Begehung des Missunder Walds

Last Updated on 18. September 2017

Begehungsbericht Missunder Wald

Am 12. Juli 2017 trafen sich interessierte Mitglieder des SIEZ zu einer Schutzgebietsbegehung die von der Fähre Missunde bis zum Dorf Weseby führte. Unterstützt wurden sie von einem Insektenkundler und einem Ornithologen des Vereins Jordsand. Vielen Dank für diese Unterstützung. Es war die letzte Erstbegehung eines Stückes Schleiufer im Rahmen der Schutzgebietsbegehung im Auftrag des Landesamtes. Das SIEZ wird nun „in Klausur“ gehen und die Zukunft der Begehungen neu strukturieren.

Wir starteten am Ufer der Missunder Enge südlich der Fähre. Das Betreuungsgebiet bis Weseby  umfasst das Schleiufer, die Niederungsflächen der Halbinsel Kielfoot und die Salzwiesen nördlich des Wesebyer Sees sowie den See selber.

Ein Geologe des Vereins machte uns darauf aufmerksam, wo wir uns aus eiszeitlicher Sicht befinden: an einem Scheidepunkt zweier verschiedenen Systemteile: dem Eckernförder Gletscher, der sich bis Schleswig Bahn schaffte (später schnürte der Schnaaper Sander eines erneuten Vorrückens in der Späteiszeit die Verbindung zur Bucht ab, sonst läge Schloß Gottorf gewissermaßen heute am Ende der Eckernförder Bucht). Und einem System von Eisstauseen. Die Eisrandlagen hatten ein Niveau 10 Meter über dem heutigen Geländeniveau und schafften sich Gletschertore wie in Missunde und Durchbruchtäler formten die Landschaft. Diese Täler wurden  nach Ende der Eiszeit und nach der Landsenkung zu Rinnen, aus der die Schlei als komplexes Gebilde entstand.

An beiden Uferseiten gibt es Kliffs, also in Burg und Missunde. Wir finden auf beiden Seiten Wochenendhäuser und die menschliche Terrassierung der ehemaligen Kliffkante. Der BM der Gemeinde Kosel macht die Begehung darauf aufmerksam, dass Weg und Grundstücke immer noch in Gemeindeeigentum sind. Eine weitere Verbauung dieses Gletschertores sollte vermieden werden. Noch zeigt die Landschaft auch ihre Geschichte vor der menschlichen Nutzung.

 

Bruchstücke der Sandklaffmuschel
Bruchstücke der Sandklaffmuschel

Hier am Missunder Kliffstrand finden wir Bruchstücke von Sandklaffmuscheln. Die Sandklaffmuschel ist ein wichtiger Filtrierer des Schleibodens. Glücklicherweise breitet sie sich wieder aus, parallel mit dem Kammlaichkraut. Wir finden ebenfalls Herzmuschelschutt am Strand. Bei Salzgehalten von 2-3 0/oo handelt es sich um die Brackwasservariante der Herzmuschel, die sogenannte Lagunenherzmuschel, die hier ihre Verbreitungsgrenze hat. Bei 10 0/oo ist es die normale Herzmuschel, die in der Schlei aus ökologischem Stress aber kleiner als in der Ostsee wird. Beide Herzmuschelvarianten breiten sich momentan wieder weiter aus. Das ist ein Zeichen eines Gesundungsprozesses. Hängen die Muscheln am Schloß noch zusammen, handelt es sich um jungen Muschelschutt.

Wir werden auf 3 Bläßhühner aufmerksam gemacht. Leider fehlen andere Vögel, auch der Eisvogel, der hier im Kliff brütet wird weder gesehen noch gehört. Die Sichtigkeit des Wassers ist etwa 40 cm. Schilfröhricht vorm Kliff nimmt wieder zu. Der Bestand ist jung und gesund, es handelt sich um eine Neu- der Wiederbesiedlung von Schilf, da sich daran erinnert wird, dass früher hier kein Reet stand. Am Kliff finden wir vereinzelt die Engelswurz. Die Erosion am Kliff wird in der Hauptsache durch Welle und Pegel verursacht, an zwei Stellen finden wir Erosion durch Grund und Fließwasser von oben Diskutiert wird die Frage, wann ein Kliff aktiv ist. Es ist aktiv, wenn es Material für die Erosion liefert, wenn Bäume herabrutschen, die hier am Schleiufer besondere Lebensräume ermöglichen. Die Bäume auf einem aktiven Kliff zeigen gerne jene Säbelzahnform, die im Widerstand gegen die Erosion entsteht.

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Bäume widersetzen sich der Erosion
Vegetation an der Kliffkante
Vegetation an der Kliffkante

Später auf dem Missunder Waldweg wird das aktive Kliff immer mehr zum alten Kliff. Hier hat sich im Schutz der angeschwemmten Kammlaichkrautteppiche ein neuer prächtiger Schilfgürtel entwickelt, der das Kliff jetzt schützt.

Am lichten Waldrand finden wir Amseln und den Zilpzalp, den Falter „Schornsteinfeger“ und„Großes Ochsenauge“ . Wir finden einen Flug von etwa 10 Uferschwalben, die hier Brutplätze finden. Wir sehen Waldgeißblatt an der Kliffkante, Ginster siedelt in den Hängen des Kliffs, wir finden Sandglöckchen in einer vielfältigen Vegetation.

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Blick vom Wanderweg auf die Schlei

Der Jahrhunderte alte Weg auf der Steilküste mit Blick über die Breite nach Schleswig und Angeln verbindet die Dörfer Fleckeby und Missunde/Weseby. Er wurde früher in der Bevölkerung Fährweg oder Kirchweg genannt. Der Waldbesitzer versucht, durch das Verbringen von Gestrüpp auf das Kliff, den Weg unpassierbar zu machen. Dem Kliff und seiner Vegetation, seiner Vielfalt hilft das sehr. Als Mensch vermisst man den meditativen Blick über die Weite der Schlei bis zum Dom. Die Windwurfflächen „Christian“ auf dem Kliffplateau dürfen sich z.T. durch verbliebene Überhälter selbst neu bewalden. Auch hier entsteht neue Vielfalt und „Unordnung“.

Allein es bleibt das Gefühl, hier & jetzt in diesem wunderbar warmen Magersandwald als Mensch nur knapp geduldet zu sein.

Nach dem Missunder Kliff springt der Wald zurück und macht den Wesebyer Salzwiesen Platz, die dort, wo sie verschilft sind, der Stiftung gehören. Die Salzwiesen in Bauernhand werden noch genutzt.

Hier, wo der Wald zurückspringt, sehen wir Schafstelzen, Sturm und Silbermöwen. Ein natürlicher Sandwall schützt das tief liegende Salzwiesenland

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Sandwall

Er ist an einigen Stellen erodiert und droht zu brechen. Nach der Exkursion wenden wir uns an das LKN und hören, dass hier der Vorrang der natürlichen, dynamischen Küstenveränderung gilt. Die ehemaligen, tiefliegenden Salzwiesen werden in naher Zukunft zeitweilig überschwemmen und andere Ökotope bilden, die in Richtung eines Strandsees gehen werden. Auf dem mageren Gras der bewirtschafteten Salzwiesen geht es bunt zu: große Bestände der kleinen Glockenblume, blühender Hornklee und Sandglöckchen am Wiesenrand.

Der Wesebyer Strand befindet sich jetzt zum Teil in Gemeindebesitz. Er ist bei den Kitern sehr beliebt, da es hier flach ist und hier bei Westenwind auflandige Welle steht. Man findet in dem Bereich des Kitens kaum Vögel.

Malerisch liegt der kleine Ort Weseby hinter dem Strandwall der Schlei. Es gibt einen Strandsee von einigen Hektar Fläche, schilfgesäumt. Ein ehemaliger Bauernhof direkt am Ufer des Sees zeugt von alten Zeiten. (Und wartet auf einen weiteren Hamburger Millionär) Wir erreichen das „Dorf“ Weseby, das eigentlich ein Flecken mit wenigen Häusern war. Jetzt hat es sich in alle Richtungen als Ferienhaus und Wochenendhausgebiet ausgedehnt und die ehemalige Besiedlungsfläche so vervielfacht. Zeit, den Wesebyer See zu umrunden und zu beschreiben, bleibt nicht.

Hier endet unsere letzte „Neubegehung“ unseres riesigen Schutzgebietes und der Verein wird in Klausur gehen, wie man eine sinnvolle Betreuung solch eines großen Gebietes am besten leistet.

Karl Walther, Septmber 2017

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