Straßenabflüsse – ein Problem auch an der Schlei ?

Last Updated on 3. Februar 2020

Erster Teil: das Problem

Bereits drei Mal wurde das SIEZ® zum Fischsterben im Burgsee gerufen. Dort in der Niederung unterhalb des Kreishauses sterben immer wieder nach langen Regenperioden große Barsche in einer Menge, die dem kleinen Grabensystem (etwa 8ha) zwischen der Schlossinsel und dem Thiessenweg/alter Schießstand dort nicht zukommt. Ich vermute, dass die Niederung nach langen Regenfällen „umkippt“ und sich die Barsche der Umgebung hier am „rotten Grund“ satt fressen, bis es sie selber „erwischt“. Fundort der Barsche ist die Überlaufeinleitung unterhalb des Kreishausparkplatzes.

In dieser Niederung kann man äußerst niedrige Sauerstoffgehalte dort unter 3mg messen und reichlich Abwasserpilzfäden finden. Eine anatomische Sektion der Barsche konnte vom SIEZ® (leider) nicht erfolgen, weil jedes Mal frische tote Exemplare fehlten, diese sofort beseitigt wurden. Erst jetzt haben uns einige Bewohner des Thiessenweges nach Gesprächen am Gartenzaun zugesichert, uns rechtzeitig für eine Sektion zu informieren.

Abb. 1: Die Autobahn A7 erklimmt die Pöhler Höhe bei Schleswig (bis 46m NN), das Straßenwasser läuft 1 zu 1 über den Panzergraben in die Schlei und in den Straßennebenraum
Abb. 2: Ein SIEZ®-Mitarbeiter nimmt eine Wasserprobe des Panzergrabens unterhalb der Autobahn, Treppenabsturz vom Wasser der Dannewerker Niederung plus A7 Oberflächenwasser ungeklärt
Abb. 3: Einige Tage tote Barsche beim Herbstfischsterben 2019 nach langen Niederschlägen beim Kreishaus unterhalb Parkplatz, milchig grau das Wasser vom Abwasserpilz in der Niederung tlw. Schneeweiß. Im Jenner 2020 das Wasser=glasklar, da keine Überläufein der Mischkanalisation
Abb. 4: Unterhalb der Kahmhaut ist der Abwasserpilz als weißer Belag zu sehen, tlw. vom verockerten Moorwasser eingefärbt (Niederung Windallee)

Dieser Vorgang brachte uns im SIEZ® zur Frage, ob die Barsche im Burgsee vielleicht auch noch durch andere Einflüsse vorbelastet sein könnten. Zum Beispiel durch Mikroplastik. Dies brachte uns zur Frage der Einleitung von Reifenabrieb in die Schlei als möglicher Vorbelastung, als möglichem Vitalitätsverlust. Daneben ist das Problem des inzwischen regelmäßigen Barschsterbens wohl vor allem eines der Sauerstoffknappheit nach langen Regenfällen im Burggrabensystem und eines der Kanalisation der Stadt Schleswig beim Kreishaus. Es kommen zu Zeiten der „Regenfrau“ (Das Land ertrinkt im Regenmeer) 3 Faktoren zusammen: große Nährstoffreserven der Niederung kommen in den Fluß, die Mischkanalisation „schwappt über“ und dazu dann (die Wege stehen beim Burggraben bereits unter Wasser) die Abschottung zur Schlei, die dazu nicht sonderlich gepflegt wird. So verklemmte über den gesamten Januar 2020 ein Stück Moorholz die eigentliche verschlossene Klappe, worauf uns Anwohner aufmerksam machten. Nun schmort das System im hohen BSB Bedarf und „kippt“ um. Ein Sauerstoffschlauch und ein Kompressor am Parkplatz würden das verhindern, ein Gitter im Verbindungsrohr zum Burggraben ebenso. Aber dazu bräuchte es ein Einräumen der Probleme. Soweit ist Schlewig noch nicht. Doch gehen wir an dieser Stelle nur einem möglichen zusätzlichen Vitalitätsverlust durch Mikroplastikeinleitungen in den Burgsee nach.

Etwa 120.000 Tonnen Reifenabrieb/Jahr soll es in Deutschland als unterem Schätzwert geben. Ein bisher vernachlässigtes Problem des Deutschen Heiligtums „Auto“. Der Reifenabrieb setzt sich „als Depot“ in der Rauhheit der Straße ab und wird mit dem Niederschlagswasser kontinuierlich in den Straßenseitenraum (60Meter links und rechts neben der Straße) und in die Vorflut gebracht. Schätzungen des Bundesumweltministeriums berechnen pro Reifen bis zu 50mg Reifenabrieb pro km. Vielleicht passieren 30.000 Fahrzeuge zusammen die A7&B76 täglich. Das sind 11 Millionen Fahrzeuge im Jahr. In die Schleivorflut geraten bei einer Eintragslänge von geschätzt 500 Metern 5 Millionen mal 200mg Reifenabrieb in den Straßenseitenraum und ein Teil davon in die Schleivorflut. Wie lange gibt es diese Straßen? Da kommen viele Tonnen Reifenstoffe zusammen. Es gibt Stoffe, die partikelgebunden/sedimentgebunden bleiben und wasserlösliche Anteile. Es besteht die bewährte Möglichkeit in Absetzbecken (Regenwasserrückhaltebecken) die Sediment- und Partikelfracht tlw. aufzufangen und zu klären/deponieren.

Das geschieht weder bei der A7 noch bei der B76

Die Wasser/Sedimentfracht (außer Straßenseitenraum) läuft 1 zu 1 in den Panzergraben und deponiert sich dort (s.a. Abb. 1 und Abb. 2). Das Wasser mit seiner Teilfracht läuft über den Burgsee in die Schlei. Der Panzergraben mündet im westlichen Burgsee und speist ihn mit der Vorflut der Dannewerker Niederung und mit den Abwässern der großen Straßen A7 und B76. Er ist teilverrohrt (s.a. Abb. 5, Abb. 6 und Abb 7).

Abb. 5: Skizze Verlauf Panzergraben
Abb. 6: Der Panzergraben entwässert die Dannewerker Niederung hier etwa 250m südwestlich der Autobahn
Abb. 7: Teilverrohrtes Stück vor der Autobahn, hier verschwindet er in der Tiefe unter der Autobahn (tonaufgeschwemmtes Wasser)

Zwei Vorstandsmitglieder des SIEZ® lasen sich in die Literatur des “bast“ (Bundesamt für Straßenwesen) ein und beschlossen eine „kleine Untersuchung“ zum Thema. So nahmen wir 2019 jeden Monat eine Einzelprobe Wasser und Sediment unterhalb der B76. Hier läuft das Straßenwasser der B76 pur in den Panzergraben, ohne vorherige Absetzung. Davor einige 100 Meter entfernt das Gleiche mit der A7. Aus diesen eingefrorenen Einzelproben machten wir eine Sammelprobe und ließen sie von AGROLAB Kiel untersuchen. Als Referenzprobe diente eine Sediment/Wasserprobe des Panzergrabens im Dannewerk oberhalb der Autobahn und eine Sediment/ Wasserprobe einer typischen Schleiau mit wenig Straßenverkehr, der Lindau in Höhe Rehberg. Hier vermuteten wir sehr wenig/keinen Reifenabrieb.

Abb. 8: Auf dem Autobahndamm stehend mit Blick ins zauberhafte Eiszeittal der Au oberhalb Treppenabsturz rechts

Zusätzlich wurde mit Genehmigung des Wasser und Bodenvorsitzenden des Dannewerks ein Barsch im Panzergraben 50 Meter abseits/unterhalb der B76 gefangen und einer aus meiner eigenen Schleiau. Beide wurden zur Untersuchung bei der LUFA eingefroren. Sie wurden von der Lufa auf Cadmium, Blei und Zink untersucht.

Abb. 9: Der Panzergraben an unserer Probenentnahmestelle im Jahr 2019, links kommt das Straßenabwasser direkt von der B76 ebenso wie von rechts

Fußnote: Im Nebenbei: der Panzergraben trägt seinen Namen aus der Zeit des Nationalsozialismus. Die Nazis wollten zum Ende des Krieges einen riesigen Panzergaben quer durchs Land bauen. Das gesamte jetzige Weltkulturerbe sollte von Zwangsarbeitern „ausgehoben werden“. Einem Dänischen Nationalsozialisten mit Kontakten zu Himmler gelang es, dies der „Wolfsschanze“ rechtzeitig auszureden. Da waren erst 80 Meter Weltkulturerbe vernichtet. 9.000 Spatenschaufeln standen bereits für die Gefangenen bereit. Der Graben sollte dem Ostwall über Möhlhorst bis Windeby folgen. Aber es kam niemals ein Panzer aus Norden.

Die Grenzen eines „kleinen Vereinsprojektes“

Wir im SIEZ® sind uns vollkommen bewusst, dass zu einer wissenschaftlichen Aufarbeitung des Themas viel mehr gehört: ein Monitoring der Niederschläge und der Bau von Niroauffangbecken, kontinuierliche Analysen ebenso wie Sammelproben, die Errechnung von Abbauraten, die Errechnung von Frachten im Jahresverlauf, eine fachlich einwandfreie Trennung von Sediment und Abflusswasser, die Berücksichtigung der Bodenarten im Frachtsediment. Etliche Probefänge von Barschen im Burgsee/Panzergraben zur Erzielung einer Datenmenge, die statistische Einschätzungen zulässt, mehrere Messstationen bis hin zur Schlei, wo am Wikingturm das nächste Problem wartet: Beprobung der Straßenseitenräume. Solch eine Untersuchung kostet eine 5 bis 6 stellige Summe und dauert über ein Jahr. Die Kosten solch einer Untersuchung bewegen sich in der Größenordnung des Baus eines Rückhaltebeckens. Wir vom SIEZ® hatten dagegen nur wenige Hundert Euro Spendengeld  zur Verfügung  (Ein Dank an dieser Stelle an den BUND-Sl). Der Zeitaufwand für das kleine Projekt war bereits immens und drohte den ehrenamtlichen Rahmen zu sprengen. Unser Ziel war vielmehr eine Antwort zu finden auf die Fragen:

  • Gibt es da überhaupt ein Problem und wie groß könnte das Problem sein?
  • Ist das Ergebnis eventuell besorgniserregend für die Fauna im Burgsee?
  • Ist Vorsorge gefragt? 

Das war unsere Fragestellung.

Zweiter Teil: Konzentrationen und Frachten organischer Schadstoffe im Straßenabfluß.

Heft V295 der Bundesanstalt für Straßenwesen DIETER GROTEHUSMANN und Kollegen

„Systematische Untersuchungen zur Belastung der Straßenabflüsse mit organischen Schadstoffen, die z.B. in Weichmachern, Tensiden, Klebstoffen, Lacken, Korrosionsschutzadditiven, Benzinzusätzen, Vulkanisierungsbeschleunigern bzw. Alterungsschutzmittel (Antioxidans) zur Herstellung von Reifen enthalten sind, liegen derzeit (2007 Anmerkung des Verfassers) nicht vor.“ (Zitat aus V295) Aber es gibt einige Untersuchungen und Werte aus der ersten Dekade des neuen Jahrhunderts und eine Untersuchung an 3 Autobahnen. Stichproben also.

Es sei mir eine kurze allegorische Bemerkung zum Sachverhalt erlaubt: 1845 wurde das erste Patent auf einen Reifen dem Engländer THOMSEN vergeben, seit 1888 werden Reifen (DUNLOP, Vater und Sohn) industriell hergestellt. Die ersten Untersuchungen, was der immense Reifenabrieb seit mehr als 100 Jahren mit der „Schöpfung“ macht, laufen erst jetzt zaghaft an.

In den Konzentrationen von Straßenabflüssen fällt auf, wie hoch der Gehalt an Zink sein kann. Er kann bis auf 1.3oo Mikrogramm im Liter Straßenabfluss hoch schnellen. Zink ist ein notwendiges Spurenelement für jegliches Lebewesen, aber das Zink ist mit Blei und Cadmium als

„Verunreinigung bei der Reifenherstellung“ vergesellschaftet und die sind giftig und im Schwarm ein „Marker“ für hoch giftige Kohlenwasserstoffe bei der Reifenherstellung.

In der Untersuchung: „Einträge von Kupfer, Zink und Blei in Gewässer und Böden 19/05 des Umweltbundesamtes“ heißt es unter 4.4.1.1. auf Seite 85: Die Höhe des Reifenabriebes hängt von den Materialeigenschaften, der Konstruktion und dem Zusammenspiel von Fahrzeug und Reifen ab. Von BUWAHL, 1992 wird beispielsweise bei einem Massenverlust von 1,2 bis 2 Kg pro Reifen und einer durchschnittlichen Fahrleistung von 50.000km von einem mittleren Emmisionswert von 16 bis 50mg/km und Reifen ausgegangen.(also 64 bis 200mg/km/Fahrzeug Am. des Verf., LKWs entsprechend mehr) “

Bei der Reifenherstellung wird Zinkoxid als Aktivator für Vulkanisationsbeschleuniger zugesetzt (RAUTENBERG 1998). Das dadurch im Reifen enthaltene Zinkoxid ist mit Blei und Cadmiumoxid verunreinigt. (Continental 1999). Die Schwankungsbreite beträgt zwischen 0,8 und 2,5 Prozent Zn im Reifen.“

Uns geht es beim Zinkgehalt also um den Marker für den Gesamtcocktail des Reifenabriebs.  Neben den Reifengummistoffen, die mikroskopisch klein Sediment- und Partikelgebunden mit dem Vorflutwasser in unsere Gewässer gelangen: MTBT, Nonylphenol, Octylphenol, DEHP, PCB, Bispenol A, MBT und BTSH sind die wichtigsten (in einer Größenordnung von 0,15 bis 78 mikrogramm/l Probe). Sie sind teilweise partikelgebunden, teilweise wasserlöslich, einige bauen sich kaum ab und wirken wie Hormone, es sind z.T. Vulkanisationsbeschleuniger und Hilfsmittel zur Kunststoffherstellung. Sie sind z.T. in einer Anhangsliste der WRRL mit empfohlenen Höchstwerten aufgelistet und könnten in Regenrückhaltebecken in erheblichem Umfang aufgefangen werden. Diese Becken aber fehlen an der Schlei. Uns interessiert in erster Linie der „Marker“: Zink mit seinen Beimengungen Blei und Cadmium. Je höher dieser Werteschwarmin Gewässersediment und Überstandswasser, desto höher auch der Gehalt an der weiteren Fracht. Das ist unsere Arbeitshypothese, die wir aus den Schriften des “bast” ziehen. Man kann diese Hypothese m.E. gebrauchen, denn die Untersuchungen auf die KW sind sehr teuer. Allerdings gebraucht diese Arbeitshypothese zur Absicherung eine gelegentliche Beprobung auch auf die Kohlenwasserstoffe.

Dritter Teil: der Versuch

Wir nahmen das gesamte Jahr 2019 unterhalb der B76 Sediment und Wasserproben aus dem Panzergraben. Dieser entwässert die Dannewerkniederung mit etwa 560ha Einzugsfläche, bildet einen eigenen Wasser und Bodenverband mit Herrn Mau als Vorsitzendem, nimmt dazu reichlich Sediment und Oberflächenabwasser von A7 und B76 auf (dient also als Absetzbecken) und mündet dann in den westlichen Burgsee.(Wie wären die Gehalte dort?) Die Sammelproben vereinigten wir zu einer Jahresprobe. Eigentlich interessant sind Proben bei Starkniederschlägen, nach Salzgaben etc., die als „schädliche Wasserwolken“ über den Panzergraben in die Schlei fließen. Lebewesen sind neben Durchschnittswerten ebenso den Höchstwerten ausgesetzt. Mit einer Sammelprobe erwischt man die „Ausreißer“, die vornehmlich die Fauna im Panzergraben/westlicher Burgsee belasten, natürlich nicht.

Die Sammelprobe bezeichnet den Lebensraum in einer bestimmten chemischen Facette, viele Einzelproben hingegen die Gefährdungen aller Tage. Die Situation aber gar nicht zu untersuchen  bei dieser möglichen Eintragslage ist gedankenlos. So ließen wir folgende Proben bei AGROLAB untersuchen:

  1. Panzergraben vor der Autobahn im Glas
  2. Sammelprobe unterhalb der B76 im Glasbehälter (notwendig für PAK Proben)
  3. Eine „einsame“ Schleiau, die Lindau oberhalb Rehberg im Glas

Untersuchen ließen wir den Zink, Blei und Cadmiumgehalt, PAK16 und DEHP Phtalate Octyl/Nonylphenol unterhalb der B76. Für diese Werte gibt es Vergleichswerte in der Schrift V295 des “bast”.

Außerdem fingen wir (mit Erlaubnis von Herrn Mau) einen Barsch unterhalb der B76, wo wir eine starke Belastung vermuten und einen in einer Schleiau in Bohnert, wo kein Reifenabrieb vorhanden ist. Da wir hier keine kritischen Vergleichswerte haben, lassen wir das Barschfleisch nur auf Zink und Cadmium und Blei bei der LUFA untersuchen. Uns interessiert hier der Unterschied zwischen den beiden Tieren und der absolute Wert.

Eventuell auch für die zukünftige Etablierung einer Messreihe zur Erzielung zuverlässiger Datenmengen und statistischer Aufarbeitung der Werte. Die gängige Literatur gibt o,61 mg Zink pro 100 g Flussbarsch als durchschnittlichen Zinkgehalt an. (6,1 mg/kg Frischfleisch)

Kosten der Untersuchung

Der Zeitaufwand/Kosten für zahlreiche Fahrten ins Gebiet war immens. Wir waren ca.30 mal im Gebiet. Die reinen Laborkosten wurden durch unsere Mitglieder und eine Spende der BUND Ortsgruppe Schleswig getragen. Die reinen Laborkosten beliefen sich auf etwa 500 Euro. Wir bitten um Spenden (absetzbar) unter SIEZ® e.V. IBAN DE06 2105 0170 1002 2678 78 Stichwort: Panzergraben. Auf youtube wird ein kleiner Film von uns über die Problematik „Reifenabrieb Panzergraben“ eingestellt. Bei 1ooo Klicks geht das SIEZ® im Senatorkrug Bier trinken.

Ergebnisse und vorsichtige Schlussfolgerung

Als erstes liegt uns das Untersuchungsergebnis der LUFA über den Gehalt an Zink, Blei und Cadmium im Muskelfleisch der gefangenen Barsche vor.

Er beträgt beim Panzergrabenbarsch 

  • 4,22 mg/kg Muskelfleisch Zink
  • 0,003 mg Blei (knapp über der Nachweisgrenze) 
  • Cadmium unter der Nachweisgrenze

Er beträgt beim Barsch aus dem Schleibach Königsburg:

  • 3,92 mg/kg Muskelfleisch Zinkgehalt
  • 0,003 mg Blei (knapp über der Nachweisgrenze) Cadmium unter der Nachweisgrenze

Wir haben Barsche als „Untersuchungsfische“ ausgewählt, weil sie am Ende der Nahrungskette stehen und zudem von Menschen gegessen werden (Brassen/Plötze nicht mehr). Barsche wachsen langsam und ein „Portionsbarsch“, den die Lufa von uns verlangte, ist etliche Jahre alt. Beim Schwermetallgehalt im Muskelfleisch von Fischen spielt die Altersakkumulation eine entscheidende Rolle. Die maximalen Gehalte an Schwermetallen sind in der EG Verordnung 1881 in letzter Fassung limitiert auf 0,3mg Blei pro Kg Muskelfleisch feuchtfrisch. Davon sind „unsere“ Barsche zum Glück weit entfernt!

Das Untersuchungsergebnis deutet auch nicht auf einen Unterschied zwischen dem Muskelfleisch/Barsch beider Fangorte hin. Die Unterschiede sind dafür zu gering. In der Literatur findet man Werte zwischen 6 und 14 mg Zink pro kg feuchtfrisches Muskelfleisch Barsch. (s.o.)

Diese magere Stichprobe „verführt“(?) uns zum Schluß, dass eventuell keine Vorschädigung und keine Vitalitätseinschränkung durch Reifenabriebstoffe in den Fischen des Burgsees vorliegt. Allerdings müssen wir diesen Schluss leider relativieren. Wir konnten als kleiner Verein eine Beprobung der Barsche auf die verschiedenen Kohlenwasserstoffe der Reifenabriebsstoffe nicht finanzieren und AGROLAB bietet diese Untersuchung auch nicht an in der nötigen Genauigkeit an. Gehalte, die in der Literatur des “bast” als bedenklich und hoch angesehen werden, firmieren bei AGROLAB als „unter der Nachweisgrenze“. Diese Untersuchungen sind für das SIEZ® zu teuer. So warten die genauen Details auf solvente Untersucher: „Mit der Anzahl der aromatischen Ringe nimmt die Abbaurate ab. PAK mit vier oder mehr Ringen sind unter Umweltbedingungen als persistent anzusehen. (Mit gleichzeitig geringer Wasserlöslichkeit, Anm. des Verfassers)“ (Zitat “bast” V295 Seite 17). D.h. die Gehalte laufen nicht weg und bauen sich sehr langsam ab.

Die Untersuchung der Sedimente im Panzergraben 250 Meter oberhalb der Autobahn und direkt unterhalb des Panzergrabens und einer (vermeintlich) sauberen Referenzau, der Lindau oberhalb Rehberg erbrachte erstaunliche Ergebnisse, welche die Vorsorgewerte der Bodenschutzverordnung touchieren. (Nach §8 Abs.2 des BodSchG sind Vorsorgewerte „Bodenwerte, bei deren Überschreiten unter Berücksichtigung von geogenen und großflächig siedlungsbedingten Schadstoffgehalten davon auszugehen ist, dass die Besorgnis des Entstehens einer schädlichen Bodenveränderung besteht“) Diese sind vorweg: 0,4mg Cadmium , 40 mg Blei und 60 mg Zink je nach Bodenart und pro kg TM im Königswasseraufschluss. Es sind dies keine Grenzwerte. Die zum sofortigen Handeln zwingen.

Sedimentgehalte in mg/kg TM bei abfiltriertem Sediment:

250 Meter oberhalb der Autobahn im Panzergraben fand AGROLAB im Sediment in der TM pro Kg nach Königswasseraufschluss 14 mg Blei, 0,3mg Cadmium und 89mg Zink im tonigen Substrat.

Direkt unterhalb der B76 waren es 12mg Blei, 0,2 mg Cadmium und 76 mg Zink im sandigen Substrat. Hier ließen wir alle Kohlenwasserstoffe, die in den Untersuchungen des “bast” eine Rolle spielten, untersuchen. Sie lagen alle unterhalb der Nachweisgrenze. Das heißt allerdings nicht viel, da die auf anderen Autobahnen gefundenen und in den Schriften des “bast” als hoch eingestuften Werte ebenfalls unter der Nachweisgrenze von Agrolab liegen würden. (Feinere Untersuchungsmethoden des “bast” als in Kiel bei AGROLAB)

Lindau oberhalb Rehberg: (hier handelt es sich um weiches Wasser von dh 1, welches ich zeitweise zum Teekochen „zapfte“: 34 mg Blei, 0.13 Cadmium und 49 mg Zink im sandigen Substrat.

Vorsichtiger Versuch einer Bewertung

Die relativ hohen Zinkwerte in den Sedimenten der Auen sind wohl (neben Dachrinnen und Siedlungsemmisionen) auf Reifenabriebseinträge zurückzuführen, da im Laufe der Jahrzehnte bei 2oomg Reifenabrieb/km (PKW, LKW viel mehr und 2 Prozent davon sind Zinkoxid und Bleioxid und Cadmiumoxid als Verunreinigung des Zinks) viele Tonnen Zink in die Auen und Straßennebenräume kamen. Inzwischen beginnen die Sedimente unserer wundervollen Auen die Vorsorgewerte der Bodenschutzverordnung zu touchieren/ übertreffen, je nach Bodenart und Parameter.

Die von uns gefundenen Werte übertreffen die Werte der “bast” Schrift V295 tlw. um das über 1800 fache. Das liegt daran, dass in den Untersuchungen die Niroauffangbehälter z.b. in Großburgwedel stets beprobt/gereinigt wurden, unsere Auensedimente den Reifenabrieb aber seit Jahrzehnten sammeln. Man kann das eigentlich nicht vergleichen. Man vergleicht Quartalsproben mit einem Endergebnis.

Deshalb kommen wir zu der Antwort auf die oben gestellte Frage:

Ja, wir haben ein Problem bei der Einleitung von Straßenabwässern in die Vorfluter.

Die Schrift V295 der Bundesanstalt für Straßenwesen kommt zu dem Schluss: “Wegen der hohen partikulären Anteile bei den meisten Schwermetallen, bei PAK 16, PCB 6 und DEHP kommt dem Rückhalt der Feinpartikel in Regenwasserbehandlungsanlagen besondere Bedeutung zu.“

Dem schließen wir uns an, Vorsorge nach dem Bundesbodenschutzgesetz ist hier gefragt.

Professionelle Untersuchungen zu diesem Problem sind weiterhin nötig. Das meint auch unser wissenschaftlicher Beirat, der eine Doktorarbeit/Masterarbeit zu diesem Problem vorschlägt. Auch hier stecken wir in einem Kreislauf der Stoffe, die wie immer sofort zu uns zurückkehren. Genau das ist das Thema des SIEZ®:

In „würdiger“, anlockender Atmosphäre (dem SIEZ® Gletscherhaus) an der Schlei die menschlichen Stoffkreisläufe an der Schlei in digitalen Animationen spannend darzustellen. Hier ist der Reifenabrieb ein weiteres Thema nach dem Stickstoff, dem Phosphor, dem Plastik, dem CO2, der eiszeitlichen Entstehung der Region, dem Verkehr auf der Schlei und der Geschichte der Fischerei

Was machen wir mit unseren Gewässern, was mit unserem Stiefkind, der Schlei?!

Gegen eine Aufwandsgebühr von 100 Euro pro Probe untersuchen wir vom SIEZ® auch ihre Au im Schleiraum auf Hinweise zum Reifenabrieb (Markerschwarm Zink, Blei, Cadmium)

Wir brauchen unbedingt mehr Messwerte.

Für die Arbeitsgruppe „Panzergraben“ des SIEZ® 
Dipl. Ing. agr. Karl Walther


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