Hinter dem Tellerrand – Monitoring im Wattenmeer

Hinter dem Tellerrand – Monitoring im Wattenmeer

Haliplanella
Haliplanella lineata mit frdl. Genehmigung Felix Hoffmann (mehr Infos: siehe Steckbrief )

Am 13.ten November fand im BNUR eine sehr gute Veranstaltung statt: Monitoring im Nationalpark Wattenmeer. Das SIEZ® war dabei und schaute hinter seinen Tellerrand. Wie wäre es, wenn die Schlei Nationalpark wäre…oder wenigstens ein wirklicher Naturpark…

Sabine Nestler vom Institut für angewandte Ökologie referierte über „Muscheln auf dem Trockenem“ – Die Muschelbänke des Eulitorals. Die Muschelbänke bestehend aus Miesmuscheln und pazifischen Austern schließen begrifflich die „Zwischenräume“ mit ein. Von Bänken redet man bei einer Flächenbedeckungen von über 10% mit Muscheln. (Ich kenne zwei Bänke in der Eckernförder Bucht, die zuweilen trockenfallen, der Aal liebt diese Bänke.) Es gibt im Wattenmeer etwa 300 solcher Bänke. Zustand und Ausdehnung, aber auch die Vermichung von Auster und Miesmuschel werden untersucht. Die Biomasse dieser Bänke werden auf 95.000 Tonnen geschätzt. Etwa 900 ha Fläche sind auszumachen. Die pazifische Auster erobert die Bänke. Im Nebenbei wird auch aufgefundenes Benthos mit aufgenommen. Die Austernbänke sind in ihrer Ausdehnung konstanter als die Miesmuschelbänke. Sie werden umschritten aber auch überflogen. Ich fragte nach einem Zusammenhang zwischen Salinität und dem Austern/Miesmuschelverhältnis. Die Salinität um die Bänke herum wird nicht gemessen. An der Schlei gibt es klare Miemuschelgrenzen, ab Bienebek und mit zunehmender Aussalzung wird sie selten. Wenn das Landesamt Untersuchungen an der Schlei macht, wie erfährt das SIEZ® davon?

Es folgt der Vortrag von Kerstin Stelzer  (Brockmann Consult) über die Seegraswiesen im Watt des Nationalparks. Fernerkundung war das Stichwort. 3 Flüge im Jahr führen zu einer Befliegungskartierung. Darüber hinaus arbeitet sie mit einer Satellitenerfassung. „Es ist eine Fernerkundung, wir bekommen Bilder“, sagt sie. Zur Interpretation dieser Bilder brauche man viel Erfahrung. Die Erkundungen führen zu Karten mit Dichte und Aussehen der Seegraswiesen.  Die Genauigkeit der Satellitenerfassung beträgt 10 bis 30 Meter. Man arbeitet mit Echtfarbbildern, Falschfarbbildern und Nahinfrarotbildern.

„Die spektralen Signale sind rektifizierbar“, bemerkt sie. Ergebnisse werden vor Ort gegenkontrolliert.

Die Seegraswiesenflächen scheinen im Nationalpark stabil zu sein, das sind sie an der Ostsee und der Schlei nicht. Dort gehen sie zurück. Diese Methode ist auch für die Schlei zur Erfassung der Schilfgürtel & der Schleiseegraswiesen von äußerstem Interesse.

Martin Stock vom Nationalpark zeigte bezaubernde Bilder von der Blütenpracht am Meer, die Salzwiesenentwicklung über die Zeit. Durch Nutzungsextensivierung stabilisierte und vergrößerte sich die Artenvielfalt der Salzwiesen im Nationalpark und ist jetzt auf einem guten hohen Niveau (Tableauphase?) angekommen. Die Nordeesalzwiesen sind anders als die an der Schlei. Beide sind gleich schön. Aber bei uns sind sie stark anthropogen auf Niedermoorböden im Niederungsgürtel der Schlei entstanden und sterben und leben mit der extensiven Nutzung bei vorsichtigster Beweidung und Pflege der Gräben. Ohne Gräben an der Schlei keine Salzwiesen! An der Nordsee nimmt die Artenvielfalt mit der Aufgabe der Gräben zu.(Auch hier gibt es Salzwiesen auf Moor, ebenso wie auf Sand und Wattboden) Es gibt also einen gravierenden Unterschied zwischen Ost und West und der hat seine Ursache in der geringen Salztoleranz des Schilfes. Nicht genutzte Salzwiesen der Schlei verschilfen in kürzester Zeit. Salzwiesen an der Nordsee verschilfen nicht so rasch oder gar nicht.

Der Vortrag von Bernd Hälterlein „Eierlegen und dann“ -Brutbestand und -erfolg der Wattenmeervögel- berichtete vom Monitoring der Brüter im Wattenmeer. Hauptbestandteil sind die Möven. Der Bruterfolg ist abhängig vom Nahrungserfolg der Elternvögel. Gibt es zu wenig Fisch bedienen sich z.B. Möven verstärkt anderer Nester, deren Bruterfolg dann zurück geht. So ist das Monitoring der Brutvögel und die genaue Erfassung der Vogelbestände ein Gradnesser für den Zustand der Biozinosen im Watt. Der letzte Vortrag von Ulrike Schükel: das Nahrungsnetz im Wattenmeer ging genau darauf ein. Der Austernfischer hat es grad schwer…

Norbert Kempf ein freier Gutachter monitort die Bestände der mausernden Brandgänse und ist besorgt über die Störungen durch die Nebenerwerbsfischerei. Einen Monat im Jahr können die Brandgänse nicht fliegen und können Feinden nur schwimmend entkommen. Sie finden dann zu sehr großen Trupps zusammen, ein Bestand von 3000 Vögeln gilt bereits als klein. Die kleinen Boote der Fischer fischen dort, wo andere nicht können und scheuchen die Brandgänse auf, die sich dann, tlw. mühsam schwimmend neue ungestörtere Ruhebänke suchen müßen. Diese Beobachtungen werden mit dem Flugzeug und einer Bildanalyse gewonnen. Eine nicht einfache Aufgabe, zwei feine weiße Punkte zu unterscheiden und als zwei Individuen zu zählen. Software hilft aber ersetzt den Kenner nicht. N. Kempf zeigte Bilder von auf Grund gelaufenen Speedbooten nahe der Ruhebank. Er ist zu Recht zornig.

Dr. Ricklefs  vom FTZ Büsum, übrigens ein ehemaliger Kollege von Dr. Schwarzer, führte in das Thema „Hör mal hin“ -Die Erkundung des Meeresbodens- ein. Mit einem Fächersonar werden Schallwellen mit verschiedener Schallenergie über einen Schleppfisch ausgesandt. Man erhält fantastische Tiefensonarbilder vom Meeresgrund. So wird eine geschleppte Baumkurre mit  allen Details sichtbar, nebst dem Kavitationsquirl der Kutterschraube. Verschiedene Substrate erzeugen verschiedene Echos. So wurde im März 2017 auch der Schleigrund neu kartiert. Ricklefs war übrigens dabei, als sich sein Forschungsboot bei Kielfoot  festfuhr. Er erinnert sich daran gut.

Von entscheidener Bedeutung ist nach Dr. Ricklefs bei der Auswertung der Bilder die Erfahrung des Betrachters. Das Ganze ähnelt der Problematik beim Auslesen von Röntgenbildern in der Medizin.

Felix Hoffmann, ein Spezialist des Landesamtes führte ins Monitoring von „Tieren ohne Rückgrat“ ein -Würmer, Schnecken Muscheln-, eine faszinierende Kleinlebewelt. Auch er monitort an drei verschiedenen Stellen den Bestand im Nationalpark. Er verwaltet/führt fort die längste Zeitreihe aller Monitorings bis auf die der Fische. Es scheint keine negativen Entwicklungen beim Zoobenthos zu geben. Es gibt allerdings „Einwanderer“ (z.b. Haliplanella lineata). Die letzte weitgehende Erkundung des Zoobenthos an der Schlei werden wir in einigen Wochen vorstellen, sie ist im LLUR in der Endredaktion bei Dr Karetz. Felix Hoffmann hatte zauberhafte Bilder dabei. Eines dürfen wir ablichten. Vielen Dank dafür.

Andreas Dänhardt stellte die Fischwelt des Wattenmeeres vor und deren Veränderungen, auch im Rahmen der gewerblichen Fischerei. Er berichtet von verschiedenen Fangmethoden, aktiven und passiven. Es wird in Zukunft Schwierigkeiten geben, einen Forschungskutter zu haben, der stabil und schwer genug ist für die Flußhamenfischerei im Watt und so das Monitoring fortzusetzen. 64 Fischarten kommen im Watt vor. Die Meeräsche ist sein Favorit. Es gibt Neueinwanderer, es gibt Unsicherheiten über die Bestandsgrößen. „Solch ein Meerneunauge von einem Meter ist ein Kämpfer, dagegen ist ein gleichgroßer Conger eine Flasche“, sagt er. Ich Flasche habe in Irland mit einem 12 kg Conger am Haihaken im Wattschlamm gekämpft. Der Conger im irischen Watt ist ein wütendes Wildpferd. In den 60iger Jahren habe ich im Eckernförder Hafen viele Meerneunaugen an der Hafenmole gefangen. 30 cm lang haben sie uns kleinen Jungens noch keine Angst gemacht. „Der Seehase gleicht dem Mann in mittleren Jahren“, gibt er humorvoll zum Besten, „seine Bauchflossen wandeln sich zur Saugscheibe um.“ Das mag stimmen. Aber „Mann“ muß nicht kampflos aufgeben gegenüber seiner „Saugscheibe“.  Aber ob der Neunstachlige Stichling wirklich ein Wattenmeerfisch ist, kann die Schlei nicht bestätigen. Bei uns jedenfalls meidet der „Neuner“ Salz. Nicht so der Dreistachlige. Ich habe viele gefangen in meinem Leben, aber den „Neuner“ nur im süßen Brack gekeschert.

Im Netz und nicht gefangen, – Das Nahrungsnetz im Wattenmeer, ein theoretischer Annäherungsversuch von Ulrike Schückel, Nationalparkverwaltung, sich dem Gesamtgeschehen des großen Fressens untereinander mittels der ena, einem Tool der ökologischen Netzwerkanalyse zu nähern. Meine absolute Hochachtung vor jedem vernetzten Denken.

Kai Eskildsen, Nationalparkverwaltung, führte effizient durch die Veranstaltung. Die Monitorings sind ein wichtiger Part der Naturparkverwaltung. Sie sind referenzierte Beobachtung. Sie müßen einher gehen mit altgewohnter (mechanistischer) Forschung: Ursache-Wirkung und münden in komplexe, vernetzte Ergebnisse, um uns genau zu zeigen, was wir tun können und besser unterlassen.

Vor all diesen Themen/Problemen stehen wir genauso an der Schlei. Die Schlei darf gerne schön sein für den Tourismus, eine „schöne“ Tochter der Ostsee. Aber das langt bei weitem nicht. Wir vom SIEZ wollen vieles (das meiste) von ihr wissen und darüber informieren, die Informationen erlebbar machen und sie sanft und stetig in ihren alten Status zurück bringen: Eine der vielfältigsten Brackwasserregion Europas sein zu dürfen mit guter Wasserqualität

Vielen Dank Frau Maria Grewe und Herr Kai Eskildsen stellvertretend für alle für diese wunderbare Veranstaltung.

Karl Walther, Vorsitzender des SIEZ®

Steckbrief: Haliplanella lineata

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Coastal Clean Up Day 2018

Coastal Clean Up Day 2018

Am 15.9.2018 von 14 bis 16 Uhr fand er diesjährige “Coastal Clean Up Day 2018” statt. Hinter dem monströsen Anglizismus verbirgt sich der Aufruf unterschiedlicher internationaler, nationaler und örtlicher Meers- und Naturschutz Organisationen, die Küstenabschnitte von Müll zu reinigen und somit einen Eintrag der Menschgemachten Abfälle in die Meere zu verhindern.

Allgemeine Informationen zum Coastal Clean Up Day: https://www.nabu.de/natur-und-landschaft/aktionen-und-projekte/meere-ohne-plastik/cleanup/index.html

Gruppe der SIEZ & Freunde Müllsammler in Haddeby
Gruppe der SIEZ & Freunde Müllsammler in Haddeby
Gruppe der SIEZ & Freunde Müllsammler in Kosel

SIEZ Mitglieder haben in Kosel und in Haddeby Sammelaktionen durchgeführt.

Es wurden von einer Koseler Gruppe die Abschnitte Holmer Strand in Weseby und in Bohnertfeld von Müll gereinigt. Eine Busdorfer Gruppe hat die Uferabschnitte zwischen dem Marienbad in Busdorf bis zum Yachthafen Haddeby und vom Campingplatz bis kurz vor Fahrdorf gereinigt.

 

Bericht aus Haddeby:

Eine Gruppe von SIEZ Mitgliedern und Freunden hat sich am Samstag 15.9.2018 den Schleiuferabschnitt zwischen dem Marienbad in Busdorf und dem Noor-Ausfluss am Karberg vorgenommen.

Was haben wir gefunden?

  • Flaschen aus Glas und Plastik
  • Plastikschnipsel
  • Dosen
  • Verpackungen von Süßigkeiten
  • Windeln (voll!)
  • Einweggrills
  • Holzplanken
  • Angel-Köder Dosen

Wir haben mehr als 300 Fundstücke mit ca. 3 kg Gewicht zusammengetragen und gemäß den Vorgaben der Coastal Clean Up Day erfasst.

Die Müllmenge, die in 1,5 h an der ca. 1,5 km langen Küstenlinie gesammelt wurde
Die Müllmenge, die in 1,5 h an der ca. 1,5 km langen Küstenlinie gesammelt wurde

Der meiste Müll fand sich an den Stellen, an denen geangelt oder gebadet wird. Auf der Wasserseite des Schilfs war kaum Müll zu finden, nur vereinzelte sehr alte Müllreste die auf dem Grund lagen und vom Schilf zurückgehalten wurden.

In einem alten Spülsaum direkt am Schleiwanderweg sind noch sehr viele Plastikschnipsel zu finden.

Spülsaum zwischen Schilf und Schleiwanderweg
Spülsaum zwischen Schilf und Schleiwanderweg

Im Bereich des B76 Damms zwischen Haddeby und Fahrdorf fanden sich viele Zigaretten- und Süßigkeitenverpackungen, die offensichtlich aus den Autos herausgeworfen werden.

Zusammenfassend kann man sagen, dass wir mit 6 Personen innerhalb von 1,5 h einen Uferstreifen von ca. 1,5 km abgesammelt haben. Uns hat es Spaß gemacht und wir haben verhindert, dass dieser Müll, der von Menschen im Uferbereich abgelegt wurde, beim nächsten Hochwasser oder Sturm in die Schlei eingetragen wird

Anzumerken ist noch, dass der Coastal Clean Up Day recht früh im Jahr stattfand. 4-6 Wochen später wäre weniger Vegetation vorhanden, so dass man Müll besser entdecken kann. Der Schilfbereich wäre dann mit Sicherheit frei von Jungtieren und die Sammelaktion kollidiert nicht mit spätsommerlichen Aktivitäten der Stadt und den Wassersportvereinen.

Marten Seifert

16.9.2018

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Der Sandfang der Koseler Au

Der Sandfang der Koseler Au

Unsere Auen im Schleieinzugsgebiet haben manchmal einen Sandfang. Aus verschiedenen Gründen kann sich eine erhebliche Sandfracht im Auwasser ergeben. Diese Gründe können Hochwasserereignisse sein, die zu „dickem“ Wasser führen, Starkwind kann Bodenabträge in die Gewässer wehen. Beim Maisanbau kann der organisch aufgedüngte Oberboden in Schlei und Gewässer gelangen; denn zuweilen wird Mais auf Mais angebaut und dann liegt jahrelang leichter Boden über ein halbes Jahr lang ungeschützt in Wind & Wetter und erodiert. Die Erosionsfrachten sind oft Phosphorreich und bilden ein erhebliches Problem unserer menschlichen „Kreisläufe“.

Über die Gewässereinträge aus Bodenausträgen der Düngung (& natürlichen Bodenausträgen) aber auch aus der Luft wird  weltweit ein Kreislauf in Gang gesetzt, der zu gigantischen Stoffeinträgen in die Meere führt. Und in den Meeren zu einer erhöhten Produktion von Biomasse. Ein anthropogenes Zeitalter hat für die Erde begonnen. Wir spielen Goethes Zauberlehrling.

In einem Schleiinformationszentrum wollen wir für Schlei und Ostsee diese Kreisläufe darstellen. Beim Plastik ist es übrigens ein anderer, aber vergleichbarer Kreislauf. Immer kehren die Stoffe, industriell in großer Menge produziert, als Problem zu uns zurück.

Zurück zur Koseler Au. Im Gewässer setzt sich der mitgeführte Sand meist dort ab, wo sich das Gerinne beruhigt. Diese Sedimentation kann zu Beeinträchtigungen der Abflußleistung eines Gewässers führen. Zuweilen auch gewässertechnische Einrichtungen verstopfen. Deshalb sind Sandfänge eine gute gewässerbauliche Praxis. Kosel bekam vor zwei Jahren unter der Ägide des Wasser- und Bodenvorstehers der Koseler Au Herrn Münck (†2017) einen neuen Mäandersandfang.

Der Verbandsvorsteher H. Münck bei der Vorabnahme „seines“ Sandfangs, hier das Detail -Langseeeinlauf- 2017
Der Verbandsvorsteher H. Münck bei der Vorabnahme „seines“ Sandfangs, hier das Detail -Langseeeinlauf- 2017
So einfach kann man einen Sandfang denken & bauen. Hier soll sich in einer kleinen Ausbuchtung der Au Sand durch Fließberuhigung fangen.
So einfach kann man einen Sandfang denken & bauen. Hier soll sich in einer kleinen Ausbuchtung der Au Sand durch Fließberuhigung fangen.

Dieser neue Sandfang ist ein Mäandersandfang. Eine neue Auschleife von vielleicht 100 Meter zusätzlicher Fließstrecke mit mehreren terassierten Becken auf einem Gelände von etwa einem Hektar, Ein Becken  beruhigt das ankommende Langseeablaufwasser (incl. Wasser aus dem Puckmoor). Es waren wohl Mönche des Domkapitels, die vor einigen Jahrhunderten dem Langsee einen geregelten Abfluß in die Koseler Au verschafften. Die Mühle in Ornum griff nach Bedarf auf dieses Langseeablaufwasser zurück, wenn ihr „Treibstoff Wasser“ knapp wurde.

Der Mäandersandfang hat  terassierte Absatzbecken, ein Paradies für Fische, Frösche und Kröten. Er bildet einen zusätzlichen Wasserkörper der Koseler Au, der vielen Hundert Metern Austrecke entspricht. Da der Mäander eine Auschleife darstellt, entstand eine Auinsel von einigen Tausend Quadratmetern, eine Kiesfurt ermöglicht es Fahrzeugen, die neue Insel zu pflegen. Fischreiher und  Adler, zuweilen zu viert, zuweilen Möven und der Bisam reden von der Qualität dieses neu geschaffenen Paradieses. Im Einlaufbecken des Langsees tummeln sich tausende Jungfische, die Erlennaturverjüngung an den Ufern wurde belassen, Blutweiderich siedelt sich an, eine lobenswert pflegende Gewässerunterhaltung findet hier jetzt auch unter dem neuen Verbandsvorsteher statt.

Das SIEZ ist durch seine BUND-Mitgliedschaft in der Wasserrahmenrichtliniengruppe des Gewässerverbandes Schlei vertreten und hat jetzt eine kleine Gewässeruntersuchung am Mäandersandfang durchgeführt. Es wurde die Sauerstoffgehalte und die Wassertemperatur gemessen, Phosphor und Nitratgehalt in den verschiedenen Teilen dieses Auabschnittes, vor dem Mäander und hinter dem Mäander. Es beginnt jetzt eine monatliche Meßreihe, ein Monitoring.

Ein erstes Fazit daraus: die Koseler Au könnte zwei Grad kühler sein und   damit sauerstoffgesättigter, wäre sie beschatteter. Das plant die WRRL Arbeitsgruppe für die nächsten 6 Jahre und hat dafür Mittel eingestellt. Es zeigt sich aber bereits, daß die Erlen von „alleine“ kommen, wenn man sie nicht ausmäht. Eine Pflanzung allerdings würden alle Anrainer als ein gutes Statement wahrnehmen und die gepflanzten und natürlichen Erlen auf einer Seite „lassen“. Die Sauerstoffsättigung liegt Ende August 2018 bei ca. Mitte 70 Prozent (knappe 8mg bei 14 Grad). Der Phosphorgehalt ist knapp meßbar gewesen (ca.o,o5 mg). Aber der Nitratgehalt verringert sich durch den Sandfang und die Sedimentation von Bioproduktion also einer gewissen „Aushagerung“ (Algenproduktion) von 15,3 mg vor dem Sandfang auf 9,9 mg nach dem Sandfang in einer ersten Messung. Das sind 30 Prozent weniger Nitratfracht ins Ornumer Noor der Schlei. Wollen wir nicht die neue enststandene Auinsel der Koseler Au die „Hermann Münckinsel nennen?

Wenn man Gutes noch toppen wollte, würde man (obwohl es ein Aufwand wäre) das Mähgut der Münchinsel von dort wegfahren und eine langsame Aushagerung der Insel erreichen, die auch weniger stickstoffliebenden Pflanzen ein neues altes Zuhause ermöglicht. Das SIEZ bietet dem Auenvorsteher dies an. Es geschieht auf Zuruf!

Der Langseezulauf nimmt auch das Moorwasser des Pukmoores auf. Auch er würde sich über eine einseitige Erlenbepflanzung erfreuen. Wenige Erlen würden reichen. Entscheidend ist, die entsehende Naturverjüngung einer Berme nicht auszumähen. Hier iust der Bürgermeister Kosels und die Bauauschußvorsitzende gefragt. Beides SIEZ Gründungsmitglieder.

Insgesamt ist die Wirkung solch eines Mäandersandfangs und gleichzeitigen Klärungsbeckens beachtlich und vielleicht ein Model für die „Zwischenzeit“, die die Landwirtschaft zum Abstellen der Überdüngung von Boden und Gewässern braucht. Die Landwirte stehen unter ökonomischen Druck und an der Produktion deses Druckes wiederum sind auch wir Verbraucher beteiligt. Die Hälfte unseres Fleischkonsums würde reichen. Und diese Hälfte dann in bester regionaler Bio-Qualität. Sofort würden sich die Einträge mildern.

Uferrandstreifen und andere technische Einrichtungen können also durchaus erheblich zum Erreichen der Ziele der Wasserrahmenrichtlinien beitragen.

"Münckinsel“ bei der Vorabnahme im Jahre 2017 mit dem ehem.Vorsteher
“Münckinsel“ bei der Vorabnahme im Jahre 2017 mit dem ehem.Vorsteher

Die Verringerung der Nitratfracht ist meßbar. Die Fließgeschwindigkeit der Koseler Au beträgt je nach Wasserführung 0,2 bis 0,3 m/s. Die Ornumbrücke hat einen Durchmesser von 5 Metern und ein gängiger Pegel dort ist 50cm. Das ergibt eine gängige Wasserführung von einem halben bis einem Kubikmeter in der Sekunde. Danach berechnet sich eine Einsparung der Nitratfracht von vielleicht 170 kg im Jahr. Man kann auf Grundlage nur einer Messung, einer unsicheren Fließgeschwindigkeit und nur einer Pegelnotiz sicherlich keine solide Berechnung  durchführen. Man erhält lediglich eine Blitzlichteinschätzung. Dieser Aspekt von Sandfängen wurde aber bisher m.E. zu wenig beachtet. Sie fangen nicht nur Sand, sondern auch nennenswert Phoshor und Nitrat.

Ich darf das eigentlich nicht sagen, weil es mir nicht zusteht, die Arbeit anderer zu bewerten: Die Wasser und Bodenverbände an der Schlei leisten z.T. sehr gute Arbeit nicht nur nach dem Wasserhaushaltsgesetz sondern auch nach den WRRL. Das ist aktiver Umweltschutz!

Karl Walther, Mitglied des SIEZ®/BUND/WRRL-AG des Gewässerverbandes Schlei

Nachtrag 8.9.2018: Für einen Artikel über Sandfang in den Schleswiger Nachrichten trafen sich der Redakteur Dirk Steinmetz und Karl Walther am mittlerweile bewachsenen und besiedelten Sandfang. Dabei entstand diese sehr schöne Aufnahme eines Bisams. Danke an den Fotografen Herrn Dirk Steinmetz, dass er uns dieses Bild für die Nutzung auf der SIEZ® Website überlassen hat !

Bisam in der Koseler Au  (Foto: Dirk Steinmetz, Schleswiger Nachrichten)
Bisam in der Koseler Au
(Foto: Dirk Steinmetz, Schleswiger Nachrichten)

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Coastal Cleanup Day

Coastal Cleanup Day

Unsere Küsten von Müll befreien am 15. September 2018

Zahlreiche Vereine und Verbände an der Schlei rufen am 15. September 2018 von 14 bis 16 Uhr zum Reinigen der Küstenbereiche auf.

Eine entsprechende Initiative des Holmer Segelvereins mit den jeweiligen Reinigungsbereichen ist hier zu finden.

Das SIEZ schließt sich an und beteiligt sich an der Reinigung von Küstenabschnitten in Haddeby. Wer mitmachen möchte trifft sich am 15. September um 13:45 Uhr

  • In Haddeby auf dem Parkplatz vor der Kirche (Ansprechpartner Marten Seifert)

Allgemeine Informationen zum Coastal Cleanup Day: https://www.nabu.de/natur-und-landschaft/aktionen-und-projekte/meere-ohne-plastik/cleanup/index.html

 

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Nachlese der Landsschaftsführungen und Ausblick auf 2019

Nachlese der Landsschaftsführungen und Ausblick auf 2019

Das SIEZ® bot 2018 mehrere selbst beworbene Landschaftsführungen an. Wanderungen mit Eseln fanden statt, eine Wildniserkundungsfahrt auf der „Lotta“ mit einer Kleingruppe von 6 Interessierten und mehrere „Forschungsfahrten auf der Hein“.

Führung_1
Die Hein
Führung_2
Karl Walther

Eine hatte Mitte 30 Teilnehmer. Wir schauten mit der Unterwasserkamera auf den Schleigrund, maßen Sauerstoff- und Salzgehalte und die Sichttiefen und entnahmen dem Schleigrund Sedimentproben, die wir untersuchten. (Deutlich erhöht sich der Salzgehalt der Schlei zwischen Schleswig und Missunde, wir schauten in Missunde auf einen äußerst belebten Schleigrund mit Sandklaffmuschelschrott dicht an dicht, fanden Würmer im fauligen Sand vor der Stoller Werft in 3 Meter Tiefe, sahen lauernde Adler auf Reesholm)

Auch die Eiszeitliche Entstehung der Schlei und die Geschichte S.-H. waren Thema. In der Folge bekamen wir Anfragen von der Unesco, der Lufthansa und eines Rendsburger Gymnasiums nach dieser Führung auf der „Hein“ und führen sie auch bis zum Herbst als Charter durch. Das erhöht unsere Bekannschaft und spült etwas Geld in unsere Vereinskasse.

Außerdem sahen wir auf einer gewissen Position eines sehr tiefen „Schleilochs“ ein Ungeheuer auftauchen, welches dem auf Loch Ness ähnlich sieht und gehen davon aus, es in der Saison 2019 auf dieser Position dort wiederzufinden. Wir nannten es das „Schleimumpelkawumpel“. Die mitfahrenden Kinder aus Nürnberg waren relativ erschrocken und fotografierten das Ungeheuer. Das Bild wird demnächst hier veröffentlicht, sobald wir es aus Nürnberg von Lea haben.

Nach dem Model von „Kys Froen og find Haletudsen“ (www.kys-froen.dk) planen Dieter, Ina und Karl in „Kooperation“ mit dem Berufsbildungszentrum für 2019 SIEZ – Naturerlebnisse für die ganze Familie und werden die Forschungsfahrten auf der Hein auch 2019 weiterhin durchführen.

Karl Walther, Landschaftsführer im SIEZ®

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Ein Kommentar zur Situation der Schleianrainer nach dem Schleiforum

Ein Kommentar zur Situation der Schleianrainer nach dem Schleiforum

von Karl Walther, 1. Vorsitzender des Schleiinfozentrum e.V.

Die Zeit der Schockstarre an der Schlei geht zu Ende. Die „Feuerwehreinsätze“ der Stadtwerke auch. Erste Vorschläge zur Zukunft der Schlei tauchen auf, von einem integrierten Schleiprogramm wird gemunkelt.

Prof. Dr. Frank Wendtland vom Forschungszentrum Jülich geht davon aus, daß wir in der Schleiregion einen Minderungsbedarf von mindestens 42 kg pro Hektar Stickstoff haben.(Ergebnisse der Stickstoffmodellierung, regional differenzierte Quantifizierung der N-Einträge ins Grundwasser und in die Oberflächengewässer S.-H.) Dr. Michael Trepel rechnet mit einem noch höheren Minderungsbedarf von umgerechnet bis zu 55 kg. Minister Habeck rechnet mit einer Neubildungsrate Faulschlamm von mind. 2 Millimetern im Jahr. Es wird eher mehr sein. Plastikschnipsel schwimmen bei „schwerem“ Wasser (Ostenwind) vom Grund der Schlei auf und treiben dann ans Ufer. Wir haben am Morgen des Schleiforums viele Schnipsel im angetriebenen Kammlaichkraut der Meßstelle 8 gefunden und auf dem Forum wirklichkeitsnah präsentiert. Das SIEZ sucht mit einer Unterwasserkamera nach Plastikschnipseln auf dem Grund der Schlei. Sind das mehr als 1oo Tonnen? Zu hoffen, daß die Probleme des Nährstoffeintrags und ihre Folgen sich in genügender Zeit in Luft auflösen, ist ein kindlicher Wunsch.

Man müße jetzt viel Geld in die Hand nehmen, um die Probleme der Schlei wirklich zu lösen, sagen einige. Dem stimmen wir zu. Man muß das Geld für ein SIEZ ausgeben.

88 % der Einträge entstehen aus diffusen Quellen und nur 12 % landen aus Punktquellen wie Klärwerken in die Wassersysteme der Schlei. 80 Prozent der Einträge stammen aus der Landwirtschaft. Verfolgen wir die Sache weiter: 62 % der Einträge, gesamt 20.000 Tonnen Stickstoff, werden über die Drainagen in die Gewässer getragen, 7400 Tonnen geraten ins Grundwasser, aber 80 % davon bauen sich glücklicherweise im Aquifer langsam ab. Der verbleibende Rest ist aber laut Ministerium immer noch zu hoch für gutes Trinkwasser.

Herr Wittl von der UNB Rendsburg hat „viel Geld“ in die Hand genommen. Mit rund einer Million € hat die UNB zwei Paradiese geschaffen, die in einer Nebenfunktion Stickstoff zurückhalten, Retentionsflächen. Er entzieht mit dieser Million dem Ökosystem die Nährstoffe von 5 Güllewagenladungen. Auf diese Weise die Nährstofffracht S.-H. zu „eliminieren“ kostet zwischen 100 und 200 Milliarden Euro. Das ist gesellschaftlich absurd, weil die Nettowertschöpfung durch Überdüngung vielfach geringer ist.

Aber Geld für ein unabhängiges Schleiforschungs und Informationszentrum auszugeben, das wäre hoch nützlich und zielführend.  Das SIEZ ermittelt grad in seinem Betreuungsgebiet die Nährstofffracht jeden kleinen Drainrohrs in die Schlei und berechnet daraus die Gesamtfracht für das betreute Teilstück „Südliche Schlei bis Arnis“ anhand von validen Messungen mittels Photometeranalyse. Das ist viel Arbeit aber auch hoch spannend. Niemand unterstützt bisher diese Labor- und Feldarbeit des SIEZ. LLUR & MELUND haben großes Interesse an den Daten angemeldet, wollen aber keinen Cent dafür zahlen. Unsere Anträge wurden beim Ministerium und beim Landesamt abgelehnt. Von der knappen Million für Schutzgebietsbetreuungen erhält das SIEZ mit seinem großen Schleigebiet keinen Cent. Würden wir Hundekot einsammeln und Hundehalter verwarnen, würde es viel Geld aus dem Topf geben. Ist doch zum Lachen, aber hindert uns nicht.

Das OIW (Ostseeinstitut Warnemünde, Prof.Dr. Labrenz) hat der Schlei geholfen. Im Rahmen einer Dissertation wurden im Mai 2 Tage lang mit einem Forschungsboot des Instituts Sedimentproben entlang der gesamten Schlei genommen & auf Plastikgehalte mit modernster Analytik untersucht, auch Muscheln, Plankton, Fische werden auf ihren Plastikgehalt im Gewebe untersucht.

Vielen Dank nach Warnemünde an Robin Lenz Kristina Enders und Mathias Labrenz und ihre Crew. Ich habe die „Warnemünder“ ortskundig beraten und z.T. beherbergt. Wir sind gespannt auf die Ergebnisse. Vielen Dank an Herrn Schoofs, der im nächsten Jahr eine neue Probe bezahlen will.

Was also ist zu tun?

Meiner Meinung nach sollte jeder sich zum Ziel setzen, seinen Verbrauch an Plastik und Tierprodukten drastisch zu vermindern. „Die Hälfte reicht“ wäre ein guter Slogan unserer übergewichtigen Zeit. Das wäre der langfristig wirksamste Background. „Die Hälfte reicht“!

Die Nachfrage muß sinken. Unsere Gewässer verdrecken durch die technisch vorsintflutliche Ausbringung von tierischen Fäkalien. Das Verhältnis menschlicher und tierischer Fäkalien schätze ich auf 1 zu 1. Die eine 1 landet unbearbeitet auf den Böden, ein Teil davon geht bei entsprechendem Wetter sofort in die Schlei. Eine geschicktere Ausbringung ist ein durch die DüV vorgeschriebener erster Schritt. Aber das ist und bleibt vorsintflutlich.

Überall wird jetzt zur Gülletechnologie geforscht. Auch das SIEZ ist mitten in einem Versuch zur Herstellung von Kompost aus Gülle und macht einen Düngeversuch mit Unterflurmessungen bei verschiedenen Gülleverarbeitungsvarianten (Güllepellets, eingedickte Gülle, Güllekompost). Das ist keine Spielerei. Es befördert eine Technologie an deren Ende die vorsintflutliche Ausbringung der Gülle verboten wird. Wir bringen menschliche Fäkalien auch nicht mehr auf den Feldern pur aus, wir haben dafür Klärwerke. Ein unabhängiges „SIEZ®“ könnte diese Forschungen leisten und begleiten. Ein Schleidorf mit einem SIEZ könnte sich im Moment an die Spitze Europas stellen. Im Moment leisten viele kleine regionale Unternehmen und das SIEZ diese Arbeit vollkommen ohne gesellschaftliche Unterstützung und finanzieren Forschungen privat.

Das SIEZ® nimmt am Phosphordialog des Landes teil und drängt in die Arbeitsgruppe der Klärwerkschefs. Das SIEZ® will, daß von Anfang an die thermische Verwertung der Klärschlämme, ein EU Milliardenprogramm, mit dem Faulschlamm zusammengedacht wird. Unseren Dreck aus den Jahrhunderten der Industrialisierung zusammen mit dem frischen Dreck beseitigen. Noch hält man uns auf Abstand. Aber der Staatssekretär hört uns bereits an. Wir sind mit ihm in Kontakt. Itzehoe hat bereits eine Pilotanlage zur experimentellen Phosphorrückgewinnung in thermischer Verwertung des Klärschlamms. Meine junge Frau hat ein Auto mit Hängerkupplung und ich kenne den Weg nach Itzehoe, ich finde mit einer Ladung Faulschlamm dort hin. Alles auf private Kosten. Sagte da nicht jemand, man müsse viel Geld in die Hand nehmen? Wer nimmt es denn in die Hand?

Die richtige Strategie zur Lösung der Schleiprobleme ist Nachdenken, messen, forschen, ausprobieren, vernetzen, Informationen verarbeiten und integriert handeln. Dazu braucht man ein unabhängiges Zentrum, das nicht von Politik oder Tourismus „gekapert“ wird. Das SIEZ ist gegen Aktionismus. Selbst der Aufbau eines Schleizentrums muß gut überlegt sein. Knappes Geld muß sinnvoll ausgegeben werden.

Man kann in den Wasserverbänden, im Kreis, in der Praxis, überall viele wertvolle Schritte unternehmen. Uferrandstreifen herstellen, die Auen in einen guten Zustand versetzen usw. Aber insgesamt darf weniger Nährstoff in die Schlei & in die Welt. Darauf muß sich die Landwirtschaft & die Gesellschaft einstellen. Die Biobetriebe leisten da heldenhafte Arbeit. Und was an Nährstoffen bereits drin ist, muß intelligent wieder raus. Daran und an der WRRL & der Meeresschutzstrategie ist jeder vorgeschlagene Schritt in seiner Effizienz zu messen.

Und noch einmal: Wir brauchen Innovation & Kreativität & wissenschaftliche Untersuchungen. Wir brauchen ein Zentrum. Ganz im Nebenbei entsteht im SIEZ auch eine Dokumentation über die wunderbare blaue Dampferlinie, ein Büchlein über den Untergang Kieholms und eine Schleiforschung für Kids. Wir bauen ein lebendiges, kleines Zentrum bereits jetzt auf.

Karl Walther Vorsitzender des SIEZ®

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Altlast am Wiking-Eck: aktueller Stand der Bearbeitung März 2018

Altlast am Wiking-Eck: aktueller Stand der Bearbeitung März 2018

Seit über 30 Jahren ist bekannt, dass im Bereich der Wiking-Halbinsel in Schleswig erhebliche Bodenverunreinigung durch den Betrieb des ehemaligen Gaswerkes und einer ehemaligen Dachpappenteerfabrik vorhanden sind. Von diesen Altlasten gehen schwerwiegende Gefahren für den Boden und das Grundwasser aus. Das unten befindliche Bild weist die Lage der Bodenverunreinigungen aus. Während das rechte Feld auf städtischem Grund lokalisiert ist, befinden sich die linksbefindlichen Gebiete in Privatbesitz.

Altlast am Wiking Eck
Lage Bodenverunreinigungen Altlast am Wiking Eck

Seit 1990 sind in zahlreichen Untersuchungen und Gutachten die Gefährdung der dort befindlichen Stoffe für Mensch Naturwasser und Boden nachgewiesen und Sanierungskonzepte erarbeitet worden. Aus dem Jahre 2007 liegt ein Sanierungskonzept vor, dass zwei Sanierungsvarianten vorschlägt. Am 5. Oktober 2016 wurde von der unteren Bodenschutzbehörde des Kreises Schleswig Flensburg eine Sanierungsverfügung an die Stadt Schleswig mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung erlassen. Dieser Bescheid wurde nach gerichtlichem Vergleich aufgehoben unter der Bedingung, dass sich die Stadt schließlich bereit erklärt, den Sanierungsplan in Auftrag zu geben. Da der Sanierungsplan zu 50 % durch das Land gefördert wird, konnte die Beauftragung erst nach Zusage der Fördermittel durch den Fördermittelgeber das Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung (MELUND) erfolgen. Die Zustimmung zum vorzeitigem Maßnahmenbeginn wurde am 20. Juli 2017 erteilt. Ausschreibung, Angebotsauswertung und Auftragsvergabe erfolgten in enger Abstimmung mit der unteren Bodenschutzbehörde des Kreises Schleswig Flensburg und dem Fördermittelgeber. Ein Teilauftrag für die Aufstellung des Sanierungsplanes wurde am 27. Juli 2017 erteilt. Auftragnehmer ist eine Arbeitsgemeinschaft aus den Büros EWS aus Hamburg und ECOS aus Kiel. Bis Anfang Mai 2018 wird zu den beiden Sicherungsvarianten eine dritte Variante erarbeitet, die eine Sanierung der belasteten Bereiche vorsieht. Bis Ende Juni 2018 sollen die Varianten verglichen und die finale Entscheidung getroffen werden, ob gesichert oder saniert wird. Für die Erstellung des Sanierungsplanes der Variante 3 wurden umfangreiche Neuausschreibungen von Bohrungen (s. Anlage) mit Analysen der Bodenbelastungen erforderlich. Der Sanierungsplan soll bis zum 31. Oktober 2018 durch die Stadt Schleswig vorgelegt werden. Über die Frage, wer für die Umsetzung und Kostenübernahme der Sanierung zuständig ist, herrscht zwischen Kreis und Stadt keine Einigkeit.

Ziel der Sanierung muss ein, dass sie nachhaltig ist und nicht noch zukünftige Generationen belastet. Im Prinzip wird dieses Ziel mit der Variante 3 eher erreicht als mit den Varianten 1 und 2. Da ist bei der Umsetzung der Sanierung unter Umständen auch EU-Fördergelder (EFFRE-Programm) geben könnte, wenn eine Nachnutzung der sanierten Grundstücke möglich ist, ist auch aus dieser Sicht der Sanierungsvariante der Vorzug zu geben.

Für die erforderliche Umsetzung des zu verabschiedenden Sanierungsplanes ist trotz der Aktivitäten der Behörden eine laufende Nachfrage zum Stand der Bearbeitung auch unter Einbeziehung der Presse im Sinne einer alsbaldigen Erledigung der Beseitigung der Altlast ständig vonnöten.

Dr. Johannes Thaysen, Fraktionsvorsitzender GRÜNE im Rat der Stadt Schleswig

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Zur Plastikkalamität – Die Gegenwart der Schlei ist aus Entscheidungen gemacht

Zur Plastikkalamität – Die Gegenwart der Schlei ist aus Entscheidungen gemacht

Als Vorsitzender des SIEZ (Schleiinformations- und Erlebniszentrum e.V.) möchte ich auf Wunsch eines Neumitglieds zur Situation der Schlei Stellung beziehen. 1998 baute ich in Bohnert einen Hof auf, der eine Dreikammerkläranlage mit Verrieselung hatte. Im Jahr 2000 wurde diese stillgelegt und mein Dorf bekam eine Kläranlage (Nachklärung) wie alle Dörfer in Schwansen. Meine kleine Klärgrube wurde so gut wie nicht benutzt. Die Wasserqualität der Schlei besserte sich durch die verbesserte Klärung der Siedlungsabwässer. Die Sichttiefe nahm zu, Kammlaichkraut fand Licht und wuchs wieder. Due Nachklärung war von Land, Amt und Gemeinden eine gute Entscheidung. Teuer und gut.

Dann entstanden überall Biogasanlagen. Alte Fruchtfolgen wurden für den Maisanbau gebrochen. Land liegt von Okober bis Mitte Mai brach. Der Wind bläst Phosphor in die Schlei. Der Mais frisst und macht Unmengen Nährstoffe. Die Schleiregion kann den Mais kaum noch ertragen. Energieüberfluß drückt die Energiepreise und bedroht die Energiewende. Die Biogasanlagen waren schlechte Entscheidungen für die Schlei.

Die Gesellschaft setzt in der industriellen Nahrungsmittelproduktion vollkommen auf die Plastikverpackung. Plastikverschmutzung der öffentlichen Räume durch Unachtsamkeit ist die Regel. Gemeinsam suchen wir im Frühjahr die Dörfer nach Plastikmüll ab. Die Plastikkalamität von Reefood und Stadtwerken zeigt: wir gehen nicht verantwortungsbewusst genug mit den Plasten um. Das vollkommene Verlassen auf Erdöl (fossil und energieaufändig, teuer im Recycling) als Verpackung ist eine schlechte Entscheidung der Gesellschaft.

Die Gesellschaft hat es schwer, ihre Stoffkreisläufe in den Griff zu bekommen. Seit 120 Jahren gelangen zu viele Nährstoffe in die Schlei und bilden dort Faulschlamm, der extrem ungünstig wirkt, wie wir als SIEZ vielfach dokumentiert haben. Dahinter stecken zahlreiche kleine falsche Entscheidungen von Verbrauchern und Produzenten.

Die Welt ist aus Entscheidungen gemacht. Aus richtigen und falschen. Das SIEZ will neben der Geschichte der Schlei wie z.B. der Erinnerung an die blaue Dampferlinie, woran wir gerade arbeiten, auch über die Stoffkreisläufe forschen und informieren. Wir haben versucht, den Sand aus dem Faulschlamm zu bekommen durch Siebung und Mikroperlation. Damit steigt der Brennwert des Faulschlamms. Wir sind mitten in einem Versuch über die Kompostierung von Gülle durch Restenergieen und in einem Düngeversuch, um Gülle und Kompost in ihrer Bodenwirkung zu untersuchen. Mit den Ergebnissen dieser SIEZ Forschungen werden Entscheidungen aufgrund von Information leichter. Die Welt ist aus lauter kleinen Entscheidungen gemacht auch aus Verzicht.

Wir monitoren den Verlauf der Plastikkalamität. Wir bauen grad einen „Schleirohr“ mit dem wir gründlich und gleichzeitig vorsichtig den Schleigrund besichtigen und fotografieren können. Aus den gewonnenen Information über Plastik an den Ufern und im Wasser könnte die Entscheidung befördert werden, den Faulschlamm aus den Förden & Buchten zu entfernen. Anstatt sie auf Wunder wartend aufzugeben. In 12 Jahren muß die Gesellschaft in S.-H. 5 bis 7 Mill. Tonnen Klärschlamm jährlich verwerten und die darin enthaltenen Nährstoffe zurückgewinnen. 22 % der Phosphatdünger können daraus hergestellt werden. Das SIEZ nimmt an den Vorplanungen dazu, am landesweiten Phosphordialog gerne teil. 5-7 Millionen Tonnen Faulschlamm liegen auf dem Grund der Schlei. Auf einmal ist das Problem nicht mehr unlösbar, sondern eine bessere Auslastung der zu planenden Anlagen.

Die Welt ist aus Entscheidungen gemacht. Gammelby ist zu Recht deponiesatt. Jetzt entsteht ein Planfeststellungsverfahren über die Verlegung der Deponie an die B76. Dort entsteht dann gegen den Willen von Kosel, aber von Gammelby befördert, die drittgrößte Bauschuttdeponie des Landes. Sie wird den „ausgemessenen“ Brokdorfschotter aufnehmen. Wie zuverläßig die Schlei vor dem schwach radioaktiven Schotter gesichert wird, steht in den Sternen. Eine weitere Schleikalamität droht. Sie würde das Aus der Schlei als Erholungsregion für die nächsten Tausend Jahre bedeuten. Allein die Gefahr wird den Tourismus an der Schlei belasten. Ist das eine gute Entscheidung?

Wir planen, die Mikrobelastung des Schleiwassers durch Plastik mittels Spektralanalyse zu messen und zu monitoren. Wir ersuchen die „richtigen Ansprechpartner“ uns dort angemessen finanziell zu unterstützen. Werden wir nicht unterstützt, kriegen wir das trotzdem hin. Es wird vom SIEZ keine Schuldzuweisungen und Schulddebatten in der Plastikkalamität geben. Das können andere wie das LKA besser.

Auch hier gilt: die Welt ist aus Entscheidungen gemacht. Richtigen und falschen. Wer sich einen Fleecepullover kauft anstatt einen aus Wollfilz, trifft eine prekäre Entscheidung. Kein Klärwerk wird mit den Fasern aus Micro und Nanaplastik fertig. Wer mit dem Finger Richting Refood und Stadtwerke zeigt, da zeigen drei Finger zeigen zurück. Und der Daumen zeigt in den Himmel. „Herr, wenn es dich denn gibt, warum hast du uns mit so wenig Vernunft und so viel Geschäftssinn ausgestattet.“

Karl Walther, Vorsitzende des SIEZ

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Flora und Fauna in der inneren Schlei

Flora und Fauna in der inneren Schlei

Flora und Fauna in der inneren Schlei

 

Verfasser: Svend Duggen, Dr. rer. nat., Dipl. Geologe-Paläontologe, Geowissenschaftler,

Gymnasiallehrer für Chemie und Geographie an der A. P. Møller Skolen in Schleswig.

Wenn Sie diesen Artikel zitieren möchten, geben Sie bitte Folgendes an:

Duggen S (2018) Flora und Fauna in der inneren Schlei. Erstmals erschienen auf der Internetseite des Schleiinformations- und Erlebniszentrums, SIEZ. www.schleiinfozentrum.de im Januar 2018. Aktuelle Version vom 28. Jan. 2018.

 

Zusammenfassung

Die Schlei hat eine einzigartige Mischung von Flora und Fauna vorzuweisen. Marine Arten dringen aus der Ostsee schleieinwärts bis nach Schleswig vor und zugleich breiten sich Süßwasserorganismen je nach Brackwassertoleranz schleiauswärts aus. In einer etwa 20 km langen Übergangszone kommen marine Arten, reine Brackwasserarten und brackwassertolerante Süßwasserarten nebeneinander vor.

Ursprünglich wurde die Verbreitung der Pflanzen und Tiere in der inneren Schlei hauptsächlich durch den Salzgehalt bestimmt. Durch die zunehmende Nährstoffbelastung seit dem Ende des 19. Jahrhunderts wurden viele Arten verdrängt oder sind sogar aus der Schlei verschwunden. Seither sind neue Arten, sogenannte Neobiota, aus anderen Teilen der Erde hinzugekommen. Viele Arten, die vor hundert Jahren noch massenhaft in der inneren Schlei vorkamen, haben bis heute nicht wieder Fuß fassen können. Manche sind in den vergangenen zehn Jahren erfreulicherweise erneut in der inneren Schlei wieder aufgetaucht oder breiten sich relativ rasch wieder aus, aber eben nur manche Arten.

Dies zeugt zwar von einer Verbesserung des ökologischen Zustands der Schlei vor allem im vergangenen Jahrzehnt. Dennoch wird der ökologische Zustand der inneren Schlei weiterhin als schlecht eingestuft. Und es ist unwahrscheinlich, dass die derzeitige Verbesserung von allein weitergeht, ohne die Nährstoffbelastung der Schlei zu senken. Die Dokumentation der Ausbreitung und das erneute Auftreten verschwundener Arten ist allerdings ein Spiegel für den sich verändernden ökologischen Zustand, ebenso wie das Verschwinden. Der Weg zu einem guten Zustand ist noch sehr weit, würde aber in der inneren Schlei mit einer Erhöhung der Artenvielfalt einhergehen, die aufmerksame Naturbeobachter erleben können.

Dieser Artikel soll dazu beitragen, die Vielfalt der Flora und Fauna der inneren Schlei und Veränderungen zeitnah sichtbar zu machen. Das Brackwasser der inneren Schlei ist trüb und daher sind viele Pflanzen und Tiere oft nicht unmittelbar zu sehen. Flora und Fauna der inneren Schlei hinterlassen jedoch Spuren an den Ufersäumen und verschiedene Arten sind gerade bei Niedrigwasser bei Sturm leichter zu finden. Mitglieder des SIEZ führen Begehungen entlang des Schleiufers durch, bei Niedrigwasser auch seewärtig, und nutzen auch Boote für Untersuchungen. Funde werden fotografisch mit Angaben zu Ort und Zeit dokumentiert und Neufunde diesem Artikel hinzugefügt.

Hilfreich bei der Bestimmung der gefundenen Arten ist die Eingrenzung auf die in der Literatur von Biologen beschriebenen Pflanzen und Tiere. Diese Literatur in Form von wissenschaftlichen Artikeln, Berichten, Kartierungen, Diplom- und Doktorarbeiten reicht bis in die 1870er Jahre zurück. Die Werke enthalten oftmals veraltete lateinische Namen, welche mit Hilfe einer geeigneten Datenbasis (z.B. World Register of Marine Species, WoRMS) zunächst übersetzt werden müssen. Anhand der heute gültigen lateinischen Namen lassen sich dann auch die deutschsprachigen Bezeichnungen leichter finden, welche hier zugefügt sind, falls vorhanden, denn Namen in der eigenen Sprache sind leichter zu merken. Weiterhin gibt es regionale, z.T. plattdeutsche Namen von Pflanzen und Tieren, die von den Fischern genutzt werden. Diese sollen hier ebenfalls nach und nach zugefügt werden.

Der Schwerpunkt dieses Artikels ist zunächst die innere Schlei, hier verstanden als der Teil der Schlei von Schleswig bis zur Missunder Enge, d.h. die Große Breite, die Kleine Breite, die Schleswiger Bucht und das Selker und Haddebyer Noor. In den einzelnen Abschnitten werden kurze Zusammenfassungen zu den früher vorhandenen Arten gegeben. Dies spiegelt die Artenvielfalt in der inneren Schlei wieder bevor ihr Zustand in den 1970er Jahren extrem schlecht wurde und zeigt, welche Vielfalt mit zunehmender Verbesserung wieder erreicht werden könnte. Es wird dadurch deutlicher, welchen Mehrwert es für alle hätte, wenn der Zustand der Schlei sich weiter verbessern würde.

 

Weitere Entwicklung dieses Artikels

Sie können zur Entwicklung dieses Artikels auf zwei Weisen beitragen:

1) Senden Sie ein Foto von einem neuen Fund oder ein besseres Foto als in diesem Artikel dargestellt. Geben Sie Fundort, Zeitpunkt und ihren Namen an. Mit der Zusendung erlauben Sie uns, das Foto in diesem Artikel unter Angabe Ihres Namens zu veröffentlichen.

2) Sie haben Expertise für eine Organismengruppe in diesem Artikel und stellen einen gefundenen Fehler richtig oder sind bei der Bestimmung von Spezies behilflich, sofern dies vom Foto her möglich ist.

Nach und nach kann am SIEZ ein Buch zur Vielfalt der Flora und Fauna der Schlei mit Text und Bildern entstehen, das für alle Anwohner und Besucher der Schlei zugänglich ist.

Kontakt: svend_duggen@skoleforeningen.de

 

Inhaltsverzeichnis

1. Flora der inneren Schlei (Unterwasservegetation)

2. Fauna der inneren Schlei

2.1. Weichtiere (Muscheln und Wasserschnecken)

2.2. Krebstiere (Seepocken, Schwebegarnelen, Muschelkrebse, Flohkrebse, Krabben, Flusskrebse)

2.3. Ringelwürmer

2.4. Quallen

2.5. Schwämme

2.6. Moostierchen

2.7. Insekten

Weitere historisch und heutzutage häufige Organismengruppen der inneren Schlei sollen nach und nach hinzugefügt werden (Plankton, Fischfauna, Vögel usw.).

 

1. Flora der inneren Schlei (Unterwasservegetation)

Ende des 19. Jahrhunderts und bis in die 1930er Jahre hinein wurde die Randzone der Schlei durch „Pflanzenwälder“ besiedelt. Diese bestanden aus häufigen bis massenhaften Vorkommen von Kamm-Laichkraut (Potamogeton pectinatus), Durchwachsenes Laichkraut (Potamogeton perfoliatus) und Baltischer Armleuchteralge (Chara baltica). Die Wachstumsgrenze lag in der Kleinen und Großen Breite um 1885 offenbar bei etwa 2-2,5 m Tiefe. Örtlich massenhaft traten Ähriges Tausendblatt (Myriophyllum spicatum), Salzwasser-Hahnenfuss (Ranunculus peltatus sp. Baudottii), Sumpf-Teichfaden (Zannichellia palustris) und Gemeiner Darmtang (Ulva intestinalis) auf. Am Nordrand der Großen Breite kam zusätzlich Blasentang (Fucus vesiculosus) vor.

Diese einzigartige Mischung von brackwassertoleranten Süßwasserpflanzen, reinen Brackwasserpflanzen und brackwassertoleranten marinen Pflanzen ist um 1940 verloren gegangen und bis heute nicht wieder hergestellt. Als der ökologische Zustand der inneren Schlei extrem schlecht war (1970er, 1980er), waren alle Pflanzen weitestgehend verschwunden. Lediglich einzelne kleine Vorkommen von Kamm-Laichkraut waren übrig.

Insbesondere in den letzten zehn Jahren hat sich der Zustand der Schlei sichtbar verbessert. Dies wird u.a. durch eine Ausbreitung des Kamm-Laichkrauts entlang der Uferzone der inneren Schlei deutlich. Das Kamm-Laichkraut steht typischerweise in einem Tiefenbereich von etwa 60 cm bis 150 cm Wassertiefe bezogen auf einen normalen Wasserstand. Im Sommer ist es entlang der Uferzone sogar bei Normalwasser an der Wasseroberfläche sichtbar. Auf hartem Substrat (z.B. Steinen) bis etwa 30 cm Wassertiefe kommt Gemeiner Darmtang, örtlich auch massenhaft, vor.

Das Raue Hornblatt, welches mit dem Ährigen Tausendblatt verwechselt werden kann, wurde 2017 wachsend im Schlick im salzärmeren Teil der Schleswiger Bucht entdeckt. Im Herbst 2017 wurde vor Fahrdorf nach einem Sturm sehr häufig angetriebene Stängel des Rauen Hornblatts gefunden. Diese sind wahrscheinlich eher aus Auen in die Schlei eingespült worden und daher weniger ein Hinweis für eine weitere Verbreitung in der Schleswiger Bucht. Ähnlich verhält es sich bei häufigen Funden der Kanadischen Wasserpest im Januar 2018 entlang der Ufersäume der östlichen Großen Breite. Die Bruchstücke sind sehr wahrscheinlich aus den einmündenden Wasserläufen, z.B. der Hüttener Au, wo die Pflanze häufig vorkommt, in die Große Breite eingespült worden. Bisher gibt es keinen Hinweis, dass die Kanadische Wasserpest sich im Brackwasser der inneren Schlei angesiedelt hat. Dies wäre aber bei einer Salzgehalttoleranz von 2,5 ‰, der Neigung zur vegetativen Vermehrung und geringen Anforderungen an Licht für Bereiche der Schleswiger Bucht und dem Selker und Haddebyer Noor denkbar.

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Bild 1.-1: Kamm-Laichkraut bei Niedrigwasser vor Weseby im Dezember 2015. Auf der sandig-schlickigen Fläche vor Weseby kommt das Kamm-Laichkraut heute wieder massenhaft vor. Es beruhigt die auflaufende Wellenbewegung und verlangsamt die Abtragung der dahinterliegenden sandigen Steilküste. Außerdem zu sehen sind Brackwasserseepocken und Wasserdeckelschnecken. Foto: S. Duggen.

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Bild 1.-2: Kamm-Laichkraut mit Überwuchs im Hafenbecken des Fahrdorfer Seglervereins im Sommer 2017. In wellengeschützten Lagen bildet sich auf dem Kamm-Laichkraut ein Überwuchs (z.B. aus Algen, Pilzen, abgesetzten Schwebepartikeln). In diesen Lagen muss das Laichkraut schneller wachsen als sich der Überwuchs bilden kann, um stets genug Licht zu erhalten. Die Spitzen des Kamm-Laichkrauts erreichen die lichte Wasseroberfläche. In wellenbewegten Bereichen der Schlei kann sich der Überwuchs nicht oder kaum bilden. Foto: S. Duggen.

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Bild 1.-3: Kamm-Laichkraut entlang der Promenade in Schleswig. Die Oberfläche der Kamm-Laichkraut-Felder ist gut durch die Bereiche mit beruhigter Wasseroberfläche etwa 10-15 m vor dem Ufer zu erkennen. Foto: S. Duggen.

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Bild 1.-4: Gemeiner Darmtang auf Steinen entlang der Uferzone zwischen Marienbad und Haddeby im Sommer 2017. Foto: S. Duggen.

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Bild 1.-5: Nahaufnahme vom Gemeinen Darmtang aufwachsend auf Hartsubstrat (Steinen) entlang der Uferzone zwischen Marienbad und Haddeby im Sommer 2017. Foto: S. Duggen.

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Bild 1.-6: Raues Hornblatt im August 2017 in der Schleswiger Bucht zwischen Marienbad und Haddeby. Es wurde 2017 wachsend im Schlick bei etwa 20-30 cm Wassertiefe (bezogen auf Normalwasserstand) in der Schleswiger Bucht vorgefunden. Es kommt in der etwas wellenberuhigten Flachwasserzone zwischen dem Ufer und einem lichten Kamm-Laichkrautfeld (ab etwa 70 cm Wassertiefe) vor. Foto: S. Duggen.

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Bild 1.-7: Bruchstück des etwas wellenempfindlichen Rauen Hornblatts im August 2017 in der Schleswiger Bucht zwischen Marienbad und Haddeby. Das Stück lag treibend im Wasser einige Meter von der im Schlick wachsenden Pflanze entfernt. Foto: S. Duggen.

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Bild 1.-8: Angespülte Stücke von Kanadischer Wasserpest (Elodea canadensis) im zwischen Büscheln von angespültem Kamm-Laichkraut am Ufersaum bei Burg Strand im östlichen Bereich der Großen Breite im Januar 2018. Photo: S. Duggen.

 

2. Fauna der inneren Schlei

2.1. Weichtiere (Muschelfauna und Wasserschnecken)

Muschelfauna

Wie bei den Unterwasserpflanzen war die innere Schlei früher bei der Muschelfauna durch ein gleichzeitiges Nebeneinander von marinen Arten und Süßwasserarten gekennzeichnet. Dieses Zustandsmerkmal ging verzögert, etwa 20-30 Jahre nach dem Zusammenbrechen der weit verbreiteten Unterwasservegetation, verloren.

Die Sandklaffmuschel (Mya arenaria) wurde wahrscheinlich um 1.000 n. Chr. durch die Wikinger aus Nordamerika nach Europa und damit in die Schlei eingeschleppt.

In den 1930er Jahren gab es bereits Hinweise für einen Rückzug der marinen Arten aus der inneren Schlei. Bis in die 1960er Jahre kamen bis Schleswig noch marine Muscheln wie die zu den Herzmuscheln gehörende Lagunen-Herzmuschel (Cerastoderma glaucum), die zu den Tellmuscheln gehörende Baltische Plattmuschel (Limecola (Macoma) baltica) und die zu den Klaffmuscheln gehörende Sandklaffmuschel (Mya arenaria) vor. Die Lagunen-Herzmuschel machte in Schlickproben etwa die Hälfte der Muschelfauna aus. In der Kleinen Breite kam sie sogar massenhaft mit etwa 400 Stück/m2 vor. Die marinen Muscheln in der inneren Schlei waren kleiner als die Exemplare in der Ost- und Nordsee, was auf den ökologischen Stress, insbesondere durch den niedrigen Salzgehalt des Brackwassers, zurück zu führen ist. In den 1970er Jahren wurden Herzmuscheln nur noch auf besser durchlüfteten Bereichen der Großen Breite in geringer Bestandsdichte gefunden. Zu Anfang der 1980er Jahre wurden bei Untersuchungen durch Kieler Forscher im inneren Teil der Schlei keine marinen Muscheln mehr gefunden.

In den letzten zehn Jahren ist die Verbreitungsgrenze der Lagunen-Herzmuschel und Sandklaffmuschel wieder bis nach Schleswig vorgerückt. Sie sind 2017 lebend in der Uferzone vor Fahrdorf gefunden worden. Die Muscheln besiedeln in der inneren Schlei vorzugsweise die sandig-schlickige Uferzone bis etwa 1 m Wassertiefe. Die bis 1 cm kleinen Lagunen-Herzmuscheln liegen recht flach im Schlick und können das Sediment verlassen, einige Dezimeter wandern und sich wieder eingraben. Daher sind sie bei Niedrigwasser recht leicht zu entdecken. Die etwas größeren Sandklaffmuscheln verbleiben, nachdem die Larve sich am Boden festgesetzt hat, den Rest ihres Lebens im Schlick, in der Schlei typischerweise in etwa 10-20 cm Tiefe eingegraben. Gelegentlich werden auch sie freigespült, insbesondere wenn Seevögel sie durch waten freigelegt haben. Watstellen von Seevögeln sind bei Niedrigwasser häufig im Schlick der Uferzone zu sehen. Neben Lebendfunden weisen auch häufige Vorkommen von frischen Schalenresten, insbesondere solche wo die beiden Klappen mit organischem Ligamentband noch zusammenhängen, am Ufer auf die Verbreitung hin. Obwohl Herzmuschel und Sandklaffmuschel wieder bis Schleswig vorkommen, sind die früheren Bestandsdichten bei weitem noch nicht wieder erreicht worden.

Die Baltische Plattmuschel lebt nur wenige Zentimeter tief im Schlick. Diese ist bisher nicht wieder lebendig in der inneren Schlei vorgefunden worden, aber Funde frischer Schalen (auch zweiklappig mit Ligamentband) weisen deutlich darauf hin, dass die Baltische Plattmuschel wieder lebend zumindest im östlichen Teil der Großen Breite vorkommt.

Bis in die 1930er Jahre kam außerdem im innersten Teil der Schlei (Nordseite der Kleinen Breite, an der Möweninsel und im Selker und Haddebyer Noor sogar mit Massenentwicklung) die zu den Dreikantmuscheln gehörende Wandermuschel (Zebramuschel) (Dreissena polymorpha) als brackwassertolerante Süßwassermuschel vor. Sie ist wahrscheinlich Mitte des 19 Jahrhunderts in die Schlei, wie anderenorts in der Ostsee, eingeschleppt worden. Zuletzt wurde die Wandermuschel von den Holmer Fischern in den 1950er Jahren im Selker und Haddebyer Noor vorgefunden und ist bisher nicht wieder in der inneren Schlei aufgetaucht.

Gelegentlich können im Ufersaum der inneren Schlei in unmittelbarer Nähe der Mündungsbereiche großer Auen (z.B. Hüttener Au in der Großen Breite) häufig Schalen der Gemeinen Kugelmuschel (Sphaerium corneum) gefunden werden. Obwohl diese Süßwassermuschel brackwassertolerant ist, weisen Funde zusammen mit Resten von typischen Süßwasserorganismen darauf hin, dass die Schalen dieser Muscheln mit dem Wasser der nahegelegenen Au eingebracht und anschließend an das Ufer gespült wird.

Muscheln sind effektive Filtrierer und ernähren sich von organischen Partikel und einzelligen Algen im Wasser. Die Filtrierleistung einer weit verbreiteten Muschelfauna mit hoher Siedlungsdichte wäre enorm und würden Teil eines guten ökologischen Zustands der inneren Schlei sein.

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Bild 2.1.-1: Lebendige erwachsene, ca. 1,5 cm lange Lagunen-Herzmuschel auf sandigem Schlick vor Weseby bei Niedrigwasser im Dezember 2015. Foto: S. Duggen.

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Bild 2.1.-2: Lebendige erwachsene, ca. 1,5 cm lange Lagunen-Herzmuscheln angespült am Ufersaum am Fleckebyer Strand unmittelbar östlich der Mündung der Hüttener Au im Januar 2018. Foto: S. Duggen.

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Bild 2.1.-3: Lebendige erwachsene, ca. 1 cm lange Lagunen-Herzmuschel bei Niedrigwasser auf sandigem Schlick am Bäckerstrand von Fahrdorf im September 2017. Foto: S. Duggen.

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Bild 2.1.-4: Lebendige erwachsene, ca. 1 cm lange Lagunen-Herzmuschel (zusammen mit Wasserschnecken) bei Niedrigwasser auf sandigem Schlick im Hafenbecken des Fahrdorfer Seglervereins im September 2017. Foto: S. Duggen.

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Bild 2.1.-5: Lebendige erwachsene, ca. 3 cm lange Sandklaffmuschel auf sandigem Schlick vor Weseby bei Niedrigwasser im Dezember 2015. Foto: S. Duggen.

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Bild 2.1.-6: Angespülte, knap 4 cm lange zweiklappige Schalen, von kurz zuvor verstorbenen Sandklaffmuscheln im Ufersaum von Burg Strand in der Großen Breite im Januar 2018. Foto: S. Duggen.

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Bild 2.1.-7: Lebendige erwachsene, ca. 2,5 cm lange Sandklaffmuschel bei Niedrigwasser auf sandigem Schlick am Bäckerstrand von Fahrdorf im September 2017. Foto: S. Duggen.

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Bild 2.1.-8: Schale der knap 1 cm langen und hellbraunen Gemeinen Kugelmuschel (oben links im Bild) angespült am Ufersaum am Fleckebyer Strand unmittelbar östlich der Mündung der Hüttener Au im Januar 2018. Im Ufersaum wurden zusammen mit den Schalen der Süßwassermuschel häufig Reste anderer typischer Süßwasserorganismen gefunden (z.B. Kanadische Wasserpest, Wasserlungenschnecken). Dies weist darauf hin, dass die Gemeine Kugelmuschel im unteren Verlauf der Hüttener Au häufig vorkommt und lose Schalen gestorbener Tiere gelegentlich in die Große Breite eingespült werden. Foto: S. Duggen.

 

Wasserschnecken

Anfang des 20. Jahrhunderts kamen hinsichtlich der Schnecken zahlreiche Arten von Meeres-, Brackwasser- und Süßwasserschnecken vor, des weiteren Lungenschnecken. In der inneren Schlei dominierte in den 1930er Jahren drei zu den Wasserdeckelschnecken und Vorderkiemern gehörende Arten: Die in Brack- und Meerwasser vorkommende Gemeine Wattschnecke (Peringia ulvae, früher auch Hydrobia ulvae) und die Bauchige Wattschnecke (Eicrobia ventrosa, früher auch Hydrobia ventrosa) sowie die Neuseeländische Zwergdeckelschnecke (Potamopyrgus antipadorum, früher auch Potamopyrgus jenkinsi) als brackwassertolerante Süßwasserschnecke.

Die Gemeine Wattschnecke toleriert niedrige Salzgehalte bis etwa 1-3,3 ‰ herunter, während die Neuseeländische Zwergdeckelschnecke bis 5 ‰ herauf gute Wachstumsraten vorfindet, aber eine Fortpflanzung bis 15 ‰ möglich ist. Die Arten können in der inneren Schlei also nebeneinander vorkommen. Eine Unterscheidung ist wegen der fehlenden artspezifischen Merkmale und der sehr variablen Ausformung der Gehäuse der einzelnen Arten sehr schwierig. Die Neuseeländische Zwergdeckelschnecke stammt, wie der Name besagt, aus Neuseeland und wurde im 19. Jahrhundert mit Schiffen zunächst über Großbritannien nach Europa verschleppt. Seit etwa 1887 hat sie sich rasant in Kontinentaleuropa ausgebreitet und ist wenigstens seit den 1930er Jahren in der inneren Schlei zu finden. In den 1930ern wurde außerdem am Kamm-Laichkraut in der Großen Breite die zu den Hinterkiemern der Meeresschnecken gehörende bis 1 cm lange Schwarzmelierte Schlundsackschnecke (Calliopaea bellula, früher Embletonia (Stiliger) mariae) beschrieben.

Unter den Süßwasserschnecken kamen in der inneren Schlei die zu den Vorderkiemern gehörende Gemeine Kahnschnecke (Theodoxus fluviatilis) weit verbreitet vor und in ausgesüßteren Bereichen der Noore, der Schleswiger Bucht und der Kleinen die Bauchige Schnauzenschnecke (Bithynia leachii), die Gemeine Federkiemenschnecke (Valvata piscinalis) neben der Federkiemenschnecke Valvata cristata, und die heute vom Aussterben bedrohte Valvata studeri (früher Valvata pulchella). Unter den Lungenschnecken kam am häufigsten die Gemeine Schlammschnecke (Radix balthica oder Radix ovata) und seltener, aber etwas häufiger im Haddebyer Noor, die Spitzschlammschnecke (Lymnea stagnalis) vor.

Heute sind insbesondere bei Niedrigwasser auf sandig-schlickigen Flächen und auf Steinen der Uferzone die Wattschnecken und die Neuseeländische Zwergdeckelschnecke zu finden, im innersten Teil der Schlei gelegentlich auch Wasserlungenschnecken.

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Bild 2.1. -7: Wasserdeckelschnecken bei Niedrigwasser auf sandigem Schlick am Bäckerstrand von Fahrdorf im September 2017. Foto: S. Duggen.

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Bild 2.1.-8: Wasserdeckelschnecken bei Niedrigwasser auf sandigem Schlick (zusammen mit Röhrenkrebsen) in der Uferzone zwischen Marienbad und Haddey in der Schleswiger Bucht im August 2017. Foto: S. Duggen.

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Bild 2.1.-9: Massenhaftes Vorkommen von Wasserdeckelschnecken bei Niedrigwasser auf sandigem Schlick (zusammen Kamm-Laichkraut) auf der sandig-schlickigen Fläche vor Weseby in der Großen Breite. Foto: S. Duggen.

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Bild 2.1.-10: Wasserlungenschnecke auf schlammigen Grund bei Niedrigwasser vor der Mündung eines Baches zwischen Marienbad und Haddeby im Sommer 2017. Es handelt sich wahrscheinlich um die Spitzschlammschnecke Lymnea stagnalis Foto: S. Duggen.

 

2.2. Krebstiere

In der inneren Schlei kommen auch heute unterschiedliche Krebstiere vor: Zu den Rankenfußkrebsen gehörende Brackwasser-Seepocke (Balanus improvisus), Schwebegarnelen (Glasgarnelen) wie Neomysis integer, Muschelkrebse (Ostrakoden), verschiedene Flohkrebse wie Schlickkrebse und Röhrenkrebse, die zu den Krabben gehörende Zuiderzeekrabbe (Rithropanopeus harrisii), der zu den Großkrebsen und Flusskrebsen gehörende europäische Edelkrebs (Astacus astacus). Einige Krebstiere sind Neobiota, d.h. sie waren ursprünglich nicht in der Schlei beheimatet und ihre Ausbreitung wurde durch den Menschen beeinflusst (z.B. die Zuiderzeekrabbe, Süßwasser-Röhrenkrebs, Europäischer Edelkrebs).

Seepocken

Die Brackwasser-Seepocke kam früher und kommt auch heute massenhaft in der inneren Schlei auf Hartsubstrat vor. Sie heften an Steinen, Holz, Pfählen, Rohrleitungen, Kamm-Laichkraut und Booten. Sie ist im Laufe des 19. Jahrhunderts, wahrscheinlich aus Nordamerika mit Schiffen, in Europa eingewandert. Für das Jahr 1930 wird von einem unangenehm starken Befall der Brackwasser-Seepocke bei Schleswig berichtet.

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Bild 2.2.-1: Brackwasser-Seepocke ohne Überwuchs auf einem Stück Holz bei Niedrigwasser vor Weseby in der Großen Breite im Dezember 2015. Foto: S. Duggen.

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Bild 2.2.-2: Brackwasser-Seepocke mit braunem Überwuchs auf Steinen bei Niedrigwasser vor Fahrdorf in der Kleinen Breite im September 2017. Foto: S. Duggen.

 

Schwebegarnelen

Es gibt verschiedene Schwebegarnelen in der Schlei. Ungemein häufig in der inneren Schlei war bereits Anfang des 20. Jahrhunderts Neomysis integer (Neomysis vulgaris), welche entlang der Uferzone über Sandflächen vorkommt. Dort ziehen sie in Schwärmen umher. Sie tritt in solchen Massen auf, dass sie als Fischnährtier von Bedeutung ist.

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Bild 2.2.-3: Schwarm mit Schwebegarnelen (Glasgarnelen), wahrscheinlich Neomysis integer, vor Fahrdorf in der Kleinen Breite im September 2017. Foto: S. Duggen.

 

Muschelkrebse

Muschelkrebse (Ostrakoden) kamen noch in den 1930er Jahren sowohl im Schlick der Vegetationszone bis etwa 2 m Tiefe als auch auf dem vegetationslosen Seeboden in 3-5 m Tiefe der inneren Schlei vor. Besonders häufig waren die an sehr variable Salzgehalte angepasste Cyprideis torosa (C. litoralis) und die Brackwasserarten Candona angulata und Cytheromorpha fuscata.

Die meist 0,5 bis 2 cm kleinen Tiere bewegen sich meist kriechend und durchwühlen den weichen Untergrund nach Nahrung, manche graben sich ein und leben als Filtrierer. In der Literatur wird von einem ungeheuren Individuenreichtum auch auf dem vegetationslosen Seeboden gesprochen. Reste dieser Muschelkrebsfauna sind in Sedimentkernen aus der Mitte der Kleinen Breite zu sehen: In der braunen Gyttja, der natürlichen Seebodenbildung am Grund der Schlei, kommen Reste der Muschelkrebse sehr häufig vor. Im darüber liegenden schwarzen Faulschlamm (Sapropel) fehlen diese.

Dieser Sachverhalt verdeutlicht, dass die weit verbreitete und massenhafte Muschelkrebsfauna der inneren Schlei mit dem Auftreten des Faulschlamms verloren gegangen ist. Es ist unwahrscheinlich, dass Muschelkrebse den Grund der Schlei wieder besiedeln können, solange der Faulschlamm mit dazu gehörigen sauerstoffarmen Bedingungen an der Oberfläche etwa 60-70 % des Grundes der Schlei bedeckt. Dies ist besonders erschwert, da die Lebensdauer von Muschelkrebsen nur einige Monate beträgt und in die wärmere Jahreszeit vom Frühjahr bis Herbst fällt, in der das Risiko für Sauerstoffschwund an der Faulschlammoberfläche besonders hoch ist. Muschelkrebse dürften aber im schlickigen Sediment der Vegetationszone entlang des Schleiufers auch heute vorzufinden sein.

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Bild 2.2.-4: Ausschnitt eines Sedimentkerns aus der Mitte der Kleinen Breite bei etwa 4 m Wassertiefe. Die braune Gyttja liegt etwa unter dem etwa 30-40 cm mächtigen schwarzen Faulschlamm und enthält weiße Schalenreste von überwiegend Muschelkrebsen zusammen mit Schalenresten von Wasserdeckelschnecken. Foto: M. Seifert.

 

Flohkrebse

Es gibt unterschiedliche am Boden lebende Flohkrebse in der inneren Schlei, darunter die Unterordnungen der Gammariden sowie Schlickkrebse und Röhrenkrebse. Unter den Gammariden kam früher den Bachflohkrebsen ähnlichen Gammarus zaddachi vor, desweiteren der Schlickkrebs Corophium volutator. Heute findet man in der inneren Schlei sehr häufig einen Flohkrebs mit sehr langen Antennen. Dabei handelt es sich seht wahrscheinlich der aus dem Schwarzem Meer-Gebiet über Flüsse und Kanäle Anfang des 20. Jahrhunderts nach Deutschland eingewanderte Süßwasser-Röhrenkrebs (Chelicorophium curvispinum). Dieser kann leicht mit Chelicorophium robustum, mit dem er oft gemeinsam vorkommt, verwechselt werden. Der Einfachheit halber wird dieser Flohkrebs hier vorerst nur als Süßwasser-Röhrenkrebs benannt.

Die Flohkrebse besiedeln die sandig-schlickigen Flächen der Flachwasserzonen und z.T. die tieferlegende Faulschlammoberfläche. Die Ausbreitung der Arten kann durch Salzgehalte begrenzt sein. Der aus dem Wattenmeer bekannte Schlickkrebs (Corophium volutator) ist an wechselnde Salzgehalte angepasst und kann daher in der Schlei weit verbreitet sein. Dagegen toleriert der Süßwasser-Röhrenkrebs (Chelicorophium curvispinum) nur Salzgehalte bis 6 ‰, er kann also in der Schleswiger Bucht und der Kleinen Breite vorkommen, dagegen in der Großen Breite eher nicht.

Auffällig ist, dass die Röhrenkrebse der Flachwasserzonen eine eher gräuliche Farbe haben, während auf der Faulschlammoberfläche gefundene Flohkrebse eine deutlich rötliche Färbung zeigen. Dies ist wahrscheinlich auf die unterschiedlichen Sauerstoffgehalte der Lebensräume zurück zu führen; ein höherer Gehalt des roten Blutfarbstoffes erlaubt Röhrenkrebsen auch eine Besiedlung der im Sommer sauerstoffarmen Faulschlammoberfläche. Bei anhaltendem extremen Sauerstoffschwund, wie er in der inneren Schlei an der Faulschlammoberfläche vorkommen kann, würden sie allerdings auch absterben.

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Bild 2.2.-5: Flohkrebse (Süßwasser-Röhrenkrebse) mit Wohnröhren im sandigen Schlick bei Niedrigwasser in der Uferzone zwischen Marienbad und Haddey in der Schleswiger Bucht im August 2017. Foto: S. Duggen.

Röhrenkrebs

Bild 2.2.-6: Flohkrebs (Süßwasser-Röhrenkrebs) mit Häutungsresten im sandigen Schlick bei Niedrigwasser in der Uferzone am Bäckerstrand in Fahrdorf in der Kleinen Breite im September 2017. Foto: S. Duggen.

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Bild 2.2.-7: Flohkrebse (Süßwasser-Röhrenkrebse) in einer Probe von der Faulschlammoberfläche aus der Kleinen Breite im August 2017. Foto: S. Duggen.

 

Krabben

Die Zuiderzeekrabbe kommt häufig in der inneren Schlei vor. Die kleine, nur einige Zentimeter Breite Krabbe stammt von der Ostseeküste Nordamerikas und kam wahrscheinlich mit dem Ballastwasser von Schiffen nach Europa. Um 1870 wurde sie zunächst in der Zuiderzee in Holland entdeckt, 1936 im Nordostseekanal und in der Schlei zuerst 1948. Sie besiedelt vor allem die Uferzone mit Versteckmöglichkeiten. Im Sommer 1960 wurden in der Großen Breite etwa 200 Individuen/m2 mit überwiegend 5 mm kleinen Krabben vorgefunden. Ansonsten kam sie in wesentlich geringerer Anzahl vor, war aber in den Mägen von Fischen wie Flundern, Aalen und Plötzen zu finden. Heute ist sie in der inneren Schlei am einfachsten zwischen und unter Steinen entlang der Uferzone zu finden.

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Bild 2.2.-8: Zwei Zuiderzeekrabben zwischen Steinen am Ufer zwischen Marienbad und Haddeby in der Kleinen Breite im August 2017. Foto: S. Duggen.

 

Flusskrebse

Der Europäische Edelkrebs wird in der älteren Literatur nicht erwähnt. Er wurde allerdings vor einigen Jahren erstmals lebendig in der Kleinen Breite entdeckt. Den Fischern ist der Edelkrebs als gelegentlicher Beifang in der inneren Schlei bekannt. Ein Bestand ist aus dem Langsee-Füsinger Au-System bekannt, woher wahrscheinlich auch die Exemplare in der inneren Schlei stammen.

 

2.3. Ringelwürmer

Ringelwürmer (auch Gliederwürmer) werden in Vielborster (Polychaeta) und Gürtelwürmer (Clitellata) unterteilt, diese wiederum in Wenigborster (Oligochaeta) und Egel (Hirudinea). Hier werden zunächst die Vielborster der inneren Schlei dargestellt.

Vielborster

Anfang und Mitte des 20. Jahrhunderts wurden bereits die zu den Ringelwürmern gehörenden Vielborster beschrieben. In der inneren Schlei kam weit verbreitet der Bernstein-Ringelwurm (Alitta succinea, früher Nereis succinea) neben dem Seeringelwurm (Nereis diversicolor) vor. Der Seeringelwurm kann weiter ins Brackwasser vordringen als der Bernstein-Ringelwurm, was möglicherweise auf den höheren Salzanspruch der Larven des Bernstein-Ringelwurmes zurück zu führen ist. In Untersuchungen der 1960er Jahre überwiegte von Schleimünde bis Missunde der Bernstein-Ringelwurm, weiter schleieinwärts der Seeringelwurm.

Bis in die Kleine Breite war auch der aus der Ostsee bekannte Kalkbohrwurm (auch: Gewöhnlicher Polydorawurm) (Polydora ciliata) vorhanden, der in Kalksteinen typische kleine Bohrlöcher hinterlässt. Bis in die Große Breite kam auch noch der Brackwasserpolychaet Streblospio shrubsoli vor, dessen Häufigkeit im Bereich 5-10 ‰, also in der Großen Breite, stark abnahm. Dagegen trat schleieinwärts Alkmaria romijni verstärkt hervor und besiedelte bis Schleswig den schlickigen Grund, z.T. sogar den Faulschlamm. Gelegentlich wurden auch kleinere Vielborster wie Fabricia sabella und Manayunkia aestuarina gefunden.

Als aus Nordamerika in die Nord- und Ostsee eingeschleppter Vertreter dürfte auch der grün-rötliche Grüne Brackwasserwurm (Marenzelleria viridis), der erstmals 1989 in der Ostsee nachgewiesen wurde, heute in der inneren Schlei vorkommen. Untersuchungen im Darß-Zingster Bodden und der restlichen Ostsee zeigen, dass diese invasive Art in Brackwasser im Bereich 0,5 bis 10 % Salzgehalt besiedeln kann, allerdings mit deutlich geringeren Besiedlungsdichten unterhalb von 3-5 ‰, da die Larven für die vollständige Entwicklung mindestens 5 ‰ erfordern. Das bedeutet, dass der Grüne Brackwasserwurm die gesamte innere Schlei besiedeln könnte, jedoch in der Großen Breite deutlich häufiger vorkommen sollte als in der Kleinen Breite und der Schleswiger Bucht.

Der Bernstein-Ringelwurm, und der Seeringelwurm besiedeln bevorzugt den schlickigen Grund, der in der inneren Schlei bis etwa 1,5-2 m Tiefe vorkommt. Bei Niedrigwasser sind sie entlang der Uferzone im Schlick leicht zu finden sind. Auf der Faulschlammoberfläche ab etwa 1,5-2 m Tiefe sind die Ringelwürmer weniger häufig. Die Seeringerwürmer sind Allesfresser und sind eine wichtige Nahrung für Seevögel und Fische.

Allerdings sind diese Vielborster wegen der sich verändernden Färbung leicht zu verwechseln. Folgende Merkmale können bei der Unterscheidung behilflich sein: Der Bernstein-Ringelwurm ist an einem Ende braun und ansonsten rötlich-braun, manchmal mit etwas grünlichen Bereichen. Der Seeringelwurm, der in der inneren Schlei überwiegt, zeigt eine variable Färbung, woher auch die Bezeichnung diversicolor im Artennamen stammt. Normalerweise sind die Seeringelwürmer rötlich-braun und am Rücken ist ein zentrales Blutgefäß gut zu sehen und man kann das Pulsieren des Blutes beobachten. Zur Paarungszeit im Winter verfärben sich die Tiere: Die Männchen leuchtend grün, die Weibchen dunkler grün, wobei auf dem Rücken die vorherige orange-braune Färbung durchscheint. Das zentrale Blutgefäß ist dann weniger deutlich. Die Verfärbung hängt mit dem Abbau des roten Blutfarbstoffes Hämoglobin zusammen, dessen Abbauprodukt Biliverdin ein grüner Farbstoff ist. Der Grüne Brackwasserwurm hat oft einen grünen Körper mit zentralem roten Streifen und/oder rötlichen Stummelfüssen und Borsten.

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Bild 2.3.-1: Seeringelwurm im Schlick vor Weseby in der Großen Breite bei Niedrigwasser im Dezember 2015. Foto: S. Duggen.

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Bild 2.3.-2: Seeringelwurm zur Paarungszeit auf sandig-schlickigem Grund vor Weseby in der Großen Breite bei Niedrigwasser im Dezember 2015. Foto: S. Duggen.

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Bild 2.3.-3: Seeringelwurm auf schlickigem Grund zwischen Marienbad und Haddeby in der Schleswiger Bucht bei Niedrigwasser im August 2017. Foto: S. Duggen.

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Bild 2.3.-3: Seeingelwurm auf schlickigem Grund am Bäckerstrand in Fahrdorf in der Kleinen Breite bei Niedrigwasser im September 2017. Foto: S. Duggen.

 

2.4. Quallen

Die Medusen mancher mariner Quallen können in die innere Schlei vordringen. Dies sind heute die Ohrenqualle (Aurelia aurita), in der Schlei auch „Seeflaggen“ genannt, und Rippenquallen.

Es wird beschrieben, dass im Jahr 1888 die Ohrenqualle in solchen Massen in der Schlei vorkam, dass die Wadenfischerei behindert wurde. Noch in den 1930ern wird berichtet, dass die Ohrenquallen gelegentlich bis in die Große Breite gelangten. In den letzten Jahren dringen dezimetergroße Medusen der Ohrenqualle häufig bis nach Schleswig vor.

In den 1930ern wurden Rippenquallen in der Schlei noch nicht festgestellt, aber überlegt, dass die bis zu 3 cm hohe Seestachelbeere (Pleurobrachia pileus) in den Frühjahrsmonaten in die Schlei vordringen sollte. Im Oktober 2006 wurde in der Ostsee erstmals die eingeschleppte Meerwalnuss (Mnemiopsis leidyi) entdeckt, die eine Länge von 10-11 cm erreicht. In den letzten Jahren wurden Rippenquallen wiederholt bis Schleswig, z.T. sogar im nördlichen Bereich des Haddebyer Noors entdeckt. Fischer berichten davon, dass Rippenquallen wiederholt im Spätsommer-Herbst in sehr großen Massen bis nach Schleswig vordringen, auf den Grund der Schlei sinken und dort absterben.

Fraglich ist, ob die Medusen sich in der Schlei entwickeln können oder lediglich durch wechselnde Wasserstände bei Starkwindereignissen eingespült werden. Da die Meerwalnuss sich von Zooplankton, Fischlarven und Fischeiern ernährt, ist es denkbar, dass sie bei massenhaftem Auftreten erhebliche Auswirkungen auf die Ökologie und ggf. sogar die Sichttiefe der inneren Schlei haben kann.

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Bild 2.4.-1: Meduse der Ohrenqualle auf Schlick bei Niedrigwasser zwischen Marienbad und Haddeby im August 2017. Durchmesser ca. 15 cm. Foto: S. Duggen.

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Bild 2.4.-2: Meerwalnuss bei Niedrigwasser am Fahrdorfer Seglerverein im August 2017. Länge ca. 8 cm. Foto: S. Duggen.

 

2.5. Schwämme

Die meisten Arten der zu den vielzelligen Tieren gehörenden Schwämme (Porifera) leben im Meer- und Brackwasser, nur wenige Arten in Süßwasser. Schwämme haben keine Organe und leben als Filtrierer festsitzend z.B. auf hartem Untergrund.

In den 1930er Jahren kamen in der inneren Schlei einige Schwämme vor. In großen Klumpen wurde der gelblich-grüne Geweihschwamm (Spongilla lacustris, früher Euspongilla lacustris) nahe der Möweninsel und im Haddebyer und Selker Noor vorgefunden, der aus dem Süßwasser ins Brackwasser vorgedrungen war. Dieser brackwassertolerante Süßwasserschwamm kann Salzgehalte von bis zu 6 ‰ tolerieren. Er ist heute noch nicht wieder gefunden worden.

 

2.6. Moostierchen

Von den Moostierchen (Bryozoa), vielzelligen im Wasser lebenden Tieren, wurde bereits in den 1930er Jahren berichtet. Besonders häufig kam in der inneren Schlei die Krusten Seerinde (Einhornia crustulenta bzw. Electra crustulenta, früher Membranipora crustulenta) vor. Sie umwuchsen krustenbildend die Oberflächen von verschiedenen Substraten wie Steinen, Muscheln, Schilf, Kamm-Laichkraut usw. Beim Absterben von Pflanzen blieb eine netzartige Bryozoenkruste stehen, die auch an den Stränden gefunden werden konnte. Lebende Moostierchen sind bisher nicht wieder in der inneren Schlei gefunden worden.

 

2.7. Insekten

Unter den Insekten, den Sechsfüssern (Hexapoda), sei vorerst wegen seiner weiten Verbreitung und Auffälligkeit die rote Larve der Zuckmücken Chironimus plumosus-Gruppe dargestellt. Bereits in den 1930er Jahren wurden vier große Entwicklungszentren unterschieden, wovon eines die obere Schlei bei Schleswig und ein anderes die Große Breite war. Das am dichtesten besiedelte Gebiet waren die Schlick- und Schlammregionen der oberen Schlei bei Schleswig, wo niedrigere Salzgehalte bessere Lebensbedingungen mit sich führen. Die ursprüngliche Einteilung in Entwicklungszentren in der Schlei scheint mit der beginnenden flächenhaften Faulschlammbildung einherzugehen, die offensichtlich zunächst vier Ablagerungszentren beinhaltete. In den 1960er Jahren wurde keine Entwicklungszentren mehr unterschieden, sondern von einer gleichmäßigen Verteilung gesprochen, was auf eine durchgehende Ablagerung von Faulschlamm am Grund der Schlei hinweist.

Die auffällig rote Färbung der Zuckmückenlarven stammt von einem hohen Gehalt des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin, der den Larven die Sauerstoffaufnahme aus der Umgebung erleichtert und somit ein Überleben unter stark sauerstoffarmen Verhältnissen ermöglicht. Sie sind oft noch bei niedrigen Sauerstoffgehalten < 3 mg/L vorhanden, wenn andere Insekten bereits abgestorben sind, und können phasenweise auch völligen Sauerstoffschwund überleben. Bei lang anhaltenden völligen Sauerstoffschwund an der Faulschlammoberfläche würden auch sie eingehen.

Zuckmücken tauchen jedes Frühjahr als eher kurzzeitiges Spektakel millionenfach im Uferbereich der Schlei und ihrer Noore in großen Schwärmen auf. Es handelt sich dabei nicht um Stechmücken, denn Chironomus plumosus ernähren sich von Nektar und Honigtau. Sie sind Nahrungsgrundlage für ein reiches Vogelleben entlang der Schlei.

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Bild 2.7.-1: Zuckmückenlarve im Faulschlamm der Kleinen Breite im Sommer 2017. Foto: S. Duggen.

 

Literatur

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www.animalbase.uni-goettingen.de

www.beachexplorer.org/

www.biologie-seite.de

www.entnemdept.ufl.edu/walker/ufbir/index.shtml

www.marinespecies.org

www.marlin.ac.uk

www.neobiota.naturschutzinformationen-nrw.de/

www.species-identification.org

www.unterwasser-welt-ostsee.de

www.weichtiere.at

www.weichtiere-sachsen.de

www.wikipedia.de (für viele der oben genannten Spezies)

www.zipcodezoo.com

 

 

 

 

 

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Schutzgebietsbegehung des SIEZ<sup>®</sup> am Büstorf Ufer

Schutzgebietsbegehung des SIEZ® am Büstorf Ufer

Begehungsberichte des SIEZ

Augustbegehung Büstorf

 

Am 3. August 2016 um 18 Uhr trafen sich drei Mitglieder des SIEZ zur Schutzgebietsbegehung am Parkplatz in Büstorf.

Das Betreungsgebiet umfasst im Gebiet der mittleren Schlei von Bukennoor bis Büstorf das Mündungsgebiet der Kriesebyau, eine verschilfte Wiese nordöstlich und den Strandabschnitt folgend bis Bukennoor. Der Bahndamm in Lindaunis ist im Vertrag ausgespart, schließt dann die Wiese westlich des Gutes Stubbe ein, um eng dem Küstenverlauf  der Schlei westlich des Jahnsholzes zu folgen.

Die verschilfte Wiese nördlich der Au Alandsbek gehört zum Schutzgebiet ebenso wie der südwestliche Teil des Waldes mit der darinnen liegenden verschilften Wiese.

Das Schutzgebiet folgt dann dem Uferweg und spart das Vereinsgelände des WSR nebst  Nachbarhaus aus.

Am Büstorfer Noor beinhaltet das Schutzgebiet den Strand unterhalb der Abbruchkante und das verbuschte Gelände um den von Süden ins Büstorfer Noor mündenden Graben. Auch hier gilt: der rechtliche Blick auf den Grenzstrich der Karte ist im Gelände nicht zu sehen. Der Blick im Gelände ist ganzheitlicher. Dies sollten wir bei den Begehungen stets im Auge behalten.

Wir gehen vom Parkplatz hinunter zur Schlei. Die verschilfte Wiese rechts des Weges gehört zum Betreuungsgebiet, hier wird nicht mehr gemäht. Die Weide auf der linken Seite wird genutzt. Hier stehen einige sehr alte Bäume anmutig als Solitäre am Schleirand und schaffen Kleinlebensräume.

Zuerst gehen wir am Schleiufer in Richtung des Noores. Ein begrünter Kiesstrand bildet hier das Ufer. Eine Findlingsreihe ist wie an vielen anderen Abschnitten abgelegt worden und schützt das flache Ufer sehr gut vor Erosion. Vereinzelt finden wir die „Schleizwiebel“ die jetzt Saat angesetzt hat. Das üppige Gänsefingerkraut blüht und die „Hexenbesen“ des hohen Beifußes werden von blühender Ackerwinde berankt. Das Ufer ist lose von Eichen bestanden. Es gibt eine alte, schon lange nicht mehr aktive Abbruchkante von ca. 5 Metern Höhe etwas entfernt vom Ufer. Etwa 100 Gänse fliegen flach über das Noor. Totholz darf den Weg versperren. Hier, kurz vor dem ins Noor mündenden Graben bemerkt man deutlich die Überprägung der Strandvegetation des mageren Kiesstrandes durch Nährstoffe von den höher liegenden Flächen: die Artenvielfalt schrumpft zugunsten der „Nährstofffreunde“. Wir gehen bis zur Grabenmündung, hier hört die wirksame Uferbefestigung durch die gelegten Findlinge auf. Wann mögen diese gelegt worden sein, war es ein schleiweites Vorhaben? Wer mag darüber Auskunft geben können? Das SIEZ wäre für Auskünfte von Informierten sehr dankbar.

Die Findlinge schützen das Ufer seit langem vor weiterem Abbruch
Die Findlinge schützen das Ufer seit langem vor weiterem Abbruch

 

Wir diskutieren den Schleigrund im Noor. Erfahrungen zeigen, dass in diesen strömungsberuhigten Zonen der Schlei meterdicke Faulschlammsedimente entstanden sind. In der Mitte des Noores bis auf Höhe des einlaufenden Grabens stehen allerdings Netze und zeigen lebendigen Grund an. Wir beschließen, demnächst auch an dieser Stelle Sedimentproben zu nehmen, um die Mächtigkeit der Horizonte zu erfahren. M.S. erklärt, wie die oberste Faulschlammschicht noch sehr wässrig schwebt, um dann in festere Ablagerung überzugehen. Vielleicht braucht es hier ein längeres Probenrohr. Wir werden im weiteren Verlauf darüber berichten.

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Blick auf das Büstorfer Noor

 

Das Schilf hat hier jetzt im August Fahnen geschoben und steht vereinzelt in geringer Mächtigkeit bei guter Gesundheit, allerdings fällt das Fehlen von Althalmen auf. Es wird uns bewusst, dass wir außerhalb von Phänomenbeschreibungen keine verlässlichen Aussagen über die Schilfröhrichte machen können. Wie weit reichen sie an bestimmten Stellen in die Schlei hinein. Wie ist das Röhricht zusammengesetzt, wo blüht es, wie steht um Althalme, welche Höhe, welche Dichte, wie ist die Ausdehnung ins Land, kann es sich an Strandabschnitten aussähen. Dafür, dass das Schilfröhricht unser Schleiufer schützt, wissen wir bitter wenig um seinen Zustand. Eine AG des SIEZ könnte das ändern und ein Monitoring beginnen. In der Literatur finden wir Hinweise auf einen Rückgang des Schleireets schon seit den Siebziger/Achtziger Jahren. Danach soll sich das Wasserreet nur noch im Flachwasser wohl fühlen.

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Schilffahnen am Ufer bei Büstorf

 

Wir nehmen jetzt den Weg zum Jahnsholz/Petriholz. Nordöstlich des Wassersportgeländes erstreckt sich zwischen Wald und Schlei ein ehemaliges Wiesengelände, in dem außer Schilfgras auch andere hohe Gräser wachsen. Man geht hier auf der Krone eines natürlichen (?) Strandwalles von ca. 1,5 Meter Höhe.

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Pfad auf dem Strandwall

 

Der Wald kommt dem Schleiufer immer näher und bildet es dann mit kiesigem Strand, Totholz und Abbruchkante. Der  Buchen/Eichen/Eschenbestand ist nicht zu dicht bestockt, so dass auch Jungwuchs da ist. Hier ist die Schlei wunderschön und es ist erquickend, wie die verschiedenen Landschaftselemente hier zusammenkommen.

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Lichter Wald direkt am Schleiufer

 

Eine Au mündet hier in die Schlei. Sie gab der untergegangenen Insel Alandsbek ihren Namen. Sie soll fast einen Hektar groß gewesen sein. Es sollen Katen darauf gestanden haben. Der Schleiatlas von 1642 von Meyer verzeichnet hier drei Inseln verschiedener Größe. Es wird berichtet, dass die Zunahme der Strömung durch den Bau des Eisenbahndammes der Grund für das Verschwinden der Inseln gewesen sein soll. Sie verschwanden in den 40iger Jahren. Allerdings soll hier im Krieg auch noch zusätzlich die Fahrrinne gebaggert worden, da man, was wenig bekannt ist, hier beim Eingang zum Gunnebyer Noor einen U-Boothafen (Wunderwaffe Kleinst-Uboote) errichtete. Die übergebliebenen Boote wurden nach dem Krieg hier zerlegt.

Von den drei Inseln an dieser Stelle blieb jedenfalls nur die Untiefentonne Lindholm. Querab dieser Tonne machen wir kehrt und gehen zurück. Hier auf diesem beliebten Weg zwischen Stubbe und Büstorf ist die Schlei sehr schön. Ein Blick ins Strandwasser zeigt vielfältige Muschelreste. Die Schlei als Gesamtökotop kann in kürzester Zeit Gebiete zurückerobern, die jetzt noch vom Faulschlamm bedeckt sind. Auch die Strömung hilft immens.

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