu 30cm in der Sekunde. Unterhalb von Loose nimmt sie das Wasser von Osterhof auf und wird auf 50 Metern auch mal „reißend“ mit 50cm/s.

Zeit für ein kleines Gedicht von Walter Scherf:

Der Nebel dämpft das Morgenlicht
Und alles Wesen flüsternd spricht
Das Land verhangen grau
Im Felde singt die Regenfrau
Der Weg ist lang. Der Weg ist weit
Wir wandern tief am Grund der Zeit
Der Sommer ist verbrannt
Ein fahler Rauch weht durch das Land
Das Jahr geht aus. Der Regen fällt
Ein andrer Herr regiert die Welt
Der Wind ist naß & schwer
Das Land ertrinkt im Regenmeer

Die Au durchfließt Barkelsby und muß die Klärwasserabbwässer hier nicht mitnehmen, die werden zum Klärwerk Eckernförde gepumpt. Dann durchfließt sie die Rögener Niederung und bevor sie die Bahnlinie unterquert gibts da eine kleine Wildnis aufgelassender Fischteiche zu bewundern. Sie nimmt das Rosseemoorwasser der ehemaligen Kreisdeponie Eckernförde mit. Vor etlichen Jahren machte ich vom Rosseemoorwasser und vom Auwasser jeweils eine 100er Kresseprobe. 10 von 100 keimten und vom Auwasser fast alle. Der Landkreis wurde informiert und schwieg.  
Die Bäume der einfach abgedeckten Kreisdeponie gegenüber von Lidl/Aldi/Markant (Roseemoor) sterben seit Jahrzehnten den Gastod. Es soll die Zeit und die Atmosphäre allen Frevel aussitzen.
Auf der anderen Seite im Barkelbyer Berg wurde Hamburger Hafenschlick verklappt. Damals machte der ehemalige Bürgermeister uns darauf aufmerksam. Im Schlick riesige Herzmuscheln, wie sie es bei uns nicht gibt. Wieder schwieg der Landkreis Rendsburg-Eckernförde. Er ist schwer dazu zu bewegen, sich auf die Seite des Umweltschutzes zu stellen.
Die Au fließt wunderschön durch die Gammelbyer Niederung. Unterhalb ihres ehemaligen Vorsitzenden Herrmann Münck. Flott und schön. Es geht an der alten Gammelbyer Schule vorbei in Richtung Kosel. Hier nehme ich jetzt das Boot.
Eine fragwürdige Entscheidung. Gleich nach dem Dorfplatz sind Bäume an der Au umgekippt. Die Wassermassen des Novemberregens haben die Gammelbyer Au zum Wildwasser werden lassen. Es fließt hurtig über große Steine des Kerbtales. Hier im Eiszeiturwald gibt es einen Gehölzsaum und Weideland entlang der Au. Ein kleines Paradies. Unterhalb der Deponie Grimmellundsbarg treffe ich zwei Mitglieder der Bürgerinitiative gegen die neue Giftmülldeponie am Bültsee bei einer Ortsbegehung. Die Au fließt durch den Schnaaper Sander. Der Bedarf am rundkörnigen Eiszeitsand ist immens. So haben die Sander der mageren Koseler Heide, wo einst nur Ziegen satt (Coslev bedeutet Dorf der Ziegenhalter, wend.) wurden, den Sand zu einer Goldgrube für wenige werden lassen. Nach dem Wegräumen der Kiese lockt die ausgeteuften Gruben neues „Gold“. Die Verfüllung mit Giftmüll. Ne dünne Folie drunter und die teure „Renaturierung“ rückt in weite, unbedrohliche Ferne. Skrupelloser „Reichtum“ lockt. Am 5. März 2020 titelte die EZ: Undicht: Tiere zerstören Beckenfolie in Revkuhl/Damp…Welche Zukunft werden die Menschen hier wählen? Wird die Giftmülldeponie neben dem NSG Bültsee gebaut? Nur eine „dünne Beckenfolie“ schützt die Schleiregion? Wir vom SIEZ®sammeln die Informationen darüber und archivieren sie.
Unterhalb der Gammelbyer Klärteiche geht es begradigt weiter. Die Au nimmt das Moorwasser von Pukholtdamm mit auf. Einst ein großes Moor westlich der Küstenmoräne. Ein Schöpfwerk zieht das Wasser von Basdorf Mühle und Sönderby in die Koseler Au. Aber es steht vor der Entwidmung. Die Welt entdeckt die Moore wieder. Oberhalb und in Fortsetzung Birkensees liegt malerisch schön das „Muntjakgehölz“ eines reichen Mannes der Bankenindustrie.
Die Au nach der Einleitung der Gammelbyer Abwässer stinkt nach Waschmittelparfüm und schäumt gewaltig. Eigentlich geht das so nicht mehr. Aber was hilft eine Probe? Jeder kanns sehen, jeder kanns riechen. Wir haben die Auen aus unsrem Herzen geworfen. Auf dem Weg nach Kosel stehen Damhirsche an der Au. Wieder liegen Bäume über der Au. Die Au fließt einen Meter tief und zwischen 4 und 6 Metern breit hurtig. Findet den Weg von Kerbtal zu Kerbtal.
Hier wird mir die gesamte Problematik eines neuen Auenkonzeptes klar. Die Auen haben nach dem WHG die riesigen Niederschlagsmengen der Regenzeiten abzuleiten. Eine neue Aufgabe wäre, es auch in den Dürrezeiten zu halten. Die Kolholmer Au zwischen Wildwasser und Entenflott. Ein neues Auenkonzept setzt die Einigkeit aller voraus. Wie klug doch die vielen Mäander waren. Haben den Auenraum immens vergrößert. Das wertvolle Wasser im Auental lange gehalten.
Auf der Sohlgleite Kosel geht meine Wildwasser Kanufahrt mit einer Kenterung im 8 Grad kalten Wasser zu Ende und ich setze sie ein paar Tage später zu Fuß fort. Sie nimmt hier das Wasser des Klärwerks Kosel auf. Immer wieder schätze ich die Strömungsgeschwindigkeit, zuweilen sinds 50cm/s in der Sekunde, die Kolholmer Au kann auch „reißend“. Beim neuen Sandfang teilen sich die Wassermassen. Immer wieder Schaumberge vor mächtigen Stämmen, die die Au versperren. Wildes, phosphatreiches Kosel.
Jetzt ist die Au in Ornum, früher gabs hier eine Wassermühle mit Wasserrechten bis hin zum Langsee, der über einen Graben westlich Pukmoor auch in die Au entwässern kann und für die Wassermühle eine Wasserreserve darstellte. Das SIEZ®hat auch den Gerichtsstreit um die Wasser und Fischrechte in Ornum „archiviert“.
Das letzte Stück nimmt der „Schmelzwasserstrom“ teilweise begradigt ins Ornumer Noor durch wiederum mooriges Gelände. Hier steht Wasser bei Schleihochwasser als auch bei Schleiniedrigwasser bei heftigen Niederschlagsmengen.

Hier die Hüttener Aue, genauso sieht es in der Koseler Aue aus beim Ornumer Noor

Der Untergrund hier wurde von Prof. Dr. M. Walther erbohrt und besteht aus Feinkies, Sand und Silt. Es setzt sich bis 7 Meter unterhalb der Schliesohle fort. Auch die Tiefensonarmessungen von Dr. Höft, Rickleffs und Schwarzer 2017 ergaben das. Hier in etwa fließt das Wasser Birkensees in die Schlei. Eventuell auch das einer Deponie am Bültsee.

Abschlußbild: Paddeln auf der Koseler Wildwasserau/Entenflottau

Ganz am Ende der Auenbegehung machte ich am 24.11.23 eine Gewässerdoppelprobe. Die Wassertemperatur 8 °C. Der Nitratgehalt in Ornum beträgt 27,9 mg NOund befindet sich in hohem üblichen Bereich. Erschreckend ist der Phosphatgehalt weit oberhalb der Meßgrenze. Bei zweifachem Verdünnen liegt er bei 5,2 mg PO4.

Trotzdem:unsere Auen sind von überragender Schönheit

Karl Walther, Vormann des SIEZ®

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Das Hochwasser vom Freitag, dem 20.10.2023

Das Hochwasser vom Freitag, dem 20.10.2023

Bereits am Mittwoch, dem 18. Oktober 2023 stiegen die Pegelstände an der Ostsee und in der Schlei stark an. Anhaltender Ostenwind trieb die Wassermassen der See gegen die Schleswig-Holsteinische Küste. Der Starkwind entwickelte sich zum Sturm mit kräftigen Böen und die noch im Laub stehenden Bäume bogen sich und warfen starke Äste ab, fielen aber in der Menge nicht.

Das Hochwasser ist weg, die Sorgen nicht

Am Samstag, dem 21.10.2023 hatte das Hochwasser um 14 Uhr seinen Höhepunkt überschritten. Erleichtert stellten die Bewohner z.B. der Holmer Fischersiedlung in Schleswig fest, dass das Wasser aus ihren Häusern abfloss. Alle Möbel waren soweit möglich in obere Räume gebracht worden…all hands on deck, the captain cried…(A salty dog, procul harum) Familien & Nachbarn & Schiffsbesatzungen halten zusammen.
Gerade in Schleswig hat das Hochwasser erhebliche Schäden angerichtet. Die Region begann folgende Fragen zu debattieren: wer bezahlt die Schäden, welche Vorsorgemaßnahmen können in Zukunft getroffen werden, kann solch ein Hochwasser bald wieder kommen, was sind die Ursachen?
Jedes Hochwasser ordnen wir Menschen in eine Häufigkeit ein. Jahrtausendhochwasser wie die Große Mannstränke von 1300 sind tödlich, grausam, schrecklich, landschaftsverändernd, selten. Jahrhunderthochwasser wie das von 1872 können eine Region heimsuchen, lassen dann aber viele Generationen in „Ruhe“. Deiche brechende Hochwasser wie das von 1962 hallen lange nach. Noch immer sind die Bilder der Menschen auf den schwimmenden Hausdächern in meiner Seele.
Ich habe in den knapp 70 Jahren meines Lebens drei schwerere Hochwasser an der Ostküste erlebt und jedes Jahr zwei bis drei „normale“. Das letzte „schwere Hochwasser“ war das heftigste. Das im August 1989 war in den Häfen ebenso verheerend, aber kurz. Ich erinnere mich daran, wie ich rechtzeitig meine Reusen vor Hemmelmark & Hohenstein bergen konnte um dann mit dem Schleikahn im Hafen vor Borby auf Grund zu sinken. Aber die Bünn hatte gehalten.
Beim den Hochwassern danach konnte ich mit meinem ehemaligen Fischereifahrzeug mit knapp einem Meter Tiefgang auf der Schleisalzwiese wenden. Beim Hochwasser 2017 machte ich zahlreiche Stömungsmessungen, die auf unserer Homepage zu einem kleinen Film führten. Beim letzten HW reichte die Wathose nicht, um zum Forschungsfloß zu kommen, an der Königsburg wird wohl in der Spitze ein Pegel von 1,80m (plus Welle) erreicht worden sein.
Die Hochwasserschäden machen den Besiedlern der Niederungen & Strände das Dilemma und den Schlamassel deutlich, so nah am Wasser zu siedeln. Nur die wenigen Fischer müssen da siedeln, die anderen wollen da siedeln wegen des Blickes und wegen der gefühlten Vorteile der Strand und Küstennähe. Es sind dies gesellschaftlich bevorzugte, teure Siedlungsplätze.
Zigtausende streben als Tagesgäste zum Beispiel an die Strände der Eckernförder Bucht. Es wird von vielen Binnenländern als Vorteil angesehen, wenn man als Camper oder Eigentümer eines strandnahen Grundstücks da wohnt. Man braucht nicht kommen, man ist bereits da. Am Meer. Im Sommer. In Karlsminde hat die Ostsee die auf dem Strandwall stehenden Campingwagen bis über die Strandlagunen hin geflutet. Dann kam auch noch Wasser seitlich von „hinten“. Ein riesiger Hochwassermüllberg ist entstanden und dieser wird zur Hälfte mit Mitteln der Allgemeinheit abgetragen (Das Amt Schlei, dass unserem Schleiverein stets zuverlässig jeden Euro Spende für Informationssammlung verweigerte, zahlt nach sehr kurzer Verhandlung 100.000€ zu) Viele Campingplatzbesitzer geben jetzt auf, das nächste Hochwasser droht. Ich sprach mit einigen in Karlsminde. „Wir geben auf“, sagten sie, „wir wollen nicht nachts in Angst zu Hause sitzen…“
So ist die Wahl des Begriffs „Jahrhunderthochwasser“ bereits politisch. Es ist eher der Begriff 25 oder 30 Jahre Hochwasser zu wählen.
Wer solch eine „privilegierte“ Wahl des Siedlungsplatzes getroffen hat, will gern, dass die Allmende diese Entscheidung durch Deiche, Spülungen und Sperrwerke absichert. Das ist für mich menschlich vollkommen nachvollziehbar. Beim näheren Hinschauen allerdings stellen sich Fragen. Wo dürfen wir im Klimawandel siedeln und wo wird uns der selbst verursachte Klimawandel vertreiben? Sollte die Landesregierung nicht nur auf der strikten Einhaltung der 3 Meter Siedlungsgrenze bestehen sondern eher die 4 Meter Grenze für Neubesiedlung anvisieren? Nachhaltiger wäre es.
Wir, das SIEZ®, hatten für Brodersby 2014/15 eine Schadenspotentialanlyse erstellt. Wir hatten exakt auf die Gefahren des Walter Buer Dammes hingewiesen. Da hat es heftige Dammschäden gegeben, die jetzt grad repariert werden. Und hinter dem auf 2.60 geschrumpften Damm wurde in der Zwischenzeit kräftig gesiedelt. (Remienring/Remienstraße) Das war waghalsig. Nun will die rechtlich genehmigte Besiedlung auch geschützt werden. Ein teures Dilemma.
Die Schleideiche auf Oehe und beim Galgenberg hielten man so grad eben, wie der Treibselstreifen auf den Deichen zeigt. Die Ostsee hätte Maasholm Bad beinah geflutet. Es hat Arnis voll erwischt. Maasholm war sicherheitshalber nach Gelting evakuiert worden.
Das Hochwasser wird uns alle noch lange beschäftigen. Auch die Sparkassen und Banken. Sie wird bis zu den Gutachterausschüssen hin schwappen, wo das Hochwasserrisiko im Bodenwert ufernaher Grundstücke neu zu bewerten sein wird. Es wird die Versicherungen ebenso wie die Versicherten beschäftigen. Der Klimawandel kommt nicht nur in Bangladesh (durchschnittlich 7m hoch) an sondern auch an unseren Ostseestränden und Niederungen. Wie baut man wieder auf, wenn man schon zu niedrig gesiedelt hat oder es als Fischer musste? Wie sicher ist das Erdgeschoss? Muß man sein Erdgeschoss umgestalten? Was ist, wenn sich das gau wiederholt? Vom HW1989 bis zum HW 2017 waren es 28 Jahre vom HW 2017 bis zum HW 2023 nur 6 Jahre.
Wie leichtfertig wir bislang damit umgegangen sind, zeigt die Besiedlung von Olpenitz. Alles begann mit dem Bau der Militärmolen. Die Schleinehrung wurde genährt vom Schönhagener Kliff. Das bricht im Durchschnitt 80 bis 100 cm im Jahr ab. Die Südwest & Westwinde (2/3 aller Winde) erzeugen hier eine Nordströmung. (Siehe Fotos) Der aufgeschwemmte Lehm & die Sande bildeten die Schleinehrung. Der Sedimentationerfolg war positiv. Der Bau der Molen lenkte die Strömung weit um. Jetzt ist die Bilanz negativ. Die Nehrung schrumpft menschengemacht. Die Sedimente kommen jetzt in Oehe an (positive Bilanz vor der Vogelhütte, siehe Foto).
Das war dem Landesvermessungsamt 1978 bekannt. Der Topographische Atlas warnte vor dem Molenbau. Aber nach dem Weggang der Marine war es wohl zu verlockend, amerikanische Investoren dieses Monster „Olpenitzport“ bauen zu lassen. Geschäfte scheinen der Landesregierung vor Natur und Küstenschutz zu gehen. Jetzt muss der Sand, der dort nicht mehr nährt, vorgespült werden. Oder eine neue Schleimündung wird auf mittlere Sicht entstehen. Wer zahlt das und sichert damit wessen Vorteil ab? Wir sammeln die Informationen.
Alle Schutzmaßnahmen vor dem Hochwasser werden starke Nebenwirkungen haben. Ein Schleisperrwerk braucht hohe Seitendeiche und kostet evtl. eine Milliarde Euro. Eigentlich sind massive Eingriffe im FFH Gebiet nach EU Recht auch verboten. Wir vom SIEZ® sammeln Informationen und archivieren sie. Auch die Informationen, die Debatten liefern. Wir mischen uns nicht ein. Deshalb werden wir auch ungerne eingeladen.
Es werden Deiche repariert und erhöht werden. Arnis braucht wohl ne Schippe drauf. Und es werden Deichattrappen gebaut.
Bei der Wiederherstellung vom Walter Buer Damm sollte man eigentlich von einer Deichattrappe sprechen. Auf den losen Sand wird ohne Verbindung mit bindigem Untergrund der weg gespülte grobe Strandsand mit dem Bagger heran gekratzt, mit ner Folie abgedeckt und dann kommt ein flaues Deckwerk drauf. Was hält das? Der Damm schützt vor den Zukunftssorgen der Urlauber und Siedler aber nicht vor einem heftigen Hochwasser.
Bis zur Jahrhundertwende werden die Pegel um einen Meter steigen, eher um ein paar Zentimeter mehr. Es wird statistisch bis dahin noch drei heftige Hochwasser geben. In der Spitze incl. Welle werden die Pegel an der Ostsee stellenweise 2,60m erreicht haben. Die Fotos zeigen es. Da kommt auf die Küste ein Pegel von zunehmend 3,60m zu bei einer Deichhöhe von 3 Metern.
Das Naturschutzgebiet von Jordsand hat Sand und Strandgewinne zu verzeichnen. Siehe Fotos.
Die Niederungen der Schlei sind eine gewaltige Aue. Sie entschärfen die Ostseehochwasser. Die Öffnung der Schlei ist 100 Meter breit und vielleicht 6 Meter tief. Mit einer gewaltigen Strömung schießt die Ostsee hinein. Die neuen Überspülungen werden geflutet und vielleicht 10 Prozent der Flut nehmen diesen Weg. Noch sind es Überspülungen, auch nach dem HW keine Durchbrüche. Die Ostseehochwasser halten meist lange an. Es gibt da keine Ebbe. Ostenwind kann auch mal eine Woche stehen. Halten wir das aus? Wir Menschen stehen vor einer großen Herausforderung. Wir haben zu entscheiden über die Folgen des selbst verursachten Klimawandels. Deichen oder weichen. Das bleibt an der Küste immer die Frage.

Schleideich, der Maasholmbad schützt am Limit – aber gehalten
Abbruch des Schönhagener Kliffs durchschnittlich 1m/Jahr. Sedimentfahne nach -Olpenitz. Entmischung der Sedimente durch die See. Mindestens 24.000 qm Nährmaterial pro Jahr
Sedimentfahne weit um Olpenitz herum, Ziel Oehe
Sandburgenbau soll Brodersbyer Niederungen schützen
Beinahe: Urlaub im Meer
Der geflutete Inhalt einer Kleinstadt am Meer: Campingplatz Karlsminde
Ein wenig Sand auf den Strandsand, ein wenig Folie, ein paar Steine, fertig ist die Deichatrappe, kleine Wellen hält sie aus und vermittelt ein Gefühl
Hochwassergewinner ist die Vogelinsel, es gab neuen Nehrungssand bei der Vogelhütte

Karl Walther für das SIEZ® November 2023

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Eine Angelner Au – das Oxbektal

Eine Angelner Au – das Oxbektal

Vor 5 Minuten*) entstand Schleswig-Holstein, ein Kind der Eiszeiten. Hatte der Weichseleiszeitgletscher im Nährgebiet der Kaltzeit in Skandinavien die Mächtigkeit des Matterhorns (4478m), so war die „Laderschaufel“ voller Geschiebe und Gerölle hier in S.-H. noch 4 bis 500 Meter stark.

*) Kurt-Dietmar Schmidke, die Entstehung S.-H., wenn das Erdzeitalter einen Tag währte

Wie es aber wirklich war, bleibt ein spannendes Rätsel, von Wissenschaftlern und Heimatforschern untersucht. Denn die „Eiszeit“ war ein komplexer Vorgang, der immer wieder Umformungen kannte, wie etwa die gedachte Entstehung des Schnaaper Sanders. Der schüttete wohl die bis Schleswig reichende Eckernförder Bucht mit bestem Osterbyer Sand wieder halb zu. Sehr zur Freude der Kiesindustrie. So wurde unsere Landschaft vielfach „gefaltet & gestaltet“. Wir finden z.B. in Barkelsby besten Bausand (Elternhaus) im Untergrund und 10 Meter daneben blauen Gley. (Nachbar) Auch stand das abtauende Eis weit höher als das Geländerelief darunter. Das konnte dazu führen, dass sich beim Abtauen die Fließrichtungen in den Eistunneltälern „umdrehten“. Ganze Abende und Führungen könnte man mit Erklärungsversuchen füllen. Aber wir Menschen waren vor 4 Minuten nicht wirklich dabei, es war zu kalt.
Während für die „dünne“ Seite der Schlei die „Untersuchungsergebnisse zur Jungpleistozänen Landschaftsentwicklung Schwansens“ von Prof. Walther eine wertvolle Hilfe darstellen, so ist es für die „dicke“ Seite der Schlei Angeln die Schrift des Lehrers Dr. Ernst Lorenzen über die Entstehung und Umformung des Landesteils Angeln von 1938. Seine Arbeitsweise erscheint mir als die einer Interpretation der Höhenlinien des topografischen Kartenmaterials in Kombination mit dem Heranziehen geologischer Spekulationen. Professor Walther arbeitete gern mit dem Handbohrer. Erkundete die Sedimente unterm Landschaftsrelief & die Fließrichtungen des Grundwassers. Modernste Tiefensonarforschungen bestätigen seine Arbeitsweise, mit den Hunderten von tiefen Bohrungen bis übers Grundwasser hinaus. Respekt!

Fahrradtour nach Angeln – das Oxbektal

Als Ausflugsziel meines ersten Septemberwochenendes wählte ich das „Tal der Oxbek“ in Angeln aus. Gerne laufe ich an den Auen & Bächen entlang. Nirgends kann man mehr über die Landschaft lernen als in diesen Lebensadern. Ich bin am Lachsenbach in Eckernförde groß geworden. Erinnere mich an Heudiemen dort am Ufer, mit erster Zigarette und wie wir in den Schneekatastrophen gefährliche Hallen im Tal des Lachsenbaches gruben, 7 Meter Schnee über uns. Die Alten berichteten vom Lachsestechen mit der Forke. Später, in den 80iger Jahren, gründete ich erfolgreich eine Bürgerininitiative gegen die Verrohrung dieses Paradieses. Der Lachsenbach wurde eher entrohrt und ein Eckernförder Vorzeigeprojekt. Die Liebe des Süderbraruper Postmeisters Adolf Petersen (gestorben 1949) zur „Loiter Aue“, beschrieben im Jahrbuch des Heimatvereines der Landschaft Angeln von 1981, verbindet ihn mit allen anderen Bachfreunden.
Was ist der Unterschied zwischen einem Bach und einem Fluß? Professor Dr. Richard Pott stellt diese Frage in seinem Buch: „Gewässer des Binnenlandes“ und gibt folgende Antwort: „In erster Annäherung können Bäche als Fließgewässer mit relativ geringer Wassertiefe und insgesamt kleinem Gewässerquerschnitt und den daraus resultierenden starken Interaktionen…zwischen Wasserkörper, Gewässersohle, Ufer und angrenzender Ufervegetation definiert werden. Hierbei stehen Wasser und Ufervegetation meist in unmittelbarem Kontakt. Im Gegensatz dazu dominiert bei Flüssen aufgrund des großen Abflußquerschnittes der Wasserkörper gegenüber der Uferzone“ Ich schlage vor, die „Loiter Au“ im Unterlauf als den einzigen Angler Fluß zu betrachten.
Auf den topografischen Karte von Süderbrarup und Kappeln hatte ich (vielleicht wie Dr. Lorenzen) am Morgen der Fahrradtour die 20 Meter Höhenlinien mit dem weichen Bleistift geschwärzt. So entstand schon auf der Karte das Bild eines Tals südlich der Norderbraruper Kiesrückenlandschaft von Ost nach West verlaufend. Nördlich dem Verlauf der Bundestraße 201 ein Stück folgend.
Das Jahrbuch des Angler Heimatvereins von 1963 verrät: Northbradorp bedeutet das Dorf am Abhang, an der Kante. Hier soll das Schmelzwasser der Eiszeit vor „wenigen Minuten“ (Schmidke) in den Radialtälern herabgerauscht sein. Zur wilden mächtigen Oxbek hin. Der Bek, an der später die Ochsen weideten. Im warmen grünen Tal der Bek war nach der Eiszeit auf fettem Gras wohl gut Oxen mästen. Einstmals war die Ochsenmast die „Creme“ der Tierhaltung.
Dr. Lorenzen spricht bei der Scheggeroter Au und der Flaruper Au und der Loiter Au von „Radialtälern“ und meint damit landschaftsgestaltende nördliche Abflußrinnen der Schmelzwasser zum Haupttal hin, der Oxbek, die das Schmelzwasser des gesamten Eckernförder Getschers einmal zur Nordsee hin entwässert haben soll. Ich bleibe skeptisch. Vor der letzten Eiszeit gab es die vorletzte Eiszeit und vielleicht noch eine mehr davor. Daraus resultierte ein letztlich unerklärbarer Kuddelmuddel von Formungen, Umformungen & Materialtransporten. Ein weites Feld für Debatten der Heimatforscher.

Die älteste für mich auffindbare Karte der Oxbek und der anderen Auen stammt von 1649.

Bildschirmfoto der ältesten auffindbaren Karte der Oxbeklandschaft

Westlich von Rabenkirchen (kommt von Rafnaekyaer 1231, das „Rabenkratt“) zwingt das Landschaftsrelief das Wasser westlich in Richtung Loiter/Boeler Tal zu fließen. Ein Teil des Wassers vom Norderbaruper Kiesrücken ist da der Oxbek bereits östlich der Biogas- und Schweinemastanlage Wendel als Schegerotter Au zugeflossen. Noch östlicher entwässert die Oxbek die Rabenkirchener Höhen und später kommt die Flaruper Au von Norden dazu. Aber auch von Süden, vom südlichen Talrand, kommt Wasser, das der Schukier Au, die das Schukjer Moor entwässert.
Bei Justrup unterquert die kleine, feine Oxbek die Straße nach Scheggerot. Scheggerot bedeutet die Rodung bei Skaeggi. Ab Justrup (bedeutet das Dorf) begleitet die Oxbek einen Wanderweg und einen breiter Schutzstreifen vor den üppig gedüngten Maisäckern Angelns. Das Glanzgrün und die Höhe des Maises zeigen dem geübten Auge deutlich Bodenart und Düngekunst des fruchtbaren Angelns an, „de dicke Siet vun de Slie“. (Slie bedeutet nach dem Angeliter Heimatbuch und der Topographie der Landschaft Angeln von Berthold Hamer übrigens die mit Schlick bewachsene Meeresfurt, stimmte also vor Jahrhunderten bereits, na ja, sie war da noch flacher als heute, 1,5m tief).
Bei Justrup fließt der Ochsenbach träge und gut einen bis zwei Meter breit und handspreitentief nach Westen. Aus der Fließgeschwindigkeit von 30 bis 40 sek/m ergibt sich eine Vorstellung des wenigen Wassers hier. Eine befragte Anliegerin sagt, der Ochsenbach kann auch anders und Keller füllen.
Das geht einige Kilometer weiter westlich bereits „anders“. Bei Rurupland ist sie in diesem Sommer 3 Meter breit und braucht für einen Meter nur 4 Sekunden. Bei Billwatt ist sie vier Meter breit und 25 cm tief und munter (25cm/s).
In ihrem Mittellauf bei Süderbrarup wird sie auf beiden Seiten von einem Os mageren Sandes begleitet. (Heidberg) und dient dem Klärwerk Süderbrarup als Vorflut. Das Grundsediment der Au ist kiesig mit wechselnder organischer Auflage, zum Teil bester Forellenlaichgrund. Beim Brebelholzer Gehege und schon in Billwatt allerdings ist der Kiesgrund z.T. mit Fadenalgen bewachsen, dort hätte Forellenlaich es schon bedeutend schwerer. Bach & Meerforellen verirren sich aber kaum in die Oxbek, weil der Betonfischtreppe des Kreuzaubauwerks die Beschilderung für Salmoniden fehlt, „bitte hier entlang …“ Vielleicht aber können manche aus Fischteichen in die Oxbek ausbüxen.
Im Kreuzaubauwerk mündet die Oxbek in die Loiter Au, die das Loiter „Radialtal“ entwässert. Hier plant der Auenverband eine neue Mündung der Oxbek in die Aue mit den vielen Namen. Fischdurchgängigkeit vom Feinsten: Gewässeringenieurskunst – EU gefördert -. Wo die Wegweiser für die Meer und Bachforellen nicht mehr gebraucht würden. Da sind immerhin 60 oder 70 cm Gefälleunterschied anzugleichen. Vielleicht verschwindet ja auch ein wenig Uferbefestigungsbeton ermöglicht also Bachfreiheit und man sorgt sowohl für Räumung als auch für Beschattung.
Lesen wir einen wunderschönen Satz von Dr. Ernst Lorenzen, einem Angelner Heimatforscher, in seinem Beitrag: „Die Oberflächenformen der Landschaft Angeln“, erschienen in den Schriften des Naturwissenschaftlichen Vereins für S.-H. XXII Heft 3:

„Kurzkuppige, steile Höhen, tiefe, teils kesselförmige, teils talförmig langgestreckte Senken bilden das wechselvolle Bild der Oberfläche dieser Landschaft. Durch das unübersehbare Durcheinander der Höhen und Tiefen haben sich Talsysteme gebildet, die teils breite, teils schmale Talsohlen mit ganz unregelmäßigen Gefälleverhältnissen aufweisen und das ganze Gebiet des Oxbektals in Südwestlicher Richtung durchziehen.“

Durch dieses „Durcheinander“ Angelns führte das Sonntagsvergnügen meiner Fahrradtour. Von Schegerott der Rodung bei Skaeggi südlich nach Justrup, dem Dorf, dann auf dem Wanderweg nach Süderbrarup (Lerchenfeld/Thorsberg/Klärwerk über die Brücke), den Ruruplunder Wanderweg auf der L23/L28 entlang, über die Brücke Billwat (die Furt am Ochsenbachwinkel, die Bek macht hier einen 90 Gradwinkel) und zurück über Winkelholm nach Scheggerot.
Ich machte drei Sauerstoff/Temperaturmessungen (vor dem Einlauf des Klärwerks und danach, eine im NSG bei der Wanderwegbrücke nach Rüruplund) und drei Wasserproben einmal bei Justrup und einmal bei Rüruplund NSG und 20 Meter unterhalb Kreuzau.
Das Wasser des Oxbek ist zu warm. 18,4 °C vorm Klärwerkseinlauf und 20,4 °C beim NSG. Dadurch wird im Sohlensediment festgelegtes Eisenphosphat reduziert und, wieso auch immer, die Phosphatwerte sind viel zu hoch: bei Rürup 4mg PO4 und bei Justrup gute 2mg, aber nur 0,4mg nach dem Zusammenfluss beim Kreuzaubauwerk. Aber das sind ja alles nur Momentaufnahmen. Aber die Sedimente müffeln nach H2S, also ist Rücklösung des Eisenphosphats im Spiel.
Da ich aus Schwansen komme und weiß, wie garstig rund 50 Empörte auf einer Sitzung des Umweltausschußes in Rieseby auf meine Messungen an seiner Klärwerksau, der Petribek, reagierten, habe ich in Süderbrarup lieber nicht gemessen und den braunen Schaumteppich bei Lerchenfeld weder gesehen noch fotografiert.
Aber eine kostenarme Lehre des Klimawandels sollte die einseitige Räumung der Oxbek von Norden her sein und das Zulassen von Erlen auf der Südseite. Hier die Fotos von der Oxbek mit kurzen Bemerkungen.

Bei Justrup sehen wir einen geraden Verlauf und zu viel Licht im System, in der Ferne Süderbrarup; Begradigter Verlauf, guter Kiesgrund, Räumung von der falschen Seite, dadurch zu warm (20 °C, Sauerstoff nur 7,5 mg, für ein Bächlein also wenig.), Grünland, Schutzstreifen vorm Mais beachtenswert.
Was für ein feines Bachsediment, perfekter Laichgrund: an der Justrupbrücke.
Einleitung des Süderbraruper Klärwassers in die Oxbek, welch wasserbauliche Ingenieurskunst, welch wunderbar lange Geröllstrecke zur Sauerstoffanreicherung.
Hier unterhalb des ca. 30 ha großen NSG Heidberg/Os der Oxbek ist sie “frisch“ aber auch hoch Phosphat belastet; der Sauerstoffgehalt 10,3 mg, die Temperatur mit 20,4 °C zu warm. Fantastisches Sediment. Mehr Beschattung, bitte.
Die Oxbek, einstmals brüllender Gletscherabfluß, heute eine kleine Angelner Au.
Blick ins Oxbektal bei Rüruplund. Das Tal hier etwa 600 bis 800 Meter breit, vielleicht einmal der Abfluss des Eckernförder Gletschers zur Nordsee hin.
Der Angelner Heimatverein machte mich darauf aufmerksam, dass die Oxbek voller Krebse sei. So fuhr ich nochmals 1 Woche später wieder hin, mit Wathose und Planktonkescher. Die großen Krebse konnte ich so nicht fangen, alle 5 bis 10 Meter hocken sie zwischen dem katzenkopfgroßen Geröll. Wie flink sie sind. Ein kleiner „Amerikaner“ ließ sich fangen. Massenhaft Bachflohkrebse, einige Zuckmückenlarven kategorisieren das Gewässer in die Güteklasse 2. All die Krebse freuen sich schon auf den Fischlaich der Bach und Meerforellen. Denn die können „demnächst“ in die Oxbek aufsteigen.
Fischtreppe der Oxbek in die Loiter Au; etwa 20 Meter weiter zeigte die Loiter Au unter 6mg Nitrat und 0,36mg Phosphat. Es scheint die Oxbek der „Übeltäter“ zu sein. Aber Messungen sind Momentaufnahmen.
Vier Meter breit und teilweise knietief und fast so hurtig wie die Loiter Au ist die Oxbek beim Zusammenfluß Kreuzau. Im Archiv des Heimatvereins in Sörup gibt es Fotos der Überschwemmungen 1979. Das Gewässersystem ist eine wirkliche Aue. Sie liefert der Schlei geschätzt 12 Tonnen Phosphat im Jahr und kann allein jährlich die Schleifurt einmal mit reinstem Angeliter Wasser füllen. Das Brebeler Großgehege reicht als Beschattung nicht. Aber „schier“ der Zustand.

Im September 2023 Karl Walther, Vormann des SIEZ®

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Das SIEZ® im September

Das SIEZ® im September

Was gibt es Neues im SIEZ® im ersten Herbstmonat?

Das Forschungsfloß ist fertig, der Schiffsstatiker ist beauftragt die Schwimmfähigkeitsbescheinigung zu prüfen. Die Fischer & die Stadt Schleswig haben uns zwei mögliche Standorte zugesagt. Einer neben Büch am Eingang des Missunder Noores auf 2,50 m Tiefe und einer im Eingang des Missunder Noores. Wir versuchen den auf der Schwansener Seite zu bekommen, weil dort kiesiger Grund den Untergrund unter dem Faulschlamm bildet. Hier entscheidet die Untere Naturschutzbehörde Rendsburg.  Das könnte schwer werden.
Im anderen Fall entscheidet die Untere Naturschutzbehörde Schleswig, die gerade mutig in der Sanierung der Wikingturmproblematik vorangeht. Die Untere Naturschutzbehörde Schleswig ist dem Umweltschutz an der Schlei sehr zugewandt. Hier allerdings finden wir Moorgrund unter dem Faulschlamm. Aber es wäre ein Forschungsanfang.

Der Raubfisch des SIEZ® & des Kulturvereins Fleckeby vorm Valentinerhaus

Am 16. September werden wir das Forschungsfloß mit Lampions schmücken und wir laden alle um 18 Uhr zur kleinen Besichtigung ein. Wir hoffen im Oktober das Forschungsfloß am genehmigten Ort zu verankern und mit den Messungen zu beginnen. Ja, und das leidige Geld. Wir stellen im Verein auf Einzugsermächtigung um und ihr bekommt Besuch/Post vom Vorstandsvorsitzenden dazu. Für das Forschungsfloß fehlen noch die Bezahlung des Schiffsstatikers in Höhe von unter 1000 Euro und der Kauf von 100 Metern Kette zur sicheren Verankerung des Floßes, sowie Mittel für die ersten Messungen bei AGROLAB. Da fragen wir unsere Mitglieder und Sponsoren noch einmal um Hilfe, aber auch die Gemeinden & Ämter.
Unsere Kontonummer ist DE 06 2105 0170 1002 2678 78

Zur Wasserqualität der Schlei.

Da sind wir durch den kühlen Juli an einer äußerst misslichen Sitaution vorbei geschruppt. In der Junidürre stiegen die Temperaturen des Schleigrundes bis auf 23,4 Grad mit dem Effekt erheblicher Phosphorrücklösungen aus dem Schlamm und sehr hohen Phosphorwerten bei Fehlen von Nitrat. Beste Voraussetzungen für eine Blaualgenblüte. Die kam aber nicht wg. der Julikühle. Jetzt haben wir wieder 22 bis 23 Grad Schleisohlentemperatur, aber die Lichtmenge der kürzeren Tage und die nächtliche Abkühlung bremsen die Blaualgenblüte. Nicht auszudenken, wenn wir die Atlantik- und Mittelmeersommertemperaturen auch in der Schlei hätten. Das wird aber kommen. Dann kann man wieder auf ihr spazierengehen. Wir werden die Zusammenhänge messen und die Daten sammeln.

Die Orchideenwiese

Eine der vielen Brombeerarten im Knick der Orchideewiese, es gibt 80 Brombeerarten und 5 davon auch bei uns – Foto: Karl Walther

Die Orchideenwiese wird gerade gemäht. Wir hatten knapp 20 Orchideen. Es geht also voran. Der Blutweiderich hat entlang des Grabens wunderschön geblüht. Demnächst erscheint hier auf der Homapage ein Artikel darüber. Auch sind wir dankbar für angebotene Hilfe beim Heuen und Mähen – auch mit der Sense. Dafür gibt es Infos über die Kunst des Sensenschärfens und den ermüdungsfreien Sensenhüftschwung. Ruft mich an, der Vorsitzende ist im September jeweils um die Mittagszeit dort.

Zum Thema Führungen

Am vorletzten Mittwoch im September, dem 20. bieten wir eine Schleifahrt mit der Hohner Fähre zur Umrundung der Liebesinsel Kieholm an. Treffpunkt ist der Anleger Missunder Fährhaus in Brodersby um 18 Uhr. Bitte meldet euch an unter 0151/26341795. Wir haben 9 freie Plätze zusammen. Es sind noch Plätze frei.
Am letzten Mittwoch im September um 17.30 Uhr treffen wir uns beim Naschikönig in Wesenby und wandern zum Missunder Wald. Wir laden euch ein, an diesem wunderbaren Ufer ein Getränk auf Kosten des Vereines zu euch zunehmen und hoffen auf gutes Wetter.

In eigener Sache

Oft werde ich nach unserem Zirkuswagen und der Brandstiftung vor fast zwei Jahren gefragt.

Der Zirkuswagen des SIEZ® im Einsatz hier in Bienebek, Sanierung der der Schleimüllkippe – Foto: Karl Walther

Es ist gegen 3 Verdächtige erfolglos ermittelt worden. Die alte mächtige Eiche über dem Zirkuswagen stirbt jetzt. Ihre Rinde konnte die Hitze, in der selbst Metalle wie Aluminium und Bronze schmolzen und dickes Eisen sich verbog, nicht kompensieren. Die Rinde stirbt feuerseitig bis hoch hinauf ab. Wir werden sie fällen müssen. Vielleicht einen Stumpf als Denkmal erhalten.  Ich bin gewiss, dass die Täter irgendwann ermittelt werden können. Beim Brand der Mühle in Ornum vor fast 200 Jahren war das auch so.
Da der Vorsitzende des SIEZ® oft im Zirkuswagen übernachtet hat, verjährt die Tat nicht. Es handelt sich um eine Brandstiftung mit Tötungsabsicht. Meine Güte, war das viel Arbeit diesen Zirkuswagen zu bauen. Aber das Forschungsfloß war noch weit mehr Arbeit, viele Hundert Stunden!

Doppelter Frevel, unter dieser Eiche stand der Zirkuswagen des SIEZ®
Foto: Karl Walther

Der Fisch

Es ist ein wunderbares Buch von Holger Rüdel im Wachholtz Verlag erschienen: „Zeitenwende, die Fischer vom Holm in Schleswig an der Schlei“ mit wunderbaren Fotos. Ich selber entstamme einer alten Fischerfamilie vom Frischen Haff, und auch wenn es Jörn Ross nicht glauben mag, mein Herz schlug und schlägt und wird immer auf der Seite der handwerklichen Fischerei schlagen.
Wir, also der Kulturfleckverein und das SIEZ®, haben einen Fisch zum Befüllen mit Schleiplastik gebaut. Er steht schon vor dem alten Valentinerhaus s.o. (Kulturfleck) und wir planen im Oktober öffentlich Sammelaktionen von Plastik an der Schlei. Das Mikroplastik allerdings und die versunkenen Schnipsel bekommen wir nicht raus und in den Fisch nicht rein.

Der Vormann des SIEZ® wünscht euch einen Altweibersommer vom Feinsten!

Karl Walther

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Nah am Puls

Nah am Puls

„Glänzendes Wasser, dass sich in Bächen und Flüssen bewegt, ist nicht nur Wasser, sondern das Blut unserer Vorfahren. Die Erde ist unsere Mutter, was die Erde befällt, befällt auch die Kinder der Erde…“ 

(aus der Rede von Chief Seattle, Häuptling der Duwamish vor dem Präsidenten der Vereinigten Staaten im Jahre 1855 zum Verkauf der Heimat seines Stammes, nun der Staat Washington)

Das SIEZ® (Schleiinformations & Erlebniszentrum) sammelt Informationen über die Schlei und unser Leben an der Schlei und beobachtet sorgsam die Veränderungen der Wasserqualität. Im letzten Sommerjahr 2022 war die Blaualgenblüte immens. Ich will versuchen, hier die wesentlichen Fragen zu skizzieren, die sich dem SIEZ® dazu stellen.

Unbestritten haben wir die Schlei seit über 150 Jahren als Abwasservorflut „genutzt“ und tun das weiterhin. Schleswigs erstes Klärwerk ist ein Bauwerk der 60iger Jahre. Eine Nachklärung der Sickergruben Schwansens datiert auf die Jahrtausendwende. Über Auen und diffuse Einträge gelangen weiterhin große Mengen von Nährstoffen in den Fjord. Unbestritten hat sich eine Faulschlammschicht gebildet. Diese ist in ihrer Ausdehnung und Mächtigkeit inzwischen gut bekannt und sie nimmt nach Ministeriumsberichten zwischen 2 und 4 mm jährlichzu. Unbestritten ist die Schlei hoch belastet. Unbestritten um ein Mehrfaches der in den WRRL (Europäische Wasserrahmenrichtlinien) zumutbaren Werte.

Das fast fertige Forschungsfloß des SIEZ® kurz vor seinem Einsatz, Sommersonnenwende 2023 – © Merle Wittchow

Unsere Messungen des Massenwassers der Schlei und ihrer Auen legen drei Trends nahe:

1. Die Temperaturen des Wasserkörpers an der Oberfläche wie auch in der Schleisohle steigen. In die Faulschlammzone enthält also zunehmend mehr Energie in Form von Wärme. Ähnlich geht es den begradigten, langsam fließenden Auen. (Auch hier gibt es Moddergrund & Erwärmung)

2. Der Phosphatgehalt des Schleiwassers & der Auen steigt. Durch Rücklösung? Das begünstigt nicht nur Grünalgenblüten, sondern auch das Wachstum der Cyanobakterien (Blaualgen). Diese kommen ohne das im Wasser gelöste Nitrat aus, sie nutzen den in der Luft gespeicherten Stickstoff und lagern ihn nach der Sedimentation ins Schleisystem ein.

3. Die im „Klimawandel“ vermehrt in der Schlei anlangende Energie bedeutet so eine Vergrößerung der Nährstoffeinlagerung mit teilweiser vergrößerter Rücklösung in den Wasserkörper. (Lesen Sie dazu die brillanten Artikel von Dr. Duggen auf dieser Homepage, in elder posts)

Über Winter reichert sich der Nitratgehalt des Schleimassenwassers über die Vorflut an. Es reichert sich an, weil es ohne Wärme noch nicht verbraucht wird. Die Sichttiefe des Wassers liegt dann bei bis zu zwei Metern Tiefe. Unsere Vorfahren haben Aale  auf dem Schleigrund mit Aalharken gestochen, diese Harken hatten bis zu 5 Meter lange Stecken. So klar war das Wasser früher.

Mit der Wärmeenergie des Frühjahrs nimmt die Sichttiefe ab. Die Grünalgenblüte absorbiert jetzt das Licht und verbraucht z.B. das Nitrat. Im Sommer ist das Schleiwasser fast nitratfrei. Dafür aber voll von Algen und Bakterien, eine undurchsichtige Suppe. Die absterbenden Grünalgen sinken auf den Schleigrund und verbrauchen bei ihrer Zersetzung Sauerstoff. Der Schleigrund wird „atemlos“. Faulschlamm entsteht. Jetzt ist im Schleiwasser zunehmend Platz für eine Massenvermehrung der „Blaualgen“ (Cyanobakterien).

Diese brauchen Wärme & Phosphor zu ihrer Massenvermehrung. Beides ist überreichlich vorhanden. Nitrat brauchen sie nicht. Sie nutzen den Luftstickstoff (N²). Wir beobachteten Blaualgen im Schleischilf bis in den November hinein. Sie vergehen dann auf dem Schleigrund mit Bildung zusätzlichen Faulschlamms. Durch die Stickstofffracht der Auen und diffusen Einträge wird gleichzeitig weiterhin aber auch die Grünalgenblüte gefördert. Beide Vorgänge bestehen nebeneinander. Wir finden beide unter dem Mikroskop. Das Ökosystem Schlei kann sich dann unter Umständen (Winddurchmischung /Strömung) in Richtung auf kritische Kippunkte zu bewegen, auf die Sauerstofffreiheit einiger Schleigründe und Fischsterben.

Diese Trends (zahlreiche sporadische Proben lassen auf sie schließen) im Zusammenhang mit Temperaturen, Strömungen, Salzgehalten usw. objektiv zu untersuchen wird das Projekt des FF jetzt für die nächsten Jahre sein. Wir werden das mit Hilfe von Datenloggern (Sonden die ständig Sichttiefe und Temperaturen messen) machen und mit Wasserproben, die wir von AGROLAB Kiel untersuchen lassen. Wir werden die Wasserproben auch ständig mikroskopieren.

Weiterhin werden wir mit Glocken (=Glasglocken im Schleigrund) experimenten und untersuchen, ob und wie viel Phosphat der Schleigrund (pro Schleifläche pro Zeiteinheit pro Faulschlammtiefe pro Temperatur) ins Massenwasser abgibt.

Wir werden dann anhand langer Messungen über große Datenmengen verfügen. Diese können  helfen, die angenommenen Trends zu kommentieren.  Wir beginnen in einer weiteren Phase dann mit Experimenten und Messungen im Zusammenhang mit der möglichen „Behandlung“ des Faulschlamms. Das FF hat eine Solaranlage und wir werden auf einer bestimmten Fläche Luft in den Schlamm einbringen. Prof. Dr. Heydemann (Umweltminister von 88-93) hat uns das vorgemacht. Leider sind seine Sauerstoffflöße und seine gewonnenen Daten verschrottet worden, bzw nicht mehr vorhanden. Was geschieht jetzt? Baut sich der Schlamm ab? Was wird? Welche „Nebenwirkungen“ sind die Folge? Erhöhen sich die Nährstoffwerte am Rande in der Wasserlösung? Verändert sich die Sichtigkeit? Wir erstellen Daten zu Wirkung und Nebenwirkung. Wir werden am Ende versuchen, sie zu werten.

Was geschieht, wenn wir den Schlamm mittels einer Schlammpumpe absaugen. Was wirbeln wir auf? Wie sind da Wirkung und Nebenwirkung? Wiederum sammeln wir Daten.

Was geschieht beim Baggern mittels eines kleinen Modellbaggers, der in einem Arbeitsgang etwa 14 l Faulschlamm baggert. Wie trübt das Baggern die Umgebung, welche Nährstoffwerte verändern sich wie. Wirkung und Nebenwirkung. Das SIEZ® sammelt Daten dazu. Die großen Klärwerke müssen ihren Klärschlamm thermisch verwerten. Jährlich fallen Mengen an, die dem Faulschlammgehalt der Schlei ähneln. Kann man den sandigen Schleischlamm zufügen? Auch diese Frage werden wir im Kontakt zu Land untersuchen.

Was geschieht, wenn wir den Faulschlamm mit dem Schleisediment darunter „besanden“. Wir dauerhaft ist diese „Beschichtung“ des Schleigrundes? Siedeln sich sofort Muscheln an? Wir haben in Faulschlammkernen solche millimeterdicken Sedimente mit winzigen Muscheln gefunden. Auch Fischer Nanz berichtet davon. Wirkung und Nebenwirkung. Wieder sammeln wir Daten.

Ich bin sehr gespannt auf diese Forschungsphase des SIEZ®, hoffe darauf, dass man uns dann auch wirklich forschen läßt. Und nicht  Gründe erfindet, das zu verbieten, letztlich, damit es diese Daten nicht gibt. Wir bieten bei Unterstützung die Teilung der Daten an. Ich erhoffe mir Duldung und sogar finanzielle Unterstützung. Es ist ein Wunder, dass unser kleiner Verein so weit gekommen ist. Das fertige FF stellt eine Investition von 40 Tsd € dar und wurde durch den Verein und Sponsoren ohne einen Cent staatliche Unterstützung finanziert. Es war ein gewaltiger Einsatz. Wir werden jetzt ein Stück Schleigrund unter ständiger Beobachtung haben können. Da das Floß ortsgetreu genau auf ca. 3 Meter Tiefe verankert wird, können wir mittels einer Rettungsleiter hinuntersteigen und Fotos machen, wir haben mittels einer Kamera eine ständige Verbindung nach „unten“.

Über diesen Finger am Puls unserer geliebten und identitätsstiftenden Schlei freue ich mich unbändig.

Wir sind bereit, nach Absprache Führungen in Zusammenarbeit mit Naturpark und OFS auf unser Forschungsfloß zu planen und mit dem Vereinsboot des SIEZ®, der „Hohner Fähre“, durchzuführen. Die Wasserqualität der Schlei berührt den Tourismus immens. Der Tourismus wird in Zukunft mit einer im Klimawandel leidenden Schlei leben müssen.

Karl Walther, Vormann des SIEZ® im Juli 2023

Die Schönheit der notleidenden Schlei ist unvergleichlich – Foto: Robert Keil

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Erinnerung an eine Schleireise

Erinnerung an eine Schleireise

Die Schlei erlebte 2022 einen harten Sommer und ist jetzt vollends im „Klimawandel“ angekommen. Wir hatten im Frühsommer zuerst die „normale“ Grünalgenblüte & im Spätsommer eine heftige Blaualgenblüte mit dicken griesigen Teppichen und in stillen Ecken, wie z.B. im Rundhafen Stexwig, erste tote Fische. Blaues „taumelndes“ Wasser. Blaue Überschwemmungswiesen. Die Böden rund um die Schlei waren so trocken, dass sie kaum gelöste Nährstoffe ins Schleimassenwasser abgaben. Knapp nur reichten die Niederschläge für die Ernte. Der Weizen war 2022 manchmal nicht backfähig. Die Getreideböden waren nicht überdüngt. Der für die „Blaualgenblüte“ nötige Phosphor für die Cyanobakterien kam also aus den Altlasten der Schlei, aus Rücklösungen des Faulschlamms.

Die „Sünden“ der Vergangenheit reichen im Falle des Phosphors bei weitem für die Gewässerdüngung aus. Die ersten Gewässermessungen 2023 allerdings zeigen wieder hohe Phosphorgehalte im Auwasser, in der Hüttener Au 25,9mg Nitrat bei 1mg Phosphat. Die Böden haben an Feuchtigkeit zugenommen. Die Vorgaben der EU (Wasserrahmenrichtlinien) rücken für die Schlei in weite Ferne. Sind ab jetzt in jedem „Klimawandelspätsommer“ Badeverbote angezeigt? Die Fischer können die Reusen nicht überall länger als ein paar Stunden stehen lassen, es herrscht auf manchen Gründen Sauerstoffarmut; sommerliche Fischsterben nahen. Das SIEZ® warnt bereits lange davor. Unbedingt müssen wir die genauen Bedingungen der Phosphorrücklösung aus dem Faulschlamm erforschen. Deshalb bauen wir ein Forschungsfloß. Sanierungen im Modell, z.B. durch Glockenexperimente, werden Hinweise auf mögliche Lösungen geben.

Gleichzeitig hat der Massentourismus einen kräftigen Aufschwung an der Schlei genommen. Vielen ist es bereits zuviel. Unsere Identität „wackelt“. Ist das noch unser geliebtes Zuhause? Auf dem Immobilienmarkt herrscht „Goldgräberstimmung“.

Man hat nix davon. Man erduldet den Tourismus an der Schlei, weil man selber ja auch mal reist & dann Tourist ist. Der Tourismus wandelt grad sein Gesicht. Er ist auf dem Weg vom erfrischenden, angenehmen „Gästetourismus“ zum verstörenden, häßlichen Massentourismus. Ein böses Geschäft: Die Schleiterrassen, Olpenitzport. Wir erwerben grad eine neue Identität. Sylt naht. Kappeln verliert im sommerlichen Gedränge seinen kleinstädtischen Charme. Wird beliebig. Ähnelt hunderten anderen Küstenstädten wie ein Produkt aus einem Tourismuskatalog. Gleichzeitig bedroht der Klimawandel eben auch diesen Massentourismus, auf den sich die Schleiregion gerade einläßt. Blau ist die See, gelb blüht der Raps, blaualgenblau? Der Landarzt lächelt nicht über den griesigen Blaualgenschleim. Zeit, nachzudenken. Wo bleibt das Positive, fragt mich Erich Kästner. Sein Gedicht geht so weiter:

Ihr streut euch Zucker über die Schmerzen
Und denkt unter Zucker verschwinden sie
Baut Balkone vor die Herzen
Und nehmt die strampelnde Seele aufs Knie


Die „Edith“ (Jollenkreuzer aus den 60iger Jahren) des Autors in einer Kahnstelle an der Maas

Also zum Positiven, Erich, zur Schönheit der zarten Schlei. Der sanften Tochter der Ostsee. Ich will von meiner Schleireise berichten. Bekam von einem Freund vor 3 Jahren einen Jollenkreuzer aus den 60iger Jahren geschenkt. Gebaut auf einer Werft irgendwo in Mecklenburg-Vorpommern aus dauerhaftem Zedernholz. Das mürbe Heck war bereits abgesägt, alle Rundhölzer wurmstichig. Die Scheuerleisten mürbe. Alle Farben verwittert. Eigentlich ein Wrack. Aber die „normale“ Schwachstelle, der Schwertkasten, das Herz jeder Jolle, war wunderbar fest und gesund.

Es begann eine monatelange Renovierung. Drei Freunde trafen sich in jeder freien Minute zum Schleifen, Sägen, Hobeln, Fügen, Leimen, Malen. Segel wurden in Hamburg von einer Elb H-Jolle gekauft, danach das neue Rigg gearbeitet. Ein Nachbau des Elbjollenriggs mit kurzem Mast und elend langem gebogenen Gaffelbaum. Später stellte sich heraus: segelt sehr gut, dreht auf dem Teller, kreuzt ohne Motor durch das Lindaunismauseohr, segelt mit zwei Reffs (also nur noch mit der Spitze des Gaffelriggs) gut händelbar durch harten Wind. Ein Traum.

Wie es sich gehört, startet jede Schleireise am Schloß Gottorp. Das Schloß symbolisiert den gescheiterten Versuch des eigenständigen Herzogtums im 17. Jahrhundert zu einer europäischen Mittelmacht mit angemessener Armee zu werden. Durchaus in Konkurrenz zur Verwandtschaft. Das Schloß symbolisiert die Identität unseres Landes „up ewig ungedeelt“. Manchmal plünderten die Dänischen Verwandten die Kunstschätze in Richtung Kopenhagen. Wollten uns deelen. Manchmal wollten die preußischen Verwandten zu ihrem Vorteil neu „deelen“.

Das beeindruckende Luftbild zeigt die Schlossinsel des heutigen Landesmuseums und den steilen Anstieg des Geländes mit dem Tiergartengehege. Bis hierhin reichte die Kraft des Eckernförder Gletschers, der diese Landschaft „komplex“ gestaltete. Hätte es die kleine Zwischeneiszeit (die Mutter des Schnaaper Sanders) nicht gegeben, Schleswig und Eckernförde lägen an der gleichen „Schleswiger Eckernförder Bucht“.

Wir danken dem Photografen & Flieger Robert Keil für die meisterlichen Aufnahmen. Sieht man nicht die Erosionen der Möveninsel samt dem Fundament der Burg, von der aus Schleswig besiedelt wurde?

Sieht man nicht perfekt die vorwiegende Westwindströmung? Sieht man nicht gut, wie leicht man sich hier selbst mit nem Jollenkreuzer, mit der „Edith“ festfahren kann?

Im Blick das Millionengrab Wickingturm. Bodensanierung, Isolation oder Abriß werden Unsummen kosten und deshalb lieber bis nach dem Ende der Zeitrechnung aufgeschoben werden. In den 50igerJahren gab die Stadt Schleswig den Betreibern der Teerpappenfabrik die Genehmigung, den aufgegebenen Betrieb mit einer dünnen Kiesschicht verbuddeln zu dürfen. Man wusste es nicht besser. Aber ist mangelnde Klugheit bereits Unschuld? Dort am Rahmen von Roberts Flieger ging es hinein ins aufgeschüttete „Teglmoor“ wo die Reste einer versunkenen Schiffsflotte aus dem 17. Jahrhundert liegen.
Das Bild zeigt den kleinen Domhügel. Ich erinnere mich an ein Interview mit Fritz Laß: Der Dom steht sicher auf 9 Meter Höhe. Ist das so? Schaun wir mal.

Die gesamte kleine Breite im Blick voraus. Der neu entstehende Stadtteil „Freiheit“. Dahinter ist der Weg des Plastiks vom Brautseegraben nach Reesholm und in die grenzenlose Freiheit des Mülls (Mikroplastik) gut zu sehen. Ich erinnere mich an ein Schriftstück von Robert Habeck, damals Umweltminister des Landes, mit einer Anweisung an Herrn Schoofs, die Plastikverpackung doch bitte recht klein zu schreddern, kleiner als bislang, wegen der dann perfekten Sterilisationen. Er ist schon ein gebildeter Schlaukopf und ein Philosoph dazu und damit ein Vater des Mikroplastiks in der Schlei. Oh, wie schön das doch alles ist!

Stexwig ist eines der Nadelöre unserer Schlei. Die große Breite voraus! Da geht es entlang an der versunkenen Insel „Kocksbarg“ vorbei. Die Edith fliegt nur so im achterlichen Wind.

Davor auf der anderen Seite der B76 Damm. Bevor er geschüttet wurde, war der Weg von Eckernförde nach Schleswig lang. Er führte weit über die Selker Berge. Daher rührte die Wichtigkeit Missundes. Teile des Missunder Weges waren bereits gepflastert als andere Landesstraßen noch Matschpisten waren.

Ein weiteres meisterliches Bild von Robert Keil. Der Naturhafen, an dem eine ehemalige Weltstadt lag: der Schrecken der damaligen Welt. Durch den Bau des Dammes und Wasserspeisung nur durch die kleine Selker Au hat das Selker/Haddebyer Noor eine exorbitant schlechte Wasserqualität über Grund (sauerstoffrei) fast ohne Austausch mit der Schlei. Wissenschaftler unseres Vereines erforschen grad wie schlecht. Vielleicht kann die Museumsstiftung im traditionellen Selker Moddergrund ein „Freilichtmuseum“ für Schiffswracks unter Wasser errichten. Noch wissen wir wenig über die Erosion von Schiffswracks (Holz) im anaeroben Moddergrund der „Upper New York Bay“ des frühen Mittelalters. Aber ich erinnere mich an ein Interview, welches ich im Rahmen einer Ausbildung zum Landschaftsführer mit Dr. Kramer, dem Unterwasserarchäologen des Museums, führte und wie er bedauerte, so manches Wrack gefunden zu haben, dass nun nur eine Lagerlast darstelle…

Reesholm ist immer der erste „Meilenstein“ einer Schleireise. Die „Stexwiger Enge“ liegt am östlichen Rand der „Kleinen Breite“. Hier verteidigten die Wikingerräuber ihre Weltstadt Haithabu vor anderen Räubern. Sehr schön zeigt das dunstige Luftfoto die Möveninsel, die „Freiheit“, den Dom, den Wikingturm, links das Haddebyer Noor mit dem aufgeschütteten Damm der B76, das Ziegeleigelände Fahrdorf und eben Reesholm. Die moderne Archäologie nimmt sich gern die Ortsbezeichungen zu Hilfe, hinter der sich uralte menschliche Geschichte „versteckt.“ Stexwig ist die Wig an den gesteckten Pfählen. Eine Seeverteidigung der Wikinger zum Schutze Haithabus. Das Nationalmuseum Irland zeigt zwei Skelette mit den „dazugehörigen“ tragbaren Schwertern. Ein Wikingerschwert und ein irisches. Die kleineren Kelten hatten fast zwei Jahrhunderte keine Chance gegen die Wikinger und wurden alle sieben Jahre von diesen beraubt wie „gemolken“.

By the way: angeblich war die Schleiregion vom 4ten bis 6 Jahrhundert wegen einer Kaltzeit unbewohnt. Auf Reesholm haben aber Dänische Archäologen ein Langhaus aus eben dieser Zeit gefunden. Die „Harten“ waren also geblieben. Bleiben wir doch auch in Schleswig-Holstein in der Kaltzeit 2022/23, wo Wintertemperaturen von 19 Grad in unseren Häusern drohen & nach staatlichen Beihilfen schreien lassen. Lassen wir uns nicht erneut zur Auswanderung nach England verleiten!

Die Edith flitzt über die Große Breite. Karl Müller schreibt in seinem Buch: Die Schlei, eine Tochter der Ostsee: „Im Sommer ist es, als ob die Schlei aus ihrem Dämmerschlaf erwache, als ob dann das Leben der früheren Jahrhunderte zurück kehre. Dann belebt sich die blaue Wasserfläche mit schnittigen Booten…“

Ja, es geht an der Borgwedeler Ziegelei, an der Marina Schrader, am Schloß Louisenlund vorbei. Es geht durchs Gletchertor zwischen Burg und Kielfoot in die mittlere Schlei.

Robert Keil fotografiert die Seenlandschaft hinterm Gletschertor

Nur dem Ortskundigen erschließt sich die Vielfalt von Nooren, Buchten und „Fahrwasser“ der mittleren Schlei sofort. In der Mitte des Bildes die Halbinsel „Finsterstern“. Hier stand eine Kapelle, die am Jakobsweg lag und in der Reformation geschleift wurde. Eine Handvoll Freunde sammelten Geld für ihren Wiederaufbau über Nacht. Selbst die Peking Rundschau würde über das Wunder berichten. Als ein Freund starb, ein anderer krank wurde und ein weiterer an den Rhein zog wurde der anspruchsvolle Plan „über Nacht“ gecancelt. Die Kapelle steht jetzt auf 30 Pfählen versteckt in einem Karpfenteich im Schleidorf Bohnert. Melden Sie sich doch zur Besichtigung an.

Das nächste Foto zeigt die untergehende Insel Kieholm aber auch die beiden neuen Inseln Hakenhöft und Finsterstern, die in wenigen Jahrzehnten Insel geworden sein werden. In der Ferne bereits Lindaunis.

Blick auf die Liebesinsel Kieholm in Richtung Norden: Hafen & Ferienhaussiedlung Hülsen

Hat man die Liebesinsel passiert, wird das Fahrwasser eindeutig: in der Ferne lockt Lindaunis.

Die Edith hat keinen Motor und läßt sich gerne durchs Brückennadelöhr schleppen. Vorbei gehts an Karnöhr in Richtung Bienebek und Pagerö auf der Angeliter Schleiseite. Mich lockt der alte Kornhafen Bienebek zu einer Kaffeepause.

Knapp aber passt

Aber ich übernachte im Gunnebyer Noor. Am nächsten Morgen geht es hinaus nach Arnis und Kappeln und nach einer Übernachtung in der Maas am nächsten Morgen schließlich durch die Schleimündung.

Ein Wort zur Schleimündung. Es ist dies einer der schönsten Orte Deutschlands. Abbruch & Verlust eines Steilufers schaffen eine Nehrung, die sich ständig verändert. Wie ein Model der Welt kommt hier zusammen: Industrieller Tourismus, gespeist aus der Asphalttristess der Großstädte. Bedenkenloses, profitsüchtiges Bauen zulasten aller Natur und gleichzeitig die Sucht der Menschen das alles unter der eignen Egide untergehen sehen zu dürfen: den Vogelschutz Jordsands und die Lotseninsel im Blick & das smarthome regierte Appartment im Rücken. Deutlicher als an der Schleimündung kann man die Welt Schleswig-Holsteins in ihren Gegensätzen nicht darstellen.

Hier kreuzt die Edith unendlich viele Schläge nach Nord, denn das Ziel liegt im Norden: die Geltinger Bucht und Langballigau.

Blick nach Norden, Schleimündung, Giftbude
Sonnenuntergang in der Geltinger Bucht, Blick auf Habernis


Das traurige Ende meiner „Edith“, das ich nie verarbeiten werde: lost by love! Die „Schleireise“ war ihre einzige Reise mit mir.

Für das SIEZ®, im Februar 2023, Karl Walther

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Blaualgen in der Schlei – krankes, „stöhnendes“ Wasser

Blaualgen in der Schlei – krankes, „stöhnendes“ Wasser

Ab Mitte August fiel vielen Schleianrainern die Vermehrung von Cyanobakterien auf. Vor allem auf der großen und kleinen Breite, in kleinen Buchten und windauflandigen Stränden waren grüne, grieselige Schlieren bis dicke Teppiche zu beobachten – krankes, stöhnendes Wasser.

Cyanobakterien in der Schlei

In Missunde und Bohnert nahmen wir Proben und machten Fotos. Die Proben zeigten unter dem Mikroskop „wildes“ Bakterienleben und die deutlichen Cyanobakterienstrukturen. Man kann die Chlorophyllzellen deutlich grün erkennen. Ebenso verschiedenste Strukturenkombinationen. Die Probengläser mit den Wasserprobenresten färbten sich nach Absterben der Bakterien am nächsten Tag blau.

Die Wassertemperatur über Grund variierte zwischen 22 bis 24 °C in einer Tiefe zwischen 1 bis 3  Metern. Wir maßen bei Hellör Badestelle unter dem Blaualgenteppich in 2,5 Metern Tiefe 0,4 mg/l Sauerstoff, also quasi sauerstofffreies Wasser. Hier lag die Sichttiefe bei 45 cm, ansonsten überall um die 50 cm.

Bei Tonne 61 hatten wir im Oberwasser bei 24 °C und 8 mg/l Sauerstoff (93% Sättigung), in 3 Metern Tiefe 22,7 °C und 7,07 mg/l O2 (82 % Sättigung)

Am Schwansener Ufer in Missunde in 2,50 Metern Tiefe war der Grund kiesig, die Temperatur lag über Grund bei 23 °C und über Grund maßen wir 8,14 mg/l Sauerstoff (94 % Sättigung). Dies ist eine typische Sommersituation. Gute und schlechte Werte mischen sich. Allerdings fehlt Wind zur Durchmischung der Wasserkörper.

Der Schleigrund ist warm! Es ist Phosphor genug für die Cyanobakterien vorhanden. Die Stoffwechselprodukte dieser Bakterien sind giftig und verursachen bei Badenden Übelkeit, Erbrechen und Durchfall. Im Juli und August läßt kein Schleianrainer selbst seinen Hund in die Schlei.

Die Verarbeitung der absterbenden Bakterienmassen verbraucht  Sauerstoff, den wir unter den Teppichen gemessen haben. In Bohnert maßen wir bei 1,5 Metern Wassertiefe unter dem Blaualgenteppich bei 24 °C 6,4 mg/l Sauerstoff, an strömungsreichen Ufern mehr, in Buchten kann man von Sauerstofffreiheit ausgehen.

Cyanobakterien kommen zu allen Zeiten in allen Gewässern vor. Im Frühjahr und Frühsommer entwickeln sich allerdings die Grünalgen massenhaft. Solange gelöster Stickstoff im Gewässer vorhanden ist, kommt es zu einer exorbitanten Grünalgenblüte, die Sichttiefen gehen meßbar zurück und erreichen Werte von unterhalb „Knietiefe“. „Bade niemals in einem Gewässer wo du die Füße bei Knietiefe nicht sehen kannst…“ ist ein Bonmot der Ministerialbürokratie in Kiel. Dann sterben die Grünalgen ab, sinken auf den Gewässergrund und zersetzen sich dort zu fauligem Schlamm. Sauerstoff wird verbraucht und Faulschlamm entsteht. Darüber haben wir oft  berichtet. Es sind Millionen Tonnen Faulschlamm auf dem Schleigrund vorhanden (nach unserer Schätzung 6 bis 7 Millionen Tonnen). Durch Wärme über Grund setzt Rücklösung ein und Phosphor aus interner Quelle steht den „Blaualgen“ zur Verfügung. Wenn die Blaualgen sterben, wird erneut Sauerstoff benötigt. Es kann auch zu einem breitflächigen Fischsterben kommen. Der Schleigrund bleibt sauerstoffarm. Die Cyanobakterien nutzen die fehlende Konkurrenz der Grünalgen. Diese sind von gelöstem Stickstoff unabhängig und können „Luftstickstoff“  nutzen. (80 % unserer Atmosphäre besteht aus Stickstoff).

Im März 2022 hat das SIEZ® auf die außerordentlich hohen Phosphatwerte im Schleiwasser hingewiesen.  Damals im März waren 0,51 mg/l PO4 im Massenwasser zu finden. Das entsprach der 4-fachen normalen Konzentration.

Wir haben das Massenwasser noch einmal auf Phosphat untersuchen lassen, wiederum bei AGROLAB. Heraus kam am 22.08.2022 ein Wert von 0,91 mg/l Orthophosphat (entsprechend 0,3 mg Gesamtphosphat) in der Königsburgfahrrine in 1 Meter Tiefe. Ein doppelt hoher Wert als der im langjährigen Mittel. Und: Ein Wert bereits am Ende der Massenblüte der Blaualgen, also ein „Restwert“.

Der Klimawandel hat bereits schon längere Zeit den Schleigrund erreicht und setzt Nährstoffe durch Rücklösung in unbekanntem Umfang frei. Auch wenn aus externen Quellen, wie den Klärwerken und der Landwirtschaft, keine Nährstoffe in die Schlei gelangen, düngt sie sich nun intern.

Es sind genug Nährstoffe am Gewässergrund festgelegt, die jetzt durch die Wärme des Klimawandels rückgelöst werden. Eine verflixte Situation!

Gustaf Scheubler wurde im Februar 1918 zum Kriegsdienst eingezogen und schrieb ein Gedicht. Unsere Situation an der Schlei erinnert mich an das Thema.

Treib nie dein Spiel mit einem treuen Herzen
Daß sich dir frei und rückhaltslos ergibt.
Es kommt die Zeit, da Du mit Sehnsuchtsschmerzen
Nach einer Seele trachtest, die dich liebt.
Dann wünschest du zurück mit heißen Tränen
Welch Reinheit Du dereinst im Übermut verschmäht.
Doch deiner Klage wird als Echo tönen
Das hoffnungslose Donnerwort: Zu spät! Zu spät! Zu spät!

Alle Fragen zur Rücklösung können nur sorgfältige Messungen mittels des Forschungsfloßes beantworten! Wann beginnt sie? Wie hoch ist sie? Wann ist es wie warm auf dem Schleigrund. Das muß man einfach wissen!

Man muß es sich folgendermaßen vorstellen: die Grünalgenblüte führt zu einer Faulschlammneubildung von 1 bis 2 mm/Jahr (Nach Angaben des Ministeriums). Die  Massenvermehrung der Blaualgen verbraucht genauso Sauerstoff des Schleiwassers und eine zusätzliche Faulschlammneubildung kommt hinzu. Vielleicht noch einmal 1 mm/Jahr. Wir befinden uns damit in einem sich beschleunigenden Prozeß.

Da es im Klimawandel zunehmend zu höheren Gewässertemperaturen kommt, ist mit einer häufigeren Blaualgenblüte in Zukunft zu rechnen. Wirkliches Wissen über die Rücklösung hat niemand. Wir vom SIEZ® wollen dieses Wissen erwerben. Das Forschungsfloß des SIEZ® wird zweimal wöchentlich das Schleiwasser bei AGROLAB beproben lassen und zusätzlich das Schleiwasser unter dem Mikroskop untersuchen und die Temperatur und viele andere Werte ständig messen.  Es besteht die Möglichkeit der vorzeitigen Warnung und Weiterleitung der SIEZ®– Informationen an das Land, die Ämter, Kreise und Gemeinden und an die Tourismusbranche. Es besteht die Möglichkeit der Teilhabe an diesen Daten.

Das Forschungsfloß des SIEZ® wird im Herbst 2022 fertig sein.

Zuallererst müssen wir die Schlei „unten“ & „oben“ & „innen“  verstehen lernen. Erst nach dem Verstehen der Symptomatik kann man Verbesserungsvorschläge & Warnszenarien erarbeiten & debattieren.

Dipl.-Ing. Karl Walther (Vorman SIEZ®)

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Die Schlei im Herbst, ein verlorenes Paradies?

Die Schlei im Herbst, ein verlorenes Paradies?

Am Ende des Herbstes 2021 versuche ich Bilanz zu ziehen über „Die Schlei im Herbst“. Fairerweise muss zugesetzt werden: mit dem subjektiven Blick des Vorsitzenden des SIEZ® Auch wenn wir Wassserproben analysieren, es bleibt immer der subjektive Blick auch über objektive Fakten, wo wir proben, was wir proben…

Also lasse ich zuerst anderen den Vortritt. Für einen wichtigen Wissenschaftler an der Schlei sind es die vielen Quallen, die seinen Blick auf die Schlei im Herbst prägten und die das Potential haben, die Schlei nachhaltig umzuprägen, wie vor 20 Jahren die Wiederkehr des Kammlaichkrautes an den Schleiufern.

Für einen Fischer waren es die vielen Kormorane und die Quallen, die selbst im späten Herbst die Fischerei mit Korbreusen erschwerten. Er klagte: „der Fisch wird knapp, manchmal ist da kein Fisch…“

Für einen Fährmann waren es die vielen Fahrradtouristen, er hat sie mitgezählt, sie kamen selbst spät im Jahr noch in Scharen. Die Quallen gingen mit den sinkenden

Temperaturen „auf Tiefe“ und wurden erst Ende November weniger.

Die Fahrradtouristen, selbst im September ,waren keineswegs „öko & gelassen“ drauf, sondern tlw. „rüde, schnell, manchmal aggressiv“. Der Tourismus an der Schlei beginnt viele zu „nerven“. Man spürt keine Vorteile und die frühere Vertrautheit mit den alten „Stammgasttouristen“ schwindet. Schleitourismus wird ein anonymes Massenphänomen. Eine Antihaltung entsteht vielerortens.

Für die „Agrar heute“ ist wichtig: die seit 2019 gestiegenen Düngemittelpreise. Der Preis für „Stickstoff“ KAS (Kalkammonsalpeter) liegt bei 565 Euro/Tonne und ist knapp, kaum noch zu „ordern“. Der fast dreifache alte Preis von 200€/t.

Schaumteppiche & sterbende Quallen querab Dallacker Anfang November, Foto: K. Walther

KAS ist für die Landwirte hervorragend zu händeln, die Gaben können zielgerecht eingesetzt werden, ja nach Bedarf der Kulturen. Bei diesem Stickstoffpreis ist das Frühjahr absehbar. Den „Stickstoff“ muss billige Gülle en mass bringen. Gülle ist in seiner N-Berechnung „unberechenbarer“ als KAS. Viel hilft viel. Da kommt etwas auf die Schlei zu.

Für mich war der Herbst 2021 von den vielen Quallen bis Ende November geprägt. Von den vielen Schaumteppichen auf der Schlei. Vom außergewöhnlich hohen Phosphatgehalt des Wassers, der auf seinen Stickstoff wartet, von der recht guten Sichttiefe, vom Gesamteindruck der Schlei, da ich etliche Male die gesamte Schlei entlang fuhr.

Port Olpenitz von Olpenitzdorf aus gesehen, Foto: K. Walther

Kommt man von „Port Olpenitz“ einer Ferienhaussiedlung für 4 bis 5ooo Menschen, prägt der Bau der Schleiterrassen den subjektiven Blick. Schleimünde beginnt Svendborg/Taasinge zu ähneln. Segeltourismus und ökonomische Nutzung der Schleiufer haben hier bereits den Prägestempel übernommen. Langsamkeit, Nutzungsgelassenheit, Handwerklichkeit, Urtümlichkeit – das verschwindet.

Blick auf die „Schleiterrassensiedlung im Bau“ von Grauhöft aus gesehen, Foto: K. Walther

Beton, Gewinnstreben & Tourismustristess machen sich breit.

Zu „messbaren“ Subjektiven: den Temperaturen, Sauerstoffgehalten Nährstoffgehalten des Massenwassers und den Frachten einiger Auen in unserem Betreuungsgebiet, den Sichttiefen und einigen hygienischen Parametern.

Durchweg haben sich die Sichttiefen verbessert. Sie lagen sowohl in der großen Breite wie auch in der Fahrrinne Königsburg bei 1,40m.

Die Sauerstoffgehalte lagen bei einströmendem Wasser überall bei 100 Prozent und plusminus 11mg pro Liter. Die Temperaturen des Schleiwassers lagen im November um die 6,5 Grad. Keine deutliche Tiefenschichtung. Merkwürdig war die Temperatur in der „stillen Ecke“ Burg/Riesboer ganze 2 Grad wärmer. War das „älteres Westwindwasser“ außerhalb des Hauptstromes? Eine warme Restwassermasse?

Das Massenwasser zeigt hohe Phosphorwerte: 0,51 mg/l PO4. Das sind die 4- bis 5- fachen Werte der normalen Winter/Herbstkonzentration. Woher kommt das?

Die Koseler Au führt 26mg/l NO3 also 5,91 mg/l rein N. Der normale Wert, den wir häufig um diese Zeit auch mit eigenem Labor messen.

Mal schauen, wie der sich bei beginnenden Düngungen erhöht. Der Phosphorwert der Au entsprach dem des Massenwassers. Ist das ein Hinweis auf hohe P-Frachten aus den Auen? Das scheinen die Werte der Hüttener Au/Osterbek zu bestätigen. Der PO4 Wert lag bei 1mg/l. Der NO3 Wert war „niedriger“ mit 15mg NO3/l.=3,3 mg/l rein N.

Hier fielen die hohen Colibakterienwerte von 2000 Kolonien auf und 1000 Enterokokkenkolonien. Es gelangen eindeutig Fäkalien in die Au. Das bei niedrigen Wassertemperaturen. Das läuft auf ein Badeverbot/Badewarnung am Fleckebyer Strand im Sommer hinaus, wenn die Quelle der Einträge nicht gefunden wird. Sie zu finden ist eine einfache Fleißaufgabe, wenn man sie denn überhaupt finden will. Das Auwasser vermischt sich mit dem Brackwasser der Breite nur langsam und fließt nach Beobachtungen des SIEZ uferparallel bis Weseby. Ständen Geldmittel für die AGROLAB Untersuchungen (kosten dem SIEZ viel Geld) zur Verfügung, könnte man bis Weseby hohe Keimfrachten als Strömungsmarker nachweisen.

Erfreulich ist die Riesebyer Situation beim Einlauf des Riesebyer Klärwerks bei Stubberholz. Keimfracht, Phosphatgehalt und Nitratgehalt sind hier unbedenklich niedriger geworden. Wir maßen bei 80cm Wassertiefe in 50 Meter Entfernung von der Petribekmündung. Näher kamen wir nicht ran. 15 Kolonien Colibakterien, keine Enterokokken, moderate Nährstoffwerte. Prima!

Das Massenwasser bei der Königsburg wurde wie immer aus der Mitte von 4 Metern Tiefe entnommen, also aus 2 Metern Tiefe. Alle Werte von AGROLAB.

Einiges weniges messen wir also vom SIEZ®. Auf unserer Homepage finden Sie einen Artikel über die Schwierigkeiten beim Messen wichtiger anderer, bislang unbekannter Parameter: dem genauen Mikroplastikgehalt von Heringslarven z.B. in Schleisedimenten und einigen Fischnahrungstieren. Das messen wir nicht. Somit fehlen uns die Daten, wann die Nahrungskette auch in der Schlei reißt und letztendlich der Fisch nicht mehr satt wird, weil „irgendjemand“ aus dem Benthosreich in der Fresskette zu „mikroplastiksatt“ ist und gleichzeitig verhungert.

Auch den Reifenabrieb in den Auen und Vorfluten etc. messen wir selten über die „Marker“ Zink und Cadmium im Bachsediment.

Die Gewässerverbände sollten das tun.

Wir wollen demnächst nur einen kleinen zusätzlichen Ausschnitt messen: die Phosphorrücklösung bei verschiedenen Bedingungen über Grund der Faulschlämme. Dazu bauen wir ein Forschungsfloß und suchen die Zusammenarbeit mit wichtigen Forschungsinstitutionen. Das regt viele Behörden (Ministerium und Kreisbehörde) dermaßen auf, dass ich als Vorsitzender des SIEZ und Hauptinitiator des Forschungsfloßes das Gefühl habe, etwas Kriminelles & vollkommen Verbotenes zu planen & zu tun. Das soll doch besser im Verborgenen bleiben, dieses Stück Klimawandel.

So schreibt uns die UNB Rendsburg: „Das Gebiet der Schlei ist insgesamt durch eine hohe Dichte an Wassersportanlagen gekennzeichnet, so dass eine weitere Anlage (das FF Anmerkung des Verfassers) kritisch einzuschätzen ist.“

Die UNB Rendsburg führt also einen regelrechten Atomkrieg gegen das Forschungsfloß. Das Forschungsfloß von 8 mal 8 Metern wird die Schilfgürtel der Schlei „vernichten“ & den Vogelzug auf der Schlei „zum Erliegen“ bringen. Enten & Gänse kommen mit Port Olpenitz und den Schleiterassen, den Segelhäfen & Marinas klar, nicht aber mit dem 8×8 Meter FF des SIEZ! Wer hat denn im Vordem all diese „hohe Dichte an Wassersportanlagen“ genehmigt? Waren das nicht dieselbe UNB und dieselben Mitarbeiter?

Na dann. Das „Böse“ an der Schlei ist wirklich der Umweltschutz! Er macht „Schmutz“ erst durch Messen zu „echtem Schmutz“. Bekämpft & verhindert man am besten den Umweltschutz! So wird die Schlei wieder „sauber.“ Solch ein Sarkasmus entsteht im Herz eines Umweltschützers beim Lesen solcher Ablehnungsschreiben.

Es braucht für das SIEZ alle vorhandene Kraft, das FF fertig zu bauen. Es braucht noch mehr Kraft, einen Platz für das FF gegen alle beharrlichen Weigerungen & Barrieren der Rendsburger/Kieler Behörden & mancher kurzdenkender Fischer durchzusetzen. Nationale Presseberichte über das fertige Forschungsfloß, dass nicht forschen darf, werden vielleicht nötig werden. Unterschriftensammlungen in unseren Dörfern.

Ein Riesenkraftakt! Diese Widerstände sind Teil des schlechten Zustandes der Schlei.

Will man, dass wir aufgeben, damit die Phosphorfrage im Dunklen bleibt? Klärt man so die Nährstoffproblematik wirklich? Das FF gerät zum Symbol des „Nicht aufgeben wollens“, zum Symbol einer Liebeserklärung für die Schlei, die unglückliche Tochter der Ostsee.

In anderen Ländern hätte man solch ein Projekt großzügig unterstützt.

Ich bin & bleibe dankbar dafür, ein Stück mehr meiner Heimat demütig begreifen zu dürfen.

                                                     Karl Walther, Vormann des SIEZ®

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Schlei-Eis – die Schlei im Spätwinter / Vorfrühling 2022

Schlei-Eis – die Schlei im Spätwinter / Vorfrühling 2022

Beim Beproben von Winterwasser fiel die grüne Farbe des Schleieises auf. Das Eis ist auch nährstoffhaltig. Mit eigenem Labor erreichte der Nitratgehalt die Nachweisgrenze von 6mg/l, das Wasser darunter erreichte diese Grenze nicht. Eine genaue Agrolab-Untersuchung und digitale Mikroskopbilder werden beim nächsten Schleieis folgen. Beim Mikroskopieren sieht man sowohl in Dünnschichtmikroskopie des Eises wie auch im getauten Eis zahlreiche grüne „zerrissene“ Zellreste. Wir werden ab April 2022 ein SIEZ Büro in der Hauptstraße (B76) in Fleckeby neben dem Blumenladen haben, mit einem Labor, das auch digitale  Mikroskopbilder zulässt, also in Zukunft mehr…

Abb. 1: Das Foto zeigt Schlei-Eis vor der Mikroskopie (Foto: Karl Walter)

Mit Wissenschaftlern des Vereines diskutierte ich die Vorgänge beim Abkühlen des Schleiwassers im Winter zu Schleieis.

Im Vorweg: Beim Gefrieren dehnt sich Wasser aus, seine Dichte wird geringer. Aber durch die Anomalie im Dichteverlauf nimmt die Dichte bei seiner Erwärmung auf ein Grad, zwei Grad, drei Grad erstmal zu. Es hat seine größte Dichte bei 4°C. Dann nimmt die Dichte kontinuierlich ab und das Volumen zu (s.a. Meerespiegelanstieg). Durch die gelösten Salze im Brackwasser mag die größte Wasserdichte beim Schleiwasser bei vielleicht 2 °C liegen.

Vielleicht ist es auch wert zu wissen, dass das Schleiwasser beim Gefrieren Eiskristalle bildet. Alle Wassermoleküle sind durch Wasserstoffbrückenbindungen miteinander dynamisch verbunden. Bei Energiemangel (Kälte) „erstarren“ diese Molekülbindungen, Eis entsteht. Die anziehenden Wechselwirkungen zwischen den Molekülen sind stärker als die „Aufregung“ durch die Wärmeenergie. Das wissen auch Liebende – Beziehungen erstarren & zum Auftauen eines abgekühlten Partners braucht es sehr viel Energie.

Übrigens braucht es auch Kristallisationskeime („Schiet“). Hochreines Wasser gefriert erst bei nahe minus 40 Grad.

Was also geschieht beim Abkühlen des Schleiwassers, zumeist von den Uferrändern her? Sich abkühlendes Uferwasser sinkt ab und verdrängt tieferes nährstoffreiches Wasser in einem dynamischen hydraulischen Prozeß. Das die Sommeralgenfracht verdauende Tiefenwasser gelangt so an die Ufer, bis sich im Idealfall die Schichtung des Schleiwassers herstellt. Der dynamische Strömungsverlauf „verlädt“ einen Teil der Sommerfracht an die Ufer, wo es dann gefriert = grünes Eis.

Ingeborg Bachmann beschreibt diesen Prozeß  in ihrem Gedicht „Die große Fracht“ so:

            Die große Fracht des Sommers ist verladen
            Der Frost des Winters steht bereit
            Wenn hinter dir die Möve stürzt und schreit
            Die große Fracht des Sommers ist verladen (sie war wohl oft zu Gast bei uns)

Das Schleirandeis ist also grün und nährstoffreich. Leider  sind diese Vorgänge noch komplizierter. Einer der Wissenschaftler machte uns auf das Phänomen der „Reinigungsdestillation“ von gefrierendem Wasser aufmerksam, das seinen „Dreck & seine Salze“ als Kristallisationskeime sowohl braucht als auch ausscheidet. Gründliche Untersuchungen auch der Unterschiede im Mineralgehalt von Eis und Schleiwasser darunter werden im Winter 22/23 erfolgen. Wissen ist sexy auch wenn es zunächst sinnlos scheint.

Dieser Winter war geprägt von Regen & Wind. Mehrfach verließ das Schleiwasser die Furt und tauschte sich mit einströmendem Ostseewasser aus. Allein im Februar dreimal. Es wäre „cool“ gewesen, die damit verbundene „Wasserverbesserung“ mit jedem Sturm zu messen. Das Forschungsfloß „Mumpelkawumpel“ wird dazu die Daten liefern. Momentan steht das Maschinenhaus mit Solardach, das Richtfest hat schon stattgefunden. Die Fertigstellung schreitet voran.

Neue Grünalgenproduktion ist bei 6,6 °C in ein Meter Tiefe in der Fahrrinne im Gang. Die Sauerstoffsättigung liegt bei 130 Prozent. Die Sichttiefe nimmt um 20 cm ab (liegt bei ca. 120cm)

Der Winter hat an Kieholm und an „Heidruns“ genagt.

Ein Wort zu den Kormoranen (s. Abb. 4): Meist fahre ich aus pers. Gründen mit dem Vereinsboot zur Königsburg und fahre dann durch die Kormoranschwärme von vielen Tausend Seeraben. Diese kreisen die Heringsschwärme ein und fressen sich voll. Tausende Heringe werden angepickt und selbst die lauernden Möven werden ihrer nicht Herr. Der Hering in Abb. 7 treibt z.B. beim Lustberg an. Ich habe mir zu meinem 67.ten Geburtstag 17 Stück frisch getötete aufgelesen – für Brathering in Sauer.

Meine Meinung dazu als ehemaliger Fischer: So geht das nicht! Hier wird vermeintlicher Vogelschutz zu einer bestialischen Angelegenheit. Die Fischer haben voll und ganz recht. Man bestraft sie für ihre schonende, handwerkliche Fischerei mit Sanktionen, will den Hering fördern und rottet über den Kormoranschutz den Hering kräftig aus. Ich war mitten drin in solch einem Gemetzel. Siehe Abb. 4 und Abb. 7.

Die Einlassung zu den Kormoranen ist die persönliche Meinung des Vormanns des SIEZ® nicht die des Vereines.

 17. März 2022

Abb. 2: Heidruns kurz vor der Passage Dom & Wikingturm im Hintergrund (Foto: Karl Walter)

Abb. 3: Trotz der Einwände von Jägerschaft & Naturschutz wurde ein Wanderweg durch die Stexwiger Niederung gebaut. Ein Paradies für nicht angeleinte Hunde. Massenhafte Radreifenspuren weisen daraufhin, dass es sich um ein Teilstück der touristischen Vollerschließung der Naturräume handelt. Die bauliche Ausführung verhindert den Radtourismus nicht. Ebenfalls äußerst mangelhafte Beschilderung. Die Schlei als Ware… (Foto: Karl Walter)

Abb. 4: Kormorane auf der Jagd – kein Kommentar (Foto: Karl Walter)

Abb. 5: Aufgesammelt… Diese Heringe haben den Angriff der Kormorane nicht überlebt (Foto: Karl Walter)

Abb. 6: Kormorane – das Wasser nach einem Angriff (Foto: Karl Walter)

Abb. 7: Bissspuren (Foto: Karl Walter)

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