Last Updated on 26. August 2024
Das Oberflächenwasser der aufgestauchten Jungmoränenlandschaft in die Schlei zu leiten, das ist die Jobbeschreibung von Selker Au, kleiner und großer Hüttener Au, von Kolholmer Au und Osterbek. Zu dieser „Jobbeschreibung“ gehört seit geraumer Zeit auch die Ableitung von Grauwasser aus den Kläranlagen der Dörfer und die Drainage der Moore & Niederungen.
Die Osterbek beginnt ihren Lauf als Rinnsal unweit von Damendorf, nahe des Geheges Ohldiek, fließt entlang der Gehege des Staatsforstes zum Gehege „Viehwiesen,“ an Suhrbrook vorbei, entwässert die Niederung zwischen Osterbyholz und des „Großen Moores“ und fließt dann mitten durch Osterby – dort teilverrohrt. 30 cm bis 1,5 Meter breit und 10 bis 20 cm tief bleibt sie „schmalbrüstig“ und verliert diesen Charakter auf ihrem Weg abseits Kochendorf in Möhlhorst und Dürwade nach Götheby-Holm nicht. Eine kleine, selten muntere Au.
Weite Strecken wird sie gesäumt vom Japanischen Knöterich, eine japanisch farbene Au. Es ist immer wieder spannend, die Bäche und Auen unserer Landschaft zu begehen. In wilder Schönheit und ebenso in begradigter Trostlosigkeit nimmt das Oberflächenwasser seinen Weg zur Schlei. Wo die menschliche Gesellschaft ihre Ursprünglichkeit belassen hat, sind diese Lebensadern der nacheiszeitlichen Landschaft „zum Wegfliegen“ schön. Andererseits sind sie teilweise von stinkender Abwasservorflut und Drainage so tot, dass keine Forelle dort mehr ihren Platz hat.
In einem Bächlein helle
Da schoß in froher Eil‘
Die launische Forelle
Vorüber wie ein Pfeil
(Lied von Franz Schubert)
Der Kropper Realschullehrer und „Haaler Jung“ Karl Heinz Vollstedt schrieb 1993 die Chronik des Dorfes Haale. Daraus möchte ich aus Seite 166 zitieren:
„Der Mensch braucht die Natur, die Natur braucht den Menschen nicht. Solange es Haale gibt, haben die Menschen hier stark in Wald und Flur eingegriffen und sie verändert. Was die Natur in vielen Jahrtausenden auf den Altmoränen der Saalevereisung geschaffen hatte, wurde in ein paar Jahrhunderten zurück gedrängt und vernichtet. Aus der Urlandschaft wurde eine Kulturlandschaft. Wie sehr wurde gegen die Gesetze der Natur verstoßen! Sogar nach dem Krieg glaubte man, die letzten Quadratmeter urbar machen und der menschlichen Versorgung zuführen zu müssen.“
(Mit den Auen der Weichseleiszeit im östlichen Hügelland ist es dasselbe. Anmerkung des Verfassers)
Der Oberlauf der Osterbek beginnt als Rinnsal am Waldrand des Ohldiek-Gehölzes und seit der Vertiefung der Au in den 60iger Jahren ist hier m.E. nicht mehr geräumt worden. Das winzige, hier kaum fließende Rinnsal geht mit sandig-humoser Berme durch einen Bruchwald, dornenbewehrt. Aber mitten in den Dornen finde ich fachmännisch eingehegt Cannabispflanzen von hervorragender Qualität. In Suhrbrook umfließt das kleine Bächlein das Gehege und nimmt dann von einem starken Seitenarm das saure Wasser des Großen Moores auf. Hier gibt es sogar noch einige Restmäander und 2,50 bis 3 Meter tief wurde die Uferberme hier ins Gelände gebaggert. Das Wasser der Bek ist nicht klar. Zuweilen wirkt es ockerig und grautrüb. Die Bodensedimente sind veralgt. Eine Messung der ph Werte wäre aufschlußreich.
Die Osterbek unterquert die große Chaussee und macht sich auf den Weg ins Dorf Osterby. Hier verschwindet sie für einige hundert Meter unter dem Dorf. Ich zähle insgesamt 4 Abstürze, für das Bachleben unpassierbare Hürden. Sie werden zusammen geschätzt mehr als einen halben Meter Gefälle bedeuten. Mitten im Dorf werden im Modder wie vor Jahrhunderten direkt an der Au Pietränschweine gemästet, quasi mit Schweinebademöglichkeit in der Au.
Ein wenig tiefer nimmt die Osterbek das nach Waschmittelparfüm stinkende Abwasser der Gemeinde Osterby (ca.1.100 Einw.) auf, nicht wenig im Verhältnis zum Bachwasser. Ich beprobe das Wasser lieber nicht. Es gibt ein Belebungsbecken, dann Klärteiche. Die Klärteiche jedoch sind grün, das Wasser stinkt und schäumt.
Ein wenig tiefer nimmt die Osterbek das nach Waschmittelparfüm stinkende Abwasser der Gemeinde Osterby (ca.1.100 Einw.) auf, nicht wenig im Verhältnis zum Bachwasser. Ich beprobe das Wasser lieber nicht. Es gibt ein Belebungsbecken, dann Klärteiche. Die Klärteiche jedoch sind grün, das Wasser stinkt und schäumt.
Fast munter mit 20 cm/sek. (und 2 Meter breit bei 15 cm Tiefe) fließt die Osterbek an „Robbys Hütte“ vorbei und nimmt Kurs auf die Niederung bei Kochendorf. Hier ist der Verlauf wie vom Lineal gezogen. Unterhalb der Kochendorfer Klärteiche nimmt der Bach das Grauwasser Kochendorfs auf, wiederum nicht wenig. Es handelt sich um drei Klärteiche, auf dem ersten schwimmen Klopapier/Feuchtücher – kein Belebungsbecken. Ins erste Becken fließen pure Fäkalien. Ein Rohr mündet aus dem dritten Becken in die nahe Osterbek, das Wasser schäumt phoshatbelastet. Keinerlei Phosphatfällung/Nachklärung für über 1000 Einwohner! Das so etwas noch zulässig ist, während man in Schwansen jedermann zur Nachklärung gezwungen hat, ist vollkommen unverständlich. Vor 10 Jahren hat man im Sediment des Klärschlamms hohe Mengen Schwermetalle gefunden. Die Grenzwerte wurden überschritten. Daran sollte man bei Beprobungen denken. Aber warum sollte da jemand proben, jeder hat doch Augen und Nase und der Sinn der Natur ist nun mal, unseren Menschendreck in die Schlei zu leiten, die auch bereits zu 60 Prozent von Faulschlamm bedeckt ist.
Am Gut Möhlhorst des Milliardärs Termühlen vorbei geht es auf den Hof von Hermann Jeß, „Dürwade“ zu. Der Altbauer ist gerad 90 geworden und stellt uns ein Foto von ihm zu Pferde zur Verfügung (s.u.). Auch das Möhlhorster Moor entwässert in die Osterbek. Als man das Moor in den 30iger Jahren in die Osterbek trocken pumpen wollte, sank der Wasserspiegel im Bültsee. In maximal 15 Metern Tiefe stehen die eiszeitlichen Gewässer in enger Verbindung miteinander – eiszeitlicher Sand. Pumpt man die Moore trocken, dann die Eiszeitseen gleich mit.
Die Osterbek fließt jetzt entlang des Möhlhorster Waldes, der zum Teil ein Erlenbruchwald ist in nordwestliche Richtung. Das linke Ufer wird nicht mehr als Niederungswiese genutzt und geht in die Sukzession. Überall auch hier Japanischer Knöterich und Bärenklau, nur noch vereinzelt Blutweiderich entlang alter Gräben. Links steigt das Gelände kerbtalartig um 10 Meter an. Rechtsseitig wird die weite Niederung auch nicht mehr genutzt. Das einst mühselig dem Moor abgenommene Land wird wieder wild: Binsen und Bärenklau, später werden Erlen, Birken und Weiden folgen. Beim barfuß Überqueren der Au, hier 30 bis 40 cm tief und bis zu drei Meter breit, fällt mir wieder das feinsandige Sediment auf. Kies in der 5 mm Fraktion ist bereits die Ausnahme. Bei Göthebymühle verschwindet die Au für etwa 50 Meter in einem Rohr und speist wild den Mühlenteich, in dem zuweilen von der Schlei aufsteigende Meerforellen gefangen werden.
Es folgen die letzten 1000 Meter durch die Holmer Niederung in die Schlei. Sie nimmt das Wiesenwasser durch mehrere Quergräben auf, ebenso den Ablauf des Holmer Sees und vereint sich mit dem neu geschaffenen Abfluß der Hüttener Au. Gemeinsam fließen sie in die Schlei.
Der Grund für die Umleitung der Hüttener Au war das Begehren des Verlegermillionärs Schrader nach einem Privathafen, der dann neben dem Vereinshafen auch gebaut wurde. Inzwischen ist das Thema Fellhorst und Schrader längst Vergangenheit der Hüttener Harde. Die Zusammenlegung der Auen aber eine bleibende Altlast. Das letzte Stück der alten Hüttener Au wurde damals „stillgelegt“ und dankt es mit häufigeren Fischsterben. So endet der Damendorfer Wasserlauf in der Schlei und spiegelt recht deutlich die Zeit, in der wir leben.
Verantwortlich für Text und Fotos: Karl Walther, Vorsitzender des SIEZ® im August 2024
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