Last Updated on 24. November 2024
Nein, nicht nur die Schweiz hat einen Totensee am Fuß der Schweizer Alpen. Auch Fleckeby hat einen Totensee im ehemaligen Mündungsgebiet der Hüttener Au, am Fuße der gesammelten Fleckebyer Berge.
Woher der Totensee seinen Namen hat, wissen wir vom SIEZ® nicht. In den Schweizer Totensee (so Wikipedia) wurden dereinst „Feinde“ getrieben. Aber Fleckeby ist ein relativ friedliches Dorf. „Feinde“ wurden hier nicht ins Flachmoor getrieben. Niemand wird hier aktuell vermisst. Wir vermuten, dass der Totensee* einst ein Teil der verschilften Niederungsmündung der Au war, evtl. eine Schleibucht (s. unten – Karte von 1772), die ihre ständige Wasserverbindung zur Schlei verlor und damit „tot“ war – weil getrennt. Spätestens nach Umleitung der Hüttener Au hatte die Niederung hier keinen Zugang mehr zur Schlei. Hier wurde das WHG damals schlichtweg ignoriert.
Der See liegt im „Rücken“ des Fleckebyer Segelhafens an der Schlei, am Wanderweg entlang des Totarmes der Hüttener Au. Er ist ca. 3.000 m2 groß und durchschnittlich etwa 1 m tief. Sein Grund ist moorig/sumpfig. Er gehört dem Wasser und Bodenverband der Hüttener Au, die Ufer z.T. den beiden Segelhäfen. Früher wurde um ihn herum Reet gemäht.
Meist nennen wir unsere Moore am Schleiufer Flachmoore, Schilfmoore, Wiesenmoore, Grünlandmoore, Niederungsmoore, Riedmoore. Allen gemeinsam ist: das Wasser aus den ständigen Überschwemmungen und Niederschlägen kann nicht wirklich weg (abfließen, versickern, verdunsten). Es kommt zur Sauerstoffknappheit, Bodenversauerung, unvollständigen Vererdung. Schilf, Binsen und Riedgräser haben vor anderen Gräsern Wettbewerbsvorteile im Naß und ihre nur zögerliche Vererdung führte zur typischen (Niederungs-) Moorbildung – eine Nährstoffsenke.
Unsere hungrigen Vorfahren zogen im Schilfmoor Gräben, mähten das Schilf und beendeten damit die Moorneubildung. Nun hatten Salzgräser, Simsen und Seggen Vorteile. Es entstand das Salzgrünland mit bestem Kälberheu. Wir „satten“ Nachkommen brauchten die Salzwiesen nicht. Die Landwirtschaft wurde industriell. Wir vernachlässigten die Grabenpflege, gaben die sommerliche Beweidung – das Heuen – auf. Als erstes wandert die Binse wieder ein, es folgte das Schilf, die Vermoorung in unseren Schleiniederungen setzt wieder ein.
Das SIEZ® hat den Totensee nun ein wenig näher betrachtet und erkundet. Auf dem Totarm der ehemaligen Hüttener Au paddelten wir bis in Höhe des Totensees. Der Totarm der Au befindet sich in einem Verlandungsprozeß. Totholz wird aus ihm kaum entfernt, das Schilf nicht gemäht, sein Sauerstoffgehalt ist niedrig, liegt teilweise an der Grenze für Fische ( 3mg ). Es ist die Frage, was besser ist: räumen, um eine bessere Wasserqualität zu ermöglichen und eventuell dem Gesetz folgen und einen Abfluß in die Schlei schaffen, oder verlanden lassen, wie es der normale Gang der Dinge für alle „toten“ Gewässer ist: Sumpf/Moor/ Niederungswald. Der Totarm kann auch ein Denkmal bleiben für fragwürdige Beschlüsse der Gemeindevertretung Fleckebys vor 50 Jahren und ein wenig Naturfrevel zugunsten eines Millionärs und seinem Wunsch nach einem Privathafen dokumentieren. Es gab damals tatsächlich eine kleine Bürgerinitiative gegen die Umleitung der Hüttener Au zwecks Bau eines neuen Hafens.
Wir gingen davon aus, dass im Totensee Fleckebys keine Fische leben können. Der ph-Wert des Wassers liegt aber nach Beprobung nahe des neutralen Bereiches und in einer Reuse fingen wir in einer Nacht zahlreiche prächtige Schleie und Plötze, denen wir natürlich sofort wieder die Freiheit gaben. Neben dem See bohrten wir mit dem Handbohrer ein Loch und stießen in etwa einem Meter Tiefe auf eine feinsandige Mergelschicht. Dieser Mergel dichtet den Boden ab.
Diese Mergelschicht ist eine kleine Schwester der Ziegeleien entlang der Schlei. Das Auftauwasser nach der Eiszeit lag Jahrhunderte still unter einer oberen Eisdecke und die aufgeschwemmten Silte und Tonpartikel hatten lange Zeit sich zu setzen. In einem Aufschwemmungsversuch haben wir das simuliert.
Diese Schicht wird sich wohl bis zum Abhang zur Hirschholmniederung fortsetzen, dem hohen Ufer der Schlei, Bohrungen müssten das beweisen. Der Niederschlag kann damit das Grundwasser nicht speisen und fließt auf dieser Schicht zur Schlei. Sie ist die „Großmutter“ des Flachmoores.
Ein Bauherr der Hirschholmniederung berichtete vor 30 Jahren, wie das Wasser in die ausgehobene Baugrube schoß, nachdem der Bagger einen riesigen Findling angehoben hatte. Die Hirschholmniederung wurde einstmals als Salzwiese genutzt und von Gräben durchzogen. Das wäre ein Erklärung des relativen guten Wassers des Totensees – Wasser aus den „Fleckebyer Alpen“. Nun durchströmt es die Schleiniederung. Ein Durchströmungsmoor.
Es war bemerkenswert, wie schnell das Bohrloch im Moor von allen Seiten durch die Rhizomkanäle der Schilfpflanzen wieder voll lief, wie von geöffneten Wasserhähnen. Also ist das Oberflächenwasser der Niederung auf der Mergelschicht gut in Bewegung. Auch dieses Niederungswasser ist nicht übermäßig sauer (ph Wert 6,5).
Die Verlandungsprozessee lassen nun erste Birken und Sträucher zu.
Über die Erkundung des Totensees haben wir zusammen mit Ramiyar einen kleinen Film mit Luftaufnahmen gedreht, den wir im neuen Jahr nach der Weihnachtszeit zeigen werden. Er ist auch hier auf der Homepage unter Medien – Videos zu sehen. Wir werden dann im Dorf zu einer etwas ausführlicheren Version ins SIEZ® einladen. Der Film wird auch ein Interview mit einem Schilfmäher einschließen, also ein Stück Heimatgeschichte neben der Befischung, dem Freilassen der Schleie und den bodenkundlichen Erkundungen zum Inhalt haben.
Schon jetzt könnte man vorschlagen, den Fleckebyer Totensee* im Volksmund umzubenennen in den Fleckebyer Schleiensee. Das Wort hat einen schönen Klang. Der sumpfige Charakter des kleinen Gewässers ist menschengemacht.
Wie fein doch die Schuppen der Schleie sind. Auch die Europäische Sumpfschildkröte hätte hier ein fantastisches Refugium im Durchströmungsmoor, das in einem Sumpf endet. Ein ernst zu nehmender Zeitzeuge aus Götheby hat sie als „Jung“ hier gefangen. Jedoch: wir fingen sie im Oktober im Schleiensee ex. Totensee noch nicht. Vielleicht war‘s zu kalt. Einige große Tothölzer aus dem Waldgürtel weiter oben und ein kleines Floß würde sie lieben. Schauen wir mal…
Für die Exkursionsgruppe Karl Walther vom SIEZ®
*) Ortsnamen geben menschliche Siedlungsgeschichte wieder, man denke nur an Stexwig an den gestexten Pfählen und Dürwade bei Möhlhorst, Furt der Osterbek zum Dörch Waten. Eine kleine Sonaraufnahme des Totensee Untergrundes würde allerdings mögliche Skelette sicher aufspüren. Vorsicht bei Ortsnamen-Umbenennungen ist also geboten…
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